Die juristische Presseschau vom 10. Mai 2016: Wind­räder in Bayern / Rauch in Spiel­bank / "Scharia-Poli­zisten" in Wup­pertal

10.05.2016

Justiz

BVerfG zu Oppositionsrechten: Rechtsprofessorin Pascale Cancik befasst sich auf verfassungsblog.de mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu – verneinten – besonderen Verfahrensrechten von Oppositionsfraktionen im Bundestag aus der letzten Woche. Das Gericht habe mit seiner Betonung "heroischer Abgeordneter" im Sinne überkommener Liberalismus-Vorstellungen die notwendige "Diskussion um die Konkretisierung des Prinzips effektiver Opposition durch tatsächlich effektive Instrumente" erschwert.

BGH zu Lebensversicherungen: Nach Bericht der SZ (Friederike Krieger) verweigern zahlreiche Lebensversicherer Kunden trotz eines Urteils des Bundesgerichtshofes vom Mai 2014 die Rückabwicklung von Verträgen wegen unwirksamer Widerrufsbelehrung. Die Unternehmen bedienten sich hierbei "fragwürdiger juristischer Methoden". Sie verwiesen etwa auf eine zwischenzeitlich erhobene, mittlerweile aber zurückgezogene Verfassungsbeschwerde der Allianz.

BAG – Rauch am Arbeitsplatz: Das Bundesarbeitsgericht urteilt am heutigen Dienstag über die Klage eines Croupiers, der sich gegen den Einsatz in separaten Raucherlounges der Spielbank Bad Homburg zur Wehr setzt. Der Kläger unterlag in den unteren Instanzen, schreibt die SZ (Wolfgang Janisch). Das BAG müsse nun entscheiden, ob Zigarettenrauch zum betriebstypischen Ambiente seines Arbeitsplatzes gehört.

OLG München – OSS: Im Verfahren gegen Mitglieder der mutmaßlich rechtsterroristischen "Old School Society" vor dem Oberlandesgericht München ließen sich zwei der Angeklagten zu ihren persönlichen Verhältnissen ein. Nach dem Bericht von spiegel.de (Wiebke Ramm) könnten großspurige Erklärungen des vermeintlichen Präsidenten der "OSS" durchaus Teil einer Verteidigungsstrategie, ihn als Schwätzer darzustellen, sein.

OLG Düsseldorf zu "Scharia-Polizei": Jost Müller-Neuhof (Tsp) plädiert in einem Kommentar zu der vom Oberlandesgericht Düsseldorf in der vergangenen Woche zugelassenen Anklage gegen selbsternannte "Scharia-Polizisten" für mehr Gelassenheit. Zwar werfe der Fall diskussionswürdige rechtliche Probleme auf. Denn stehe das versammlungsrechtliche Uniformverbot in einem Spannungsverhältnis zu den Grundrechten der Meinungs- und hier wohl auch der Religionsfreiheit. Es sei aber fraglich, ob die von den Betroffenen verwendeten Signalwesten und ihre mutmaßlichen Warnungen vor Alkohol dem historischen Vorbild der Strafnorm – Aufmärsche der SA – entpreche.

OLG Frankfurt zu Terrorismus: Vom Oberlandesgericht Frankfurt/M. ist ein 29-jähriger Rüsselsheimer wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann war nach Feststellung des Gerichts in Syrien für die sogenannte Al-Nusra-Front tätig. Die FAZ (Denise Peikert, erweiterte Online-Fassung) berichtet.

LG Berlin zu Filesharing: internet-law.de (Thomas Stadler) macht auf ein Urteil des Landgerichts Berlin vom März aufmerksam, durch das eine Anschlussinhaberin zu Schadensersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung verurteilt wurde. Die Beklagte habe nach Ansicht des LG die sie treffende Nachforschungspflicht nicht erfüllt, weil sie sich mit einer bloßen Nachfrage zur Rechtsverletzung bei im Haushalt lebenden Familienmitgliedern begnügte. Dies bewirke eine Umkehrung der sekundären Darlegungslast in eine Beweislastumkehr. Für diese "nicht nur gänzlich inkonsistente, sondern geradezu kafkaeske" Rechtsprechung sei der Bundesgerichtshof mit seinem "Verzicht auf eine saubere Dogmatik zugunsten eines Herumlavierens im Einzelfall" verantwortlich.

LG München I zu Heino Ferch: Auch in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht München I ist ein Amateurfussballer wegen Körperverletzung zu Lasten des Schauspielers Heino Ferch verurteilt worden. Neben einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen müsse sich der Verurteilte wegen der Oktoberfest-Schlägerei auch noch auf weit höhere Regressforderungen einer Versicherung wegen eines Produktionsausfalls einstellen, schreibt die SZ (Christian Rost).

LG Köln – Erdogan/Döpfner: Vor dem Landgericht Köln hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eine einstweilige Verfügung gegen den Springer-Vorstandschef Matthias Döpfner beantragt, meldet lto.de. Döpfner hatte sich in einem Beitrag für die WamS das "Schmähgedicht" Jan Böhmermanns "in jeder juristischen Form zu eigen" gemacht.

VG Berlin – Bundestagsausweis: Nach Bericht des Tsp (Jost Müller-Neuhof) ist im Streit des NPD-Funktionärs Uwe Meenen mit der Bundestagsverwaltung über die Erteilung eines Hausausweises für das Parlament ein beim Verwaltungsgericht Berlin angesetzter Verhandlungstermin kurzfristig abgesagt worden. Der vorbestrafte Neonazi ist beim NPD-Europarlamentarier Udo Voigt tätig und hätte deshalb wohl einen Anspruch auf den Ausweis. Dieser wurde ihm bislang wegen Unzuverlässigkeit versagt.

VG Köln – Vorratsdatenspeicherung: Die SZ (Guido Bohsem) stellt Sebastian von Bomhard vor. Der Internetunternehmer klagt vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die Ende letzten Jahres vom Bundestag beschlossene Vorratsdatenspeicherung mit dem letztlichen Ziel einer Klärung durch den Europäischen Gerichtshof. Er mache geltend, auf Grundlage des Gesetzes, aber entgegen den vom Bundesverfassungsgericht 2010 aufgestellten Grundsätzen auch bei Ermittlungen wegen kleinerer und mittlerer Kriminalität von Ermittlern zur Herausgabe von Kundendaten aufgefordert zu werden.

GStA Frankfurt – Cum-Ex/Commerzbank: sz.de (Klaus Ott) berichtet zu Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/M. wegen Steuerhinterziehung durch sogenannte Cum-Ex-Geschäfte bei der Commerzbank. Ein weiterer Beitrag der SZ (Klaus Ott) befasst sich mit den Ermittlungen der diesbezüglichen Schwerpunktstaatsanwaltschaften, als deren Zentrum Köln anzusehen sei. Die Anzahl der Verfahren erkläre sich aus der im vergangenen Herbst von nordrhein-westfälischen Ermittlern gekauften Daten-CD.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. Mai 2016: Windräder in Bayern / Rauch in Spielbank / "Scharia-Polizisten" in Wuppertal . In: Legal Tribune Online, 10.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19275/ (abgerufen am: 18.05.2024 )

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