Die juristische Presseschau vom 5. September 2013: Fortsetzung im NSU-Prozess – Transplantationsskandal – Entscheidung bei Suhrkamp

05.09.2013

Justiz

Anwälte am BGH: Die in § 78 Abs. 3 Satz 1 Zivilprozessordnung normierte, beschränkte Zulassung von Anwälten beim Bundesgerichtshof in Zivilsachen ist nicht nur grundsätzlich umstritten, sondern seit kurzem auch Gegenstand eines beim Verwaltungsgericht Karlsruhe anhängigen Verfahrens. Ein Beitrag auf lto.de (Claudia Kornmeier) stellt Rechts- und Sachlage vor und nennt Argumente für und wider das als "intransparent" kritisierte Auswahlverfahren.

BSG zu Elterngeld: Eine Frau, die ihr Kind in einem Gefängnis aufzieht, hat keinen Anspruch auf Elterngeld, weil der dortige Haushalt nicht dem im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz geregelten, eigenen entspricht. Dies entschied das Bundessozialgericht auf die Klage einer Frau, die zwei Jahre lang mit ihren Sohn in einer gefängniseigenen Mutter-Kind-Einrichtung lebte und einer Arbeit nachging, schreibt Liz Collet im Jus@Publicum-Blog.

VGH Hessen zu Flugrouten: Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat nach Bericht der taz (Arno Frank) einen Stopp der sogenannten Südumfliegung am Frankfurter Flughafen verfügt. Die Festlegung dieser Route hätte nicht den rechtlichen Anforderungen entsprochen. Geklagt hatten mehrere Gemeinden und Betroffene mit Unterstützung des rheinland-pfälzischen Verkehrsministeriums.

OLG Hamm zu Erektionsstörungen: Das Oberlandesgericht Hamm hat die Schadensersatzklage eines 62-jährigen abgewiesen, der nach einer fachgerecht ausgeführten Prostataoperation unter Erektionsstörungen und Problemen bei der Ejakulation litt. Wie die FAZ (Helene Bubrowski) schreibt, sah es das Gericht als erwiesen an, dass die Ejakulationsprobleme zwangsläufige Folge der medizinisch indizierten Operation gewesen seien und der Kläger hierüber auch ausreichend aufgeklärt wurde. Die Erektionsstörungen hingegen stammten nicht von dem Eingriff. Auch lto.de berichtet.

LG Frankfurt – Q-Cells: Nach Bericht des Handelsblatts (Georg Weishaupt) hat der Insolvenzverwalter des einst weltgrößten Herstellers von Solarzellen, Q-Cells, beim Landgericht Frankfurt eine Klage gegen eine renommierte Anwaltskanzlei eingereicht. Bezweckt werde die Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen gegen die Kanzlei, die Q-Cells Beratungsleistungen zu einer Zeit in Rechnung gestellt haben soll, als das Unternehmen "eigentlich schon insolvent war." Die Welt (Sven Clausen) erläutert die Hintergründe und weiß von einer geplanten Klage gegen die Ex-Vorstände des Unternehmens und "einige der namhaftesten Beraterfirmen der Republik" zu berichten. Sollte der Insolvenzverwalter, der sich u.a. mit einem Gutachten eines früheren BGH-Richters gewappnet habe, Erfolg haben, "könnte dies den Umgang mit insolvenzbedrohten Firmen verändern."

LG Würzburg – Volksverhetzung: Über den Verlauf einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Würzburg gegen den vorbestraften Neonazi Martin Wiese schreibt die SZ (Tanjev Schultz). Der Angeklagte war erstinstanzlich wegen Drohungen im Rahmen einer Rede auf einem "Nationalen Frankentag" vor zwei Jahren u.a. wegen Volksverhetzung zu 21 Monaten Haft verurteilt worden und versuche nun, sich als unpolitisch darzustellen.

VG Frankfurt zu Salafistenkongress: Die FAZ (Katharina Iskandar) meldet, dass nach Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt ein städtisches Verbot des für den kommenden Samstag vom salafistischen Prediger Pierre Vogel veranstalteten "2. Islamischen Friedenskongress" rechtswidrig ist. Die beklagte Stadt habe erfolglos argumentiert, dass der Salafismus als extremistische Form des Islam verfassungswidrig sei und die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde. Sie beabsichtige nun die Anrufung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes.

AG Berlin-Charlottenburg zu Suhrkamp: Das Amtsgericht Charlottenburg von Berlin hat den Insolvenzplan des Suhrkamp-Verlages an die Verfahrensbeteiligten verschickt und damit gebilligt, schreibt die FAZ (Sandra Kegel) in ihrem Feuilleton. Der Plan sehe die Umwandlung des Verlages in eine Aktiengesellschaft vor, ein Widerspruch sei bislang nicht eingegangen und werde auch nicht mehr erwartet. Der Minderheitsgesellschafter Hans Barlach habe damit "auf ganzer Linie" verloren, konstatiert das Blatt und hofft, dass künftig nur noch über Bücher debattiert werde "und nicht mehr über juristische Schriftsätze".

Strafbefehl gegen Staatssekretärin: Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat beim örtlichen Amtsgericht den Erlass eines Strafbefehls gegen Zülfiye Kalkin (SPD), Staatssekretärin für Arbeit und Integration in Nordrhein-Westfalen, wegen Beihilfe zum Betrug beantragt. Als Geschäftsführerin einer Begegnungsstätte soll Kaykin einen Mitarbeiter beschäftigt haben, der gleichzeitig Sozialleistungen bezog und ihn wahrheitswidrig als geringfügig Beschäftigten angemeldet haben, schreibt die SZ (Henz). Zwar habe sich der zwischenzeitlich im Raum stehende Verdacht schwarzer Kassen zur Mitarbeiterentlohnung nicht erhärtet, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) habe Kaykin gleichwohl entlassen.

Ermittlungen zu "Peggy": Über neue Erkenntnisse zum Verschwinden eines 2001 als vermisst gemeldeten 9-jährigen Mädchens schreibt die FAZ (Karin Truscheit). Zwar habe das Landgericht Hof 2004 einen Mann wegen Mordes an "Peggy" verurteilt, der nun untergebrachte geistig Behinderte habe sein zwischenzeitliches Geständnis jedoch vor Gericht widerrufen und ein Leichnam sei nie gefunden worden. Die Polizei verdächtige jetzt einen Mann aus dem persönlichen Umfeld der Familie des Opfers. Auch die SZ (Katja Auer) berichtet.

NS-Verbrechen: Die Ermittlungen gegen Wachleute des Konzentrationslagers Auschwitz kommentiert Klaus Hillenbrand (taz) als "zivilisatorischen Fortschritt". Ein Strafprozess bezwecke nicht Rache, sondern Sühne für begangene Verbrechen. Diese müssten die nun Beschuldigten trotz ihres hohen Alters und des Umstandes, dass die "juristische Aufarbeitung der Naziverbrechen in der Bundesrepublik über Jahrzehnte eine Geschichte von Wegschauen und Versagen war", endlich leisten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. September 2013: Fortsetzung im NSU-Prozess – Transplantationsskandal – Entscheidung bei Suhrkamp . In: Legal Tribune Online, 05.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9496/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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