Die juristische Presseschau vom 9. September 2015: Piloten dürfen streiken – Schei­dung auf katho­lisch – "Queen Mer­kel"

09.09.2015

Die Anträge seitens Lufthansa auf Erlass einstweiliger Verfügungen gegen die streikenden Piloten wurden abgelehnt. Außerdem in der Presseschau: Vereinfachungen bei der Annullierung von katholischen Ehen und Angela Merkel feiert Jubiläum.

Thema des Tages

Streik der Lufthansapiloten: Sowohl das Arbeitsgericht Frankfurt am Main, als auch das Arbeitsgericht Köln haben die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. Lufthansa hatte versuchte, den angekündigten Streik in der letzten Minute noch zu verhindern. Das Arbeitsgericht Frankfurt führte aus, der Ausstand sei nicht unverhältnismäßig, da auch den Spartengewerkschaften die vollen Streikrechte zustehen würden; auch würden keine streikfremden Ziele verfolgt. Das Unternehmen legte vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht Berufung ein, über die erst am Mittwochvormittag verhandelt wird. Zudem verklagte Lufthansa die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit auf Schadensersatz in Höhe von 60 Millionen Euro wegen eines Streiks bei Lufthansa Cargo im April 2014. Die Gewerkschaft habe gestreikt, obgleich die Friedenspflicht noch einzuhalten war. Außerdem kündigte Lufthansa Chef Carsten Spohr an, die rechtlichen Möglichkeiten des Tarifeinheitsgesetzes auszuloten, wonach nur die großen Gewerkschaften, hier namentlich die Kabinengewerkschaft Ufo, bei Verhandlungen maßgeblich seien. Dies berichte blog.beck.de (Prof. Dr. Markus Stoffels), die SZ (Jens Flottau) (erweiterte Onlinefassung), zeit.de sowie das Handelsblatt (Jens Koenen/Volker Votsmeier)

In einem Gastbeitrag führt der Anwalt Paul Melot de Beauregard in der FAZ zwei Entscheidungen des Bundesarbeitsgericht vom 25. August dieses Jahres aus, wonach "Schäden, die einem bestreikten Unternehmen durch rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen zugefügt werden, durch die zuständige Gewerkschaft zu ersetzen sind." Bis lange sei ein solcher Rückgriff selten gewesen. Anfang Juli trat das neue Tarifeinheitsgesetzes in Kraft. Die Bundesregierung habe in diesem Zusammenhang festgehalten, dass sie Arbeitskämpfe zukünftig auch dann als unverhältnismäßig ansähe, wenn sie um einen Tarifvertrag geführt wurden, der sich am Ende gegen einen anderen nicht durchsetzt habe.

Rechtspolitik

Annullierung von katholischen Ehen: Wie die SZ (erweiterte Online Fassung) meldet, legte der Vatikan zwei Apostolische Schreiben von Papst Franziskus vor, wonach die Annullierung von katholischen Ehen vereinfacht werde. Nunmehr können diese bereits in erster Instanz von einem kirchlichen Gericht oder einem Bischof annulliert werden. Einer zweiten Instanz bedürfe es nicht mehr. Außerdem solle die Annullierung nun kostenlos sein. Es berichten auch zeit.de und spiegel.de.

Matthias Drobinski (SZ) begrüßt den Vorstoß, da nun Kirchenangestellte leichter ohne Nachteile im Beruf befürchten zu müssen wieder kirchlich heiraten können. Das grundlegende Problem der Haltung der katholischen Kirche zum Thema Scheidung werde aber nicht gelöst.

Datenschutz: Die Europäische Union und die USA haben sich auf ein Datenschutzabkommen geeinigt, meldet sueddeutsche.de. Darin erkläre sich die EU bereit, "den amerikanischen Behörden während eines Strafverfahrens umfangreiche Informationen über ihre Bürger zu liefern." EU-Bürger könnten im Gegenzug in den USA klagen, wenn persönliche Daten in den USA veröffentlicht werden. Ein von den USA gefordertes Fluggastdatenregister sei nun ebenfalls möglich.

Produkte von Klontieren: Das Europäische Parlament hat für den Entwurf der Ausschüsse für Landwirtschaft und Umweltschutz gestimmt, wonach zukünftig "weder Produkte von geklonten Tieren noch von deren Nachkommen auf den Teller der europäischen Verbraucher" zu finden sein sollen. Dazu die SZ (Thomas Kirchner). Abgestellt werde bei dem Verbot voranging auf das Tierwohl. Die Verordnung werde nun dem Ministerrat vorgelegt, beide Gremien müssten sich auf eine Position einigen.

Flüchtlingshilfe: Im Zusammenhang mit den Sonntagnacht beschlossenen Sofortmaßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise fühlen sich die Länder im Stich gelassen, berichtet die SZ (Stefan Braun). Die taz (Martin Reeh/Patricia Hecht) erstellt eine Pro und Contra Liste, ob die Grünen im Bundestag zustimmen sollen, dass Kosovo, Albanien und Montenegro zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden. Der Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, erklärt indes, dass es auch in Syrien sichere Gegenden gäbe und dahin abgeschoben werden solle, so zeit.de.

Legale Einreise: Die Möglichkeit, legal als Arbeitskraft mit Visum nach Deutschland einzureisen sei kaum bekannt, zu kompliziert geregelt und werde daher kaum genutzt, berichtet die taz (Hannes Koch). "Das ist der Kern des Einwanderungsgesetzes, über den die Regierungsparteien nun diskutieren." Die Bundesagentur für Arbeit führe eine Liste mit "Mangelberufen", bei denen nicht genügend deutsche Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Daneben existiere die Möglichkeit, als Hochqualifizierter mit blauer Karte legal zum Arbeiten einzureisen.

"Schlepper": "Die deutschen Kriegsschiffe im Mittelmeer sollen von Oktober an auch Schleuser auf hoher See in ihren Booten stoppen, durchsuchen, festsetzen oder abdrängen dürfen." Über ein entsprechendes erweitertes militärisches Mandat seitens der Bundesregierung soll der Bundestag am 24.September beraten. Der Einsatz soll im Rahmen des Aufbaus der Phase zwei der Operation "Eunavfor Med" geschehen. Einer Zustimmung des Bundestages bedürfe es, da bewaffnete Auseinandersetzungen möglich seinen, berichtet die FAZ.
Migrierende Flüchtlinge: Rechtswissenschaftler Roman Lehner befasst sich auf JuWissBlog nun unter anderem mit dem Vorschlag, "spezifisch Westbalkan - Arbeitsvisa auch für Geringqualifizierte einzuführen." Die dahinterstehende Idee sei, den "verstopften Asylkanal" für die "echten" Flüchtlinge aus aller Welt freizumachen. Daneben setzt er sich mit den verschiedenen Begriffen in der momentanen Flüchtlingsdebatte auseinander.

Verschärfung des Sexualstrafrechts: Das Kanzleramt blockiert den Gesetzesentwurf "zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung," der durch die Istanbul-Konvention veranlasst wurde. Vom Vergewaltigungsparagraphen umfasst sein sollte zukünftig auch der Fall, dass eine Frau aus Angst vor der Gewalttätigkeit des Mannes sich nicht wehrt und den erkennbar abgelehnten Geschlechtsverkehr über sich ergehen lässt. "Anders als bisher käme es nicht darauf an, ob der Mann in dieser Situation Gewalt anwendet oder androht," so berichtet die taz (Christian Rath).

Abtreibungsgegner: Wie die taz (Melanie Götz) meldet, ruft der Bundesverband Lebensrecht zum "Marsch für das Leben" auf. Die selbsternannten Lebensschützer wollen ein völliges Verbot von Abtreibungen erreichen. Anschlussfähigkeit im Mainstream der Gesellschaft fänden sie durch Themen wie Sterbehilfe, Stammzellenforschung, Pränatal – und Präimplantationsdiagnostik, welche sie in den Mittelpunkt ihrer Kampagnen gestellt hätten.

Berliner StVollZG: Der Berliner Senat hat einen Entwurf zum Berliner Strafvollzugsgesetz vorgelegt, wie die taz und lto.de melden. Strafvollzugsziel bleibe die Resozialisierung. Ein weiterer wichtiger Punkt sei der Opferschutz und die Behandlung der Drogenabhängigkeit.
Außerdem können Strafgefangene zukünftig keine Lebensmittelpakete mehr erhalten. Die sozialtherapeuthische Einrichtung solle neben Sexualstraftätern auch Gewaltkriminellen geöffnet werden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. September 2015: Piloten dürfen streiken – Scheidung auf katholisch – "Queen Merkel" . In: Legal Tribune Online, 09.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16833/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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