Die juristische Presseschau vom 13. Mai 2014: Zypern entschädigt – Fall Peggy vor dem Urteil – 30 Jahre Anti-Folter-Konvention

13.05.2014

Entschädigung für Menschenrechtsverletzungen: Der EGMR verurteilt die Türkei. Außerdem in der Presseschau: Wiederaufnahmeverfahren im Fall Peggy vor Abschluss, Neustart im Middelhoff-Verfahren, Fußfessel ohne Strom, Anklage gegen Roger Kusch, die Atomindustrie und das Recht, Folterbericht von Amnesty International und ein Gangster-Rapper auf der Flucht.

Thema des Tages

Entschädigung: Wegen Menschenrechtsverletzungen zu Lasten griechischer Zyprer im Norden der Insel muss die Türkei nach einer Entscheidung der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte 90 Millionen Euro Entschädigung zahlen. Dies melden spiegel.de und faz.net (Reinhard Müller).Bereits 2001 habe das Gericht zahlreiche Verstöße der Türkei gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) während der Besetzung Nordzyperns festgestellt, eine Entschädigung aber offengelassen. Nun müsse die türkische Regierung mit 30 Millionen Euro etwa 1.500 Hinterbliebene von Opfern entschädigen, die restliche Summe solle der Entschädigung griechisch-zypriotischer Bürger dienen, die im Nordteil Diskriminierungen ausgesetzt seien.

Dass die Urteilsgründe der Entscheidung selbst vom "wichtigsten Beitrag zum Frieden in Europa und in der Geschichte des Gerichts" und dem Beginn einer "neuen Ära in der Durchsetzung der Menschenrechte" sprechen, stellt Maximilian Steinbeis (verfassungsblog.de) an den Beginn seines Berichts, der zunächst die juristischen Hintergründe erläutert, um im Anschluss die Neuerungen festzuhalten. Bemerkenswert sei vor allem, dass nun eine Entschädigung nach Artikel 41 EMRK auch bei Staatenbeschwerden möglich sei. Voraussetzung hierfür wäre, dass der klagende Staat nicht nur allgemein die Rechtsordnung verteidigen wolle, sondern - wie nun geschehen - seinen Bürgern oder anderen Opfern Gerechtigkeit für erlittene Menschenrechtsverletzungen zu verschaffen beabsichtige. Die nun ausgeurteilte Entschädigung entspreche dabei "einem Strafschadensersatz für hartnäckige Menschenrechtsverletzer." Die Verteilung der Geldes sei demgegenüber unklar, das Gericht habe von der Republik Zypern lediglich einen "effective mechanism" gefordert, der den Berechtigten innerhalb von 18 Monaten Beträge zukommen lassen muss. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass sich der Gerichtshof nicht mehr damit zufrieden gebe, Menschenrechtsverstöße bloß festzustellen und die Herstellung rechtmäßiger Zustände dem Ministerrat zu überlassen.

Rechtspolitik

Ausländerrecht: Die FAZ (Uta Rasche) berichtet über Einzelheiten des vom Bundesinnenministerium vorgelegten Gesetzentwurfs zur "Modernisierung" des Ausländerrechts. So sollen nach dem Entwurf Asylbewerber ohne eigenen Lebensunterhalt und Verfolgung im Heimatland schneller abgeschoben werden können. Geduldete Ausländer, die wirtschaftlich integriert sind, sollten dagegen künftig leichter einen sicheren Aufenthaltsstatus erlangen können. Reinhard Müller (FAZ) meint, es sei "im Sinne aller", dass "Kriminelle und solche, die Behörden in die Irre führen, künftig schneller abgeschoben werden sollen".

Vorratsdatenspeicherung: In einem Kommentar bemängelt Jasper von Altenbockum (FAZ), dass nach der NSA-Affäre alles, "was die Kombination von Polizei und Daten hergibt" als "Überwachung" verdächtigt werde. Bei der mit lediglich leicht erhöhten polizeilichen Aufklärungsquoten begründeten Kritik an der Vorratsdatenspeicherung werde dagegen vergessen, dass im für die Speicherung relevanten Bereich der Schwerkriminalität auch leichte Schwankungen dieser Quote "über das große Ganze der inneren Sicherheit sehr viel aussagen können."

Europaparlament: Die FAZ (Hendrick Kafsack/Werner Mussler) beschreibt die seit dem Vertrag von Lissabon erweiterten Kompetenzen des Europaparlaments. Norbert Häring (Handelsblatt) fragt dagegen aus Anlass eines Wahlappells des Direktors der EU-Grundrechtsagentur in einer Kolumne, ob es stimme, dass das Europaparlament Grundrechte schützt. Die Frage wird verneint. Im Umgang mit datenschutzrechtlich bedenklichen Praktiken der USA in Europa habe sich bewiesen, dass "Prüfen, Zuhören und Empfehlen" der europäischen Parlamentarier in keinem Fall "eine Bedeutung" habe.

Mindestlohn: Das Handelsblatt (Melanie Rübartsch) lässt Arbeitsrechtler mit Kritik am geplanten Mindestlohngesetz zu Wort kommen. Speziell die Haftung von Unternehmen dafür, dass ihre Subunternehmer gesetzeskonform entlohnen, lasse eine Klagewelle befürchten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. Mai 2014: Zypern entschädigt – Fall Peggy vor dem Urteil – 30 Jahre Anti-Folter-Konvention . In: Legal Tribune Online, 13.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11951/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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