AG Ravensburg: Pro­fessor nach Kli­ma­pro­test zu Geld­strafe ver­ur­teilt

19.04.2022

Weil er mit Klimaaktivisten an seiner Hochschule unangemeldet einen Baum besetzt hatte, um sich für sparsameres Heizen einzusetzen, hat das AG Ravensburg einen Professor wegen Verstoßes gegen das VersG zu einer Geldstrafe verurteilt.

Den Protest, mit Klimaaktivisten einen Baum an seiner Hochschule zu besetzen, hatte er nicht angemeldet. Deshalb hat das Amtsgericht (AG) Ravensburg einen Professor am Dienstag zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt, wie ein Sprecher des Gerichts mitteilte.

Der Richter folgte demnach der Darstellung des Hochschullehrers Prof. Dr. Wolfgang Ertel nicht, wonach es sich bei der Besetzung eines Baums und dem Anbringen eines Banners an der Hochschule Ravensburg-Weingarten (RWU) im Mai 2021 um Notwehr gehandelt habe, weil er auf Missstände hatte aufmerksam machen wollen. Der Leiter des Instituts für Künstliche Intelligenz an der RWU hatte die Tat den Gerichtsangaben nach gestanden, bestritt aber die Strafbarkeit seines Handelns.

Aus Sicht des Gerichts hätte Ertel sein Ziel auch erreichen können, indem er die Versammlung einfach angemeldet hätte.

Veranstalter hat eine Versammlung grundsätzlich anzumelden

Der Strafrichter stellte dabei auf § 14 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes (VersG) ab, das im baden-württembergischen Ravensburg nach Art. 125a Grundgesetz (GG) gilt, weil die Landesregierung bisher noch kein separates Versammlungsgesetz für das Land erlassen hat. Danach sind Versammlungen bis spätestens 48 Stunden vorher bei der zuständigen Behörde anzumelden. Wird die Versammlung ohne Anmeldung durchgeführt, droht dem Veranstalter gem. § 26 Nr. 2 VersG eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Ertel hatte die Aktion zusammen mit Klimaaktivisten durchgeführt und unter anderem gefordert, dass die Heizungen in den Hörsälen an der RWU nicht mehr permanent laufen, sondern intelligent gesteuert werden sollen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm einen Verstoß gegen das VersG vor und beantragte einen Strafbefehl mit Geldstrafe, den das AG Ravensburg auch erließ. Weil Ertel Einspruch einlegte, kam es zur mündlichen Verhandlung vor dem AG Ravensburg*. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe von 5.000 Euro gefordert und hat nach Angaben des Gerichts bereits Berufung gegen die Entscheidung vom Dienstag eingelegt.

Abseits des Rechtsstreits hatte der Professor dagegen bereits einen kleinen Erfolg. Nach der Aktion erhielt Ertel einen Anruf von Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) - das Ministerium kündigte an, "Optimierungspotenziale" beim Energiemanagement an der Hochschule zu prüfen. Zudem baute die RWU nach eigenen Angaben eine intelligente Heizungssteuerung in einem Gebäude ein. Darüber hinaus soll die Hochschule laut Ministerium als eine von neun Hochschulen im Land noch in diesem Jahr einen Klimaschutzmanager bekommen – vor allem, um Einsparmöglichkeiten bei den Gebäuden zu nutzen.

*Hier hieß es ursprünglich, die Staatsanwaltschaft habe den Strafbefehl direkt an den Beschuldigten zugestellt. Diesen Fehler haben wir korrigiert. 

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

AG Ravensburg: Professor nach Klimaprotest zu Geldstrafe verurteilt . In: Legal Tribune Online, 19.04.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48183/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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