Die juristische Presseschau vom 27. März 2015: EuGH-Generalanwalt zu Hartz IV – Auskunftsrecht der Presse gestärkt – Drogenrausch durch Polizei

27.03.2015

Justiz

BVerwG zu Auskunftsrecht der Presse: Am vergangenen Mittwoch hat das Bundesverwaltungsgericht das Auskunftsrecht der Presse gegen Behörden gestärkt. Pressevertreter können demnach von der staatlichen Liegenschaftsverwaltung auch Informationen einfordern, wenn der betreffende Sachverhalt Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen unterliegt. Voraussetzung sei ein überwiegendes Informationsinteresse, so der Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof). Im vorliegenden Fall wollte die Bildzeitung eine Auskunft der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zu der Vermietung des Tempelhofer Flughafengebäudes an die Modemesse "Bread & Butter".

BVerfG – NPD-Verbot: Das Bundesverfassungsgericht forderte kürzlich im NPD-Verbotsverfahren, dass der Bundesrat den Nachweis erbringt, dass tatsächlich alle V-Leute in den Führungsgremien der NPD abgeschaltet wurden und somit eine Ausforschung auszuschließen ist. Die SZ (Wolfgang Janisch/Tanjev Schultz) erläutert, wieso das Verfahren "auf der Kippe" stehen könnte, denn auch nach Abschaltung der V-Leute und insbesondere bei der "Nachsorge" bestehe die Gefahr, dass Informationen fließen – wie beispielsweise im Fall des V-Mann "Ares". Probleme ergäben sich, wenn die Quellen Informationen über die Prozessstrategie der NPD an die Ämter lieferten, damit wäre die Fairness im Verbotsverfahren gefährdet. Die FAZ (Joachim Jahn) meldet, dass auf dem jährlichen Presseempfang des Bundesverfassungsgerichts mitgeteilt wurde, es sei geplant bis Ende April 2016 im NPD-Verbotsverfahren zu einem "endgültigen Ergebnis" zu kommen. Eine mündliche Verhandlung solle es noch in diesem Jahr geben. Auch die taz teilt die geplanten Termine mit.

Christian Rath (taz) hält es für realistisch, dass das NPD-Verbotsverfahren bis im April nächsten Jahres abgeschlossen wird. Er prophezeit ferner, dass die Karlsruher Richter dem Antrag wohl eine "ausreichende Aussicht auf Erfolg" zusagen und eine mündliche Verhandlung durchführen. Dann hinge die Begründetheit davon ab, ob sie eine "konkrete Gefahr für die Demokratie" fordern oder nicht. Rath meint, ein Blick ins Parteiprogramm der NPD genüge, um ihre Demokratiefeindlichkeit festzustellen, konkret gefährlich sei sie allerdings nicht, weil politisch "unbedeutend".

EuGH – Kohlekraftwerk Moorburg: Die EU-Kommission teilte am gestrigen Donnerstag mit, dass sie eine Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen des Kohlekraftwerks Moorburg eingelegt hat. Der Vorwurf sei, dass bei der Planung des Kohlekraftwerks in Hamburg der Umweltschutz nicht ausreichend beachtet wurde. Die Wasserentnahme aus der Elbe zur Kühlung des Kraftwerks gefährde geschützte Fischarten. Die taz (Sven-Michael Veit).

OLG München – NSU: Die Verteidigung von Beate Zschäpe wirft Polizei und Verfassungsschutz vor, in ungesetzlicher Weise kooperiert zu haben, was zu einem Beweisverwertungsverbot für einige Beweise führen sollte. Die Vorwürfe beträfen die Durchsuchung von einer Garage, die Zschäpe angemietet hatte, und von Kellerräumen. Dies meldet die taz. welt.de stellt zudem die Aussagen von zwei Sparkassenangestellten dar, die sich am gestrigen Donnerstag zu dem NSU zur Last gelegten Banküberfallen äußerten.

StA Düsseldorf – Germanwings-Absturz: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat Ermittlungen hinsichtlich des Absturzes der Germanwings-Maschine am vergangenen Dienstag aufgenommen. Die Rechtsanwälte André-M. Szesny und Urs J. Stelten erklären für lto.de das für die Arbeit der Strafverfolgungsbehörde geltende Legalitätsprinzip und legen dar, woraus sich der Anfangsverdacht für fahrlässige Tötung im vorliegenden Fall ergebe. Auch gehen sie auf das Territorialprinzip ein und erklären, aufgrund welcher Ausnahmen die StA Düsseldorf ermitteln darf.

StA Saarbrücken – Udo Voigt: fr-online und spiegel.de melden, dass derzeit zwei Anträge auf Aufhebung der Immunität des Mitglieds des Europäischen Parlaments Udo Voigt (NPD) vorliegen. Einer erging wegen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, diese werfe ihm die Leugnung des Holocausts bei einem Neujahrsempfang der NPD vor. Hintergrund des zweiten Antrags sei die Revision Voigts gegen eine Entscheidung des Landgerichts Berlin. Dieses hatte ihn im vergangenen Jahr zu einer einjährigen Bewährungsstrafe wegen gemeinschaftlicher Beleidigung und Volksverhetzung verurteilt.

AG München – Gurlitt-Erbin: Das Amtsgericht München versagt der Erbin des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt die Ausstellung eines Erbscheins. Es halte das Testament für wirksam, in dem Gurlitt das Kunstmuseum Bern als Erben eingesetzt hat. Die Begründung des Gerichts sowie die Reaktionen von Museum und Cousine beschreibt welt.de.

Haftung von Gerichtsgutachtern: Der Professor für Medizinrecht Reinhard Damm erläutert in einem Leserbrief an die SZ die Rechtsgeschichte zur Haftungsprivilegierung gerichtlicher Sachverständiger bis zu ihrer Normierung in § 839a des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Jahr 2002. Sie haften nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Der Bundesgerichtshofs wollte, laut Damm, beispielsweise nach einer Entscheidung von 1973 die Sachverständigen nur für Vorsatz haften lassen – dies sei allerdings vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden. Er erinnert zudem an den "rechtlich wohl bedeutendsten Fall der Haftung gerichtlicher Sachverständiger" – den "Weigand-Fall" – die Kenntnis dieses Falls sei ausschlaggebend für das Verständnis der Formel "grobe Fahrlässigkeit".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. März 2015: EuGH-Generalanwalt zu Hartz IV – Auskunftsrecht der Presse gestärkt – Drogenrausch durch Polizei . In: Legal Tribune Online, 27.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15083/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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