Die juristische Presseschau vom 1. bis 3. April 2017: Debatte um Islam­ge­setz / Meineid-Pro­zess gegen Mollath-Freund / Selbst­kor­rektur bei Vene­zuelas oberstem Gericht

03.04.2017

Justiz

LG Regensburg – Meineid: Der Zahnarzt Edward B., ein Freund von Justizopfer Gustl Mollath, ist vor dem Landgericht Regensburg angeklagt. Er soll 2014 im Mollath-Wiederaufnahmeverfahren einen früheren Anruf von Mollaths Ex-Frau erfunden haben, in dem sie angedroht habe, sie werde Mollath etwas "anhängen". Die Montags-SZ (Hans Holzhaider/Andreas Glas) berichtet in einer großen Reportage über den Fall.

BGH zu Filesharing: Das Urteil des Bundesgerichtshofes, wonach Eltern in Urheberrechtsprozessen um illegale Uploads selbst haften müssten, wenn sie nicht preisgeben, welches ihrer Kinder die Uploads getätigt hat, kommentiert Jost Müller-Neuhof (Samstags-Tsp): "Eltern haften für ihre Kinder – wer denn sonst?"

BGH zu Eigenbedarf: Rechtsprofessor Otto Depenheuer beschreibt im Interview mit der FAS (Rainer Hank/Georg Meck) die jüngsten Urteile des Bundesgerichtshofs zur Eigenbedarfskündigung im Mietrecht als Zeitgeistphänomen. In Zeiten knapper Wohnungen würden Mieter besser geschützt. Depenheuer kritisiert das Bundesverfassungsgericht, das Mietbesitz als Eigentum geschützt sieht.

LG Kleve zu VW-Abgasskandal: Ein "möglicherweise richtungsweisendes" Urteil hat das Landgericht Kleve im VW-Abgasskandal getroffen, so spiegel.de. Das LG sah es als erwiesen an, dass VW gegen das europarechtliche Verbot von "Inverkehrgabe und Handel ohne gültige Bescheinigung" verstoßen hat und sprach dem Kläger Schadenersatz zu. Die Prozessvertreter des Klägers aus der Kanzlei Stoll & Sauer sehen damit als bestätigt an, dass die ausgestellten EG-Übereinstimmungsnachweise falsch seien und das Fahrzeug, ein VW-Golf, nicht hätte verkauft werden dürfen.

AG Frankfurt/M. zu NS-Kennzeichen: In der Gerichtsreportage der FAS (Raquel Erdtmann) geht es diesmal um einen Ex-NPD-Stadtverordneten, der auf seinem Facebook-Account das strafbare Gaudreieck Hessen-Nassau hochgeladen hatte. Er wurde freigesprochen, weil das Hochladen möglicherweise im Ausland erfolgte, wo es laut einer BGH-Entscheidung derzeit nicht strafbar sei.

OLG München – NSU: Die WamS (Gisela Friedrichsen) räumt dem Versuch von Zschäpes Neuverteidigern, die Angeklagte als vermindert schuldfähig zu präsentieren, keine Chancen ein. Am 6. April werde der Psychiater Joachim Bauer, auf den sich die Einschätzung der Verteidigung stützt, vernommen – als Zeuge, nicht als Sachverständiger.

Die Montags-taz (Konrad Litschko) berichtet über ein neues Gutachten der Nebenkläger. Danach haben englische Forensiker die Situation in dem Kasseler Internet-Café nachgebaut, in dem der NSU 2006 Halit Yozgat erschoss. Sie kamen zum Schluss, dass der damals anwesende Verfassungsschützer Andreas Temme den Schuss gehört und beim Hinausgehen die Leiche gesehen haben muss.

LG München I – Mord mit Kreissäge: Die FAS (Karin Truscheit) berichtet ausführlich über ein Verfahren vor dem Landgericht München I. Eine Pädagogik-Studentin ist angeklagt, ihren Freund mit einer Kreissäge getötet zu haben. Möglicherweise wollte sie sich aus einer Abhängigkeit befreien. Das Urteil wird im Mai erwartet.

Negativzinsen: Dürfen Banken einseitig Negativzinsen für Spareinlagen einführen? Mit dieser Frage befasst sich ein ausführlicher Bericht in der Samstags-FAZ (Christian Siedenbiedel), der auf erste Klagen gegen Negativzinsen hinweist. Experten wie der Bankrechtsprofessor Tobias Tröger meinen, einseitig könnten solche Zinsen bei bestehenden Verträgen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Kunden eingeführt werden, dabei spiele auch eine Bezeichnung als "Verwaltungsgebühr" oder "Verwahrentgelt" keine Rolle.

BAW – türkische Spionage: Die Bundesanwaltschaft hat u.a. gegen Halife Keskin, einen der höchsten Funktionäre der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ermittlungen aufgenommen, so sueddeutsche.de (Hans Leyendecker/Georg Mascolo). Dazu auch spiegel.de.

In einem ausführlichen Bericht in der Samstags-SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo) wird der Umgang deutscher Behörden mit der vom türkischen Geheimdienst an den deutschen Bundesnachrichtendienst weitergereichten Auflistung ausgespähter Personen kritisiert. Unter anderem wird gerätselt, warum die Bundesanwaltschaft die Liste zunächst nicht verwenden durfte. Aufgelistet werden die aktuellen BAW-Ermittlungsverfahren in diesem Kontext.

Anis Amri: Die Samstags-FAZ (Reiner Burger) widmet dem Untersuchungsausschuss im NRW-Landtag zum Fall Anis Amri eine ganze Seite und trägt dabei noch einmal ausführlich die komplexe Ermittlungs-Geschichte gegen den 2015 nach Deutschland eingereisten Tunesier zusammen.

spiegel.de (Jörg Diehl) geht dem Vorwurf an Generalbundesanwalt Peter Frank nach, er habe die Abschiebung von Anis Amri verhindert, weil er Erkenntnisse über Amri für aufenthaltsrechtliche Fragen gesperrt habe. Ein Vermerk aus dem Landeskriminalamt NRW deutet darauf hin, dass die BAW das Ermittlungsverfahren gegen den Islamisten Abu Walaa schützen wollte.

Neue Abmahnwelle? Wie focus.de berichtet, hat eine süddeutsche Anwaltskanzlei allein in diesem Jahr bereits etwa 30.000 Abmahnungen an Nutzer der Internetseite "Popcorn Times" – eine Streaming-Seite, bei der während des Streams auch ein Upload stattfindet – verschickt.

BFH – Nebentätigkeiten: Die Montags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) berichtet über "Hinweise zum Nebentätigkeitsrecht", die jetzt das Präsidium des Bundesfinanzhofs beschlossen hat. Danach müssen Richter, die besonders wenige Revisionen erledigen, mit einer Prüfung ihrer Nebentätigkeiten rechnen. Nicht erlaubt seien Einkünfte, die das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Richter gefährdeten.

Justizstandort Frankfurt/Main: Die Samstags-FAZ (Helmut Scheffel) berichtet im Frankfurt-Teil von einer Veranstaltung der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) vom vergangenen Donnerstag: Unter Beteiligung von Wissenschaftlern, Richtern und Anwälten wurden die Folgen des Brexits für den Justizstandort Frankfurt diskutiert. Viele juristische Konflikte müssten künftig in anderen EU-Ländern und eben nicht mehr in Großbritannien geführt werden, Frankfurt sei dafür besonders geeignet; davon profitierten etwa das Banken- und Versicherungsrecht sowie das Patent- und Kartellrecht.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. bis 3. April 2017: Debatte um Islamgesetz / Meineid-Prozess gegen Mollath-Freund / Selbstkorrektur bei Venezuelas oberstem Gericht . In: Legal Tribune Online, 03.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22543/ (abgerufen am: 10.05.2024 )

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