CDU-Politiker fordern ein Gesetz nur für den Islam. Außerdem in der Presseschau: Ein Unterstützer von Justizopfer Gustl Mollath ist angeklagt, Gericht in Venezuela nimmt Entmachtung des Parlaments zurück.
Thema des Tage
Islamgesetz: CDU-Vize Julia Klöckner fordert ein Islamgesetz, das unter andrem die Finanzierung von Moscheen aus dem Ausland verbieten soll. Außerdem soll in Moscheen nur noch deutsch gepredigt werden und ein Moscheeregister angelegt werden. Kritiker wie Hamburgs Regierender Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) halten die Vorschläge für verfassungswidrig. Die Montags-SZ zeichnet die Debatte nach.
Rechtspolitik
Pflegekinder: Die FAS (Julia Schaaf) und die Montags-taz (Barbara Dribbusch) stellen einen Gesetzentwurf aus dem Bundesfamilienministerium vor, der Pflegekindern mehr Kontinuität sichern soll. Wenn sich abzeichne, dass eine Rückkehr in die Ursprungsfamilie nicht möglich sei, soll das Familiengericht den Verbleib in der Pflegefamilie anordnen können.
Familiensplitting: Heribert Prantl (Montags-SZ) plädiert im Leitartikel für die Ersetzung des steuerlichen Ehegattensplittings durch ein Familiensplitting. Die steuerliche Bevorzugung der Ehe sei heute eine grobe Benachteiligung der Familie.
Kinderrechte: Die Montags-taz (Christian Rath) stellt einen Gesetzentwurf des Landes Nordrhein-Westfalen vor, der am Freitag in den Bundesrat eingebracht wurde. In Artikel 6 des Grundgesetzes sollen Grundgedanken der UN-Kinderrechtskonvention als Kindergrundrechte verankert werden. Der Antrag sei (entgegen einer Absprache der Länder) passend zum NRW-Wahlkampfstart eingebracht worden.
Erweiterte DNA-Auswertung: Wie die Samstags-BadZ (Sebastian Kaiser/Franz Schmider) berichtet, ist Baden-Württemberg am Freitag im Bundesrat damit gescheitert, einen Gesetzentwurf zur erweiterten Nutzung von DNA-Spuren im Eilverfahren auf den Weg zu bringen. Der Entwurf, der vorsah, künftig auch Hinweise auf Augenfarbe, Haarfarbe, Hautfarbe sowie Alter potenzieller Straftäter anhand von DNA-Spuren zu bestimmen und bei Ermittlungen nutzen zu können, muss nun erst einmal in den Rechts- und Innenausschuss des Bundesrats.
Kein Selfie in der Wahlkabine: Nach einer Änderung des § 56 Bundeswahlordnung habe der Wahlvorstand künftig "einen Wähler zurückzuweisen", der "für den Wahlvorstand erkennbar in der Wahlkabine fotografiert oder gefilmt" hat, so zeit.de. Dadurch solle das Wahlgeheimnis besser geschützt werden. Das Hochladen eines Fotos vom eigenen Wahlzettel ins Internet sei aber nicht strafbar.
NetzDG: netzpolitik.org (Markus Reuter) sammelt Kritik von Verbänden, darunter Bürgerrechtsorganisationen und Juristenverbände, am von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geplanten Netzwerkdurchsetzungsgesetz.
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz: Für das Handelsblatt-Rechtsboard befasst sich Rechtsanwalt André Zimmermann mit der am vergangenen Samstag in Kraft getretenen Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Er erläutert verschiedene "erhebliche Änderungen", teilweise ohne Übergangsfristen, für Zeitarbeits- und Einsatzunternehmen, so etwa die neue Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten.
Justiz
LG Regensburg – Meineid: Der Zahnarzt Edward B., ein Freund von Justizopfer Gustl Mollath, ist vor dem Landgericht Regensburg angeklagt. Er soll 2014 im Mollath-Wiederaufnahmeverfahren einen früheren Anruf von Mollaths Ex-Frau erfunden haben, in dem sie angedroht habe, sie werde Mollath etwas "anhängen". Die Montags-SZ (Hans Holzhaider/Andreas Glas) berichtet in einer großen Reportage über den Fall.
BGH zu Filesharing: Das Urteil des Bundesgerichtshofes, wonach Eltern in Urheberrechtsprozessen um illegale Uploads selbst haften müssten, wenn sie nicht preisgeben, welches ihrer Kinder die Uploads getätigt hat, kommentiert Jost Müller-Neuhof (Samstags-Tsp): "Eltern haften für ihre Kinder – wer denn sonst?"
BGH zu Eigenbedarf: Rechtsprofessor Otto Depenheuer beschreibt im Interview mit der FAS (Rainer Hank/Georg Meck) die jüngsten Urteile des Bundesgerichtshofs zur Eigenbedarfskündigung im Mietrecht als Zeitgeistphänomen. In Zeiten knapper Wohnungen würden Mieter besser geschützt. Depenheuer kritisiert das Bundesverfassungsgericht, das Mietbesitz als Eigentum geschützt sieht.
LG Kleve zu VW-Abgasskandal: Ein "möglicherweise richtungsweisendes" Urteil hat das Landgericht Kleve im VW-Abgasskandal getroffen, so spiegel.de. Das LG sah es als erwiesen an, dass VW gegen das europarechtliche Verbot von "Inverkehrgabe und Handel ohne gültige Bescheinigung" verstoßen hat und sprach dem Kläger Schadenersatz zu. Die Prozessvertreter des Klägers aus der Kanzlei Stoll & Sauer sehen damit als bestätigt an, dass die ausgestellten EG-Übereinstimmungsnachweise falsch seien und das Fahrzeug, ein VW-Golf, nicht hätte verkauft werden dürfen.
AG Frankfurt/M. zu NS-Kennzeichen: In der Gerichtsreportage der FAS (Raquel Erdtmann) geht es diesmal um einen Ex-NPD-Stadtverordneten, der auf seinem Facebook-Account das strafbare Gaudreieck Hessen-Nassau hochgeladen hatte. Er wurde freigesprochen, weil das Hochladen möglicherweise im Ausland erfolgte, wo es laut einer BGH-Entscheidung derzeit nicht strafbar sei.
OLG München – NSU: Die WamS (Gisela Friedrichsen) räumt dem Versuch von Zschäpes Neuverteidigern, die Angeklagte als vermindert schuldfähig zu präsentieren, keine Chancen ein. Am 6. April werde der Psychiater Joachim Bauer, auf den sich die Einschätzung der Verteidigung stützt, vernommen – als Zeuge, nicht als Sachverständiger.
Die Montags-taz (Konrad Litschko) berichtet über ein neues Gutachten der Nebenkläger. Danach haben englische Forensiker die Situation in dem Kasseler Internet-Café nachgebaut, in dem der NSU 2006 Halit Yozgat erschoss. Sie kamen zum Schluss, dass der damals anwesende Verfassungsschützer Andreas Temme den Schuss gehört und beim Hinausgehen die Leiche gesehen haben muss.
LG München I – Mord mit Kreissäge: Die FAS (Karin Truscheit) berichtet ausführlich über ein Verfahren vor dem Landgericht München I. Eine Pädagogik-Studentin ist angeklagt, ihren Freund mit einer Kreissäge getötet zu haben. Möglicherweise wollte sie sich aus einer Abhängigkeit befreien. Das Urteil wird im Mai erwartet.
Negativzinsen: Dürfen Banken einseitig Negativzinsen für Spareinlagen einführen? Mit dieser Frage befasst sich ein ausführlicher Bericht in der Samstags-FAZ (Christian Siedenbiedel), der auf erste Klagen gegen Negativzinsen hinweist. Experten wie der Bankrechtsprofessor Tobias Tröger meinen, einseitig könnten solche Zinsen bei bestehenden Verträgen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Kunden eingeführt werden, dabei spiele auch eine Bezeichnung als "Verwaltungsgebühr" oder "Verwahrentgelt" keine Rolle.
BAW – türkische Spionage: Die Bundesanwaltschaft hat u.a. gegen Halife Keskin, einen der höchsten Funktionäre der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ermittlungen aufgenommen, so sueddeutsche.de (Hans Leyendecker/Georg Mascolo). Dazu auch spiegel.de.
In einem ausführlichen Bericht in der Samstags-SZ (Hans Leyendecker/Georg Mascolo) wird der Umgang deutscher Behörden mit der vom türkischen Geheimdienst an den deutschen Bundesnachrichtendienst weitergereichten Auflistung ausgespähter Personen kritisiert. Unter anderem wird gerätselt, warum die Bundesanwaltschaft die Liste zunächst nicht verwenden durfte. Aufgelistet werden die aktuellen BAW-Ermittlungsverfahren in diesem Kontext.
Anis Amri: Die Samstags-FAZ (Reiner Burger) widmet dem Untersuchungsausschuss im NRW-Landtag zum Fall Anis Amri eine ganze Seite und trägt dabei noch einmal ausführlich die komplexe Ermittlungs-Geschichte gegen den 2015 nach Deutschland eingereisten Tunesier zusammen.
spiegel.de (Jörg Diehl) geht dem Vorwurf an Generalbundesanwalt Peter Frank nach, er habe die Abschiebung von Anis Amri verhindert, weil er Erkenntnisse über Amri für aufenthaltsrechtliche Fragen gesperrt habe. Ein Vermerk aus dem Landeskriminalamt NRW deutet darauf hin, dass die BAW das Ermittlungsverfahren gegen den Islamisten Abu Walaa schützen wollte.
Neue Abmahnwelle? Wie focus.de berichtet, hat eine süddeutsche Anwaltskanzlei allein in diesem Jahr bereits etwa 30.000 Abmahnungen an Nutzer der Internetseite "Popcorn Times" – eine Streaming-Seite, bei der während des Streams auch ein Upload stattfindet – verschickt.
BFH – Nebentätigkeiten: Die Montags-FAZ (Hendrik Wieduwilt) berichtet über "Hinweise zum Nebentätigkeitsrecht", die jetzt das Präsidium des Bundesfinanzhofs beschlossen hat. Danach müssen Richter, die besonders wenige Revisionen erledigen, mit einer Prüfung ihrer Nebentätigkeiten rechnen. Nicht erlaubt seien Einkünfte, die das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Richter gefährdeten.
Justizstandort Frankfurt/Main: Die Samstags-FAZ (Helmut Scheffel) berichtet im Frankfurt-Teil von einer Veranstaltung der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) vom vergangenen Donnerstag: Unter Beteiligung von Wissenschaftlern, Richtern und Anwälten wurden die Folgen des Brexits für den Justizstandort Frankfurt diskutiert. Viele juristische Konflikte müssten künftig in anderen EU-Ländern und eben nicht mehr in Großbritannien geführt werden, Frankfurt sei dafür besonders geeignet; davon profitierten etwa das Banken- und Versicherungsrecht sowie das Patent- und Kartellrecht.
Recht im Ausland
Venezuela – Gewaltenteilung: Das von den Sozialisten beherrschte Oberste Gericht Venezuelas hat sein jüngst erlassenen Urteil zurückgenommen, in dem es das von der Opposition dominierte Parlament entmachtet und dessen Befugnisse auf sich selbst übertragen hatte. Das Gericht war nach internationalen Protesten vom Nationalen Sicherheitsrat, dem der sozialistische Präsident Maduro vorsitzt, dazu aufgefordert worden, berichtet die Montags-FAZ (Matthias Rüb).
Ungarn – CEU: Der in Florenz lehrende Rechtsprofessor Gabor Halmai kritisiert auf verfassungsblog.de das geplante ungarische Gesetz, mit dem die von George Soros gegründete Central European University behindert würde. Dies verstoße gegen die in Ungarn noch geltende Wissenschaftsfreiheit.
Österreich – Sozialleistungen für Unionsbürger: Der Wiener Forschungsassistent Kevin Fredy Hinterberger befasst sich auf juwiss.de mit der Forderung des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz, Unionsbürger fünf Jahre lang von allen Sozialleistungen auszuschließen. Dies sei mit Unionsrecht nicht vereinbar.
USA – Welfenschatz: Die Montags-FAZ (Patrick Bahners) meldet im Feuilleton eine Entscheidung des Bezirksgerichts Washington, das sich für zuständig erklärte, einen Rechtsstreit über den 1935 verkauften sogenannten Welfenschatz zu entscheiden. Deutschland könne sich hier nicht auf Staatenimmunität berufen, da die Drangsalierung jüdischer Kunsthändler im NS-Staat möglicherweise einer völkermörderischen Intention folgte.
Sonstiges
Rundfunklizenz für YouTube-Kanäle? Die NRW-Landesmedienanstalt hat das "Let's-Player-Kollektiv" PietSmiet aufgefordert, eine Rundfunklizenz zu beantragen. lto.de (Constantin Baron van Lijnden) befasst sich mit dem Fall und "neuen" Medien zwischen Realität und unzeitgemäßer Rechtsordnung. Unter dem Namen PietSmiet spielen fünf Männer Computerspiele und kommentieren dazu, live gestreamt wird dies auf Twitch und ist auch über YouTube abrufbar. Das Angebot auf Twitch stelle sich als Rundfunk im Sinne des Staatsvertrages dar.
Eigentum an Flüssen: Die Samstags-nord-taz (Christian Rath), erläutert anlässlich des geplanten Verkaufs eines Stücks des Flusses Jeetzel das rechtliche Regime für die meist im öffentlichen Eigentum stehenden Gewässer und insbesondere die Möglichkeit der öffentlichen Hand, auch an Private zu verkaufen.
Kommunalfusionen: lto.de (Martin Rath) nimmt den 80. Jahrestag des Groß-Hamburg-Gesetzes zum Anlass, die Vergrößerung der Städte Hamburg, Köln und Berlin zu beschreiben. Der Autor plädiert dafür, die kommunalen Gebietsreformen des 20. Jahrhunderts unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität zu überprüfen.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dc/chr
(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 1. bis 3. April 2017: Debatte um Islamgesetz / Meineid-Prozess gegen Mollath-Freund / Selbstkorrektur bei Venezuelas oberstem Gericht . In: Legal Tribune Online, 03.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22543/ (abgerufen am: 10.05.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag