Die juristische Presseschau vom 4. November 2014: Drei Jahre NSU-Aufklärung – Befangenheit in Labor-Affäre – Middelhoff stützt Schickedanz

04.11.2014

Vor drei Jahren starben die männlichen Mitglieder des NSU-Trios. Wie steht es mit der Aufklärung der Taten der Terrorgruppe? Außerdem in der Presseschau: Äußerungsbefugnisse des Bundespräsidenten, Unterstützung für Madeleine Schickedanz, DDR-Vermögen in der Schweiz und Aus für Geschwindigkeitsbegrenzung.

Thema des Tages

NSU: Vor exakt drei Jahren markierte der Selbstmord von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in einem Campingwagen in Eisenach das Ende des terroristischen Wirken des NSU. Aus diesem Anlass fasst die FAZ in insgesamt neun Kurz-Beiträgen offene Fragen und "Merkwürdigkeiten" zu den Taten der Gruppe zusammen. So beschreiben etwa Helene Bubrowski die Strategie der Verteidiger von Beate Zschäpe und Katrin Truscheit die Bewertung der gerichtlichen Aufklärung durch Opferangehörige. Eckart Lohse zählt demgegenüber Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen auf, die sich auch nach Abschluss des Untersuchungsausschusses zur Klärung neu auftretender Fragen treffen. Für Clemens Binninger (CDU) etwa sei noch immer offen, ob der NSU tatsächlich nur aus drei Personen bestanden habe.

Auch die taz (Andreas Speit) bringt eine längere Analyse, in der eine bei den Sicherheitsbehörden unterschiedslos verwendete Extremismustheorie für das Versagen der Ermittlungsbehörden verantwortlich gemacht wird. Dieser analytische Ansatz habe die rechtzeitige Wahrnehmung eines Terrorismus von rechts verhindert. Auch im jetzigen Verfahren vor dem Oberlandesgericht München würden entsprechende Nachfragen von Nebenklagevertretern, etwa zu Unterstützungshandlungen des Netzwerks "Blood & Honour" von der Bundesanwaltschaft immer wieder behindert.

Der Prozess in München wird am heutigen Dienstag mit der Vernehmung des früheren V-Manns "Piato" fortgesetzt. Spiegel.de (Björn Hengst) schreibt über die schillernde Vergangenheit des wegen versuchten Mordes Verurteilten, der bereits kurz nach dem Untertauchen des Trios Hinweise auf dessen Verbleib gegeben haben soll. Ein weiterer Beitrag von spiegel.de (Jörg Diehl) fasst Erkenntnisse und Verschwörungstheorien zur Tötung der Polizistin Michele Kiesewetter zusammen.

Rechtspolitik

Bundespräsident: Mehrere Kommentare befassen sich mit der Frage der Zulässigkeit der jüngsten Äußerungen von Bundespräsident Joachim Gauck zu einer von der Linken angeführten Landesregierung in Thüringen. Während Gauck nach Ludwig Greven (zeit.de) in Wahrnehmung seines Amtes "geradezu die Pflicht" habe, politische Debatten anzustoßen, ist es nach Christian Bommarius (berliner-zeitung.de) "ein Fehler, möglicherweise gravierend, in jedem Fall ärgerlich", wenn das Staatsoberhaupt sich in den Parteienkampf stürze.

Ersatzpersonalausweis: Sogenannte Terror-Touristen sollen nach Plänen der Bundesregierung bei Verdacht einer Ausreise mit einem Ersatzpersonalausweis ausgestattet werden. Für lto.de gelangt Rechtsprofessor Gerrit Hornung zu der Einschätzung, dass wegen der Funktion des Ausweises als Legitimationspapier auch im privaten Bereich für Betroffene ein Stigmatisierungseffekt eintreten könne. Verfassungsrechtlich könne dieser nur bei strengen Voraussetzungen gerechtfertigt werden.

Frauenquote: Das Handelsblatt-Rechtsboard (Ulrich Noack) berichtet über ein von der Stiftung Familienunternehmen vorgelegtes Gutachten des Rechtsprofessors Kay Windthorst, nach dem die geplante Frauenquote in ihrer starren Ausgestaltung unangemessen sei und gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoßen könne.

PKW-Maut: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat nach einer Meldung von lto.de auf strikten datenschutzrechtlichen Vorgaben bei der geplanten PKW-Maut bestanden. Demgegenüber hält der schleswig-holsteinische Datenschützer Thilo Weichert nach dem Bericht der taz (Svenja Bergt) das Vorhaben für eine "klassische Vorratsdatenspeicherung". Sollten die Pläne umgesetzt werden, würde nach den Worten des Leiters des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein "anonymes Fahren" nicht mehr möglich sein.

Tarifeinheit: Das Handelsblatt (Catrin Gesellensetter) berichtet über Kritik an dem von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zur Tarifeinheit. Kleinere Gewerkschaften sähen durch das Vorhaben das Streikrecht verletzt und hätten daher bereits den Gang vor das Bundesverfassungsgericht angekündigt.

Bürokratieabbau: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) beabsichtigt eine "Anti-Bürokratie-Offensive", durch die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert werden sollen. Nach dem der FAZ (Henrike Roßbach) vorliegenden Papier bestünden etwa im Steuer- und Bilanzrecht Entlastungspotenziale. Hier sollten Umsatz- und Gewinngrenzen, ab denen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten bestehen, angehoben werden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 4. November 2014: Drei Jahre NSU-Aufklärung – Befangenheit in Labor-Affäre – Middelhoff stützt Schickedanz . In: Legal Tribune Online, 04.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13691/ (abgerufen am: 30.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen