Die juristische Presseschau vom 10. Februar 2016: "Herr­schaft des Unrechts" / GBA ermit­telt zu Syrien / Thomas Fischer über Jour­na­listen

10.02.2016

Horst Seehofer wirft der Bundesregierung in der Asylpolitik eine "Herrschaft des Unrechts" vor. Außerdem in der Presseschau: Die Angaben von Asylsuchenden helfen der GBA bei Syrien-Ermittlungen und Fischer beklagt die Inkompetenz von Justizreportern.

Thema des Tages

Grenze und Unrecht: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) griff die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung in bisher unerreichter Schärfe an: "Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung", klagte Seehofer, "es ist eine Herrschaft des Unrechts." Solche Formulierungen verwendete die CSU bislang eher für Diktaturen. Konkret kritisiert Seehofer, dass Flüchtlinge und Migranten ohne gültige Dokumente ungehindert ins Land einreisen dürfen. Ex-Verfassungsrichter Udo di Fabio hatte in einem Gutachten für die bayerische Staatsregierung darin einen Rechtsbruch gesehen. Seehofer will die angedrohte bayerische Verfassungsklage eventuell noch vor den Landtagswahlen im März einreichen, so die SZ (Nico Fried/Robert Probst).

Nico Fried (SZ) kommentiert, der Begriff "Herrschaft des Unrechts" sei sehr nahe am Begriff des "Unrechtsstaats". Verdeckt handele es sich also um eine böswillige Anspielung auf Merkels Herkunft aus der DDR.

Familiennachzug: Im Streit um den laut Asylpaket II für zwei Jahre auszusetzenden Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz hat SPD-Chef Sigmar Gabriel einen Kompromissvorschlag gemacht. Bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen könne über den Familiennachzug in einer Einzelfallprüfung entschieden werden. Grundlage könnte § 22 Aufenthaltsgesetz sein, so die SZ (Constanze von Bullion).

Rechtspolitik

Maas und de Maizière: Die FAZ (Eckart Lohse) beschreibt, wie Justizminister Maas (SPD) und Innenminister de Maizière (CDU) immer mehr zur "Schlichtungsstelle" der Koalition werden. Exemplarisch schildert er die schnelle Einigung auf eine relativ gemäßigte Verschärfung des Ausweisungsrechts nach den Kölner Silvester-Übergriffen. Beiden sei "Verlässlichkeit" sehr wichtig.

Fitness-Tracker: Justizminister Maas überlegt, den Krankenkassen Rabatttarife zu verbieten, die an die Nutzung der Daten von Fitness-Armbändern gebunden sind, berichtet zeit.de. Niemand dürfe durch Rabatte "faktisch dazu gezwungen werden, so intime Daten wie die Herzfrequenz, die Geschwindigkeit beim Joggen oder die Häufigkeit des Trainings im Fitnessstudio zu veröffentlichen". Anja Stehle (Hbl) lobt: "Es ist richtig, dass der Justizminister in diese Diskussion eingestiegen ist. Nun kommt es darauf an, unsolidarische Geschäftsmodelle zu unterbinden."

Urheberrecht: Der Deutsche Anwaltverein hat sich gegen die von Justizminister Maas geplante Reform des Urhebervertragsrechts ausgesprochen, meldet die FAZ (Joachim Jahn). Das geplante Recht etwa von Schriftstellern, das Nutzungsrecht ihres Verlags nach fünf Jahren zurückzurufen, untergrabe die Partnerschaft von Urhebern und Verwertern.

Widerrufsjoker: Der Anwalt Johannes Flötotto kritisiert auf lto.de die von der Bundesregierung geplante Abschaffung des "ewigen Widerrufsrecht" bei Immobillienkreditverträgen ohne korrekte Widerrufsbelehrung. Die geplante Höchstfrist für den Widerruf von einem Jahr und 14 Tagen sei überflüssig, weil eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung jederzeit nachgeholt werden kann. Mögliche Rechtsunsicherheiten könnten die Banken also selbst beseitigen.

Bargeld: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat angedeutet, dass die geplante Obergrenze für Bargeld-Transaktionen auch überschritten werden könne, wenn die Teilnehmer eindeutig identifiziert seien. Das berichtet die FAZ (Christian Schubert), die auch weitere deutsch-französische Stimmen zur Bargeld-Diskussion referiert. Manfred Schäfers (FAZ) kritisiert, eine europäische Obergrenze für Bargeldzahlungen werde "weniger die Wege von Kriminellen als die der normalen Bürger beschränken".

TTIP: Die SZ (Michael Bauchmüller) schildert das Dilemma von Abgeordneten, die aktuelle Entwürfe des Handelsvertrags TTIP in einem Leseraum des Wirtschaftsministeriums studieren. Da sie sich zur Geheimhaltung verpflichten mussten, könnten sie nicht einmal darüber sprechen, wenn sich ihre bereits bestehenden Bedenken bestätigen.

Steuervermeidung: Der Anwalt Björn Demuth stellt auf lto.de geplante Maßnahmen der EU vor, mit denen die Steuervermeidung internationaler Unternehmen erschwert werden soll. So solle die Steuerberechnung vereinheitlicht werden, das Verschieben von Gewinnen und Zinsen soll ebenso unterbunden werden wie Steuer-Vereinbarungen mit einzelnen Staaten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 10. Februar 2016: "Herrschaft des Unrechts" / GBA ermittelt zu Syrien / Thomas Fischer über Journalisten . In: Legal Tribune Online, 10.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18411/ (abgerufen am: 30.04.2024 )

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