Neuregelung in der Corona-Arbeitsschutzverordnung: Pflicht zum Angebot, nicht zum Testen

Gastbeitrag von Dr. Michaela Felisiak und Dr. Dominik Sorber

14.04.2021

Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten künftig Schnelltests anbieten, wenn diese nicht zuhause arbeiten. Das impliziert aber keine Pflicht, sich testen zu lassen, erklären Michaela Felisiak und Dominik Sorber.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat am Dienstag die Änderungen zur Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) vorgestellt. Nach einem neu eingeführten § 5 Abs. 1 der Verordnung müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten, die nicht ausschließlich im Home-Office arbeiten, mindestens einmal pro Kalenderwoche Corona-Tests anbieten.  

Für Beschäftigte in Gemeinschaftsunterkünften, für solche, die unter klimatischen Bedingungen in geschlossenen Räumen arbeiten müssen, in Betrieben mit personennahen Dienstleistungen, solche, die aufgrund ihrer Tätigkeit mit anderen Personen Kontakt haben und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes von der anderen Person nicht erforderlich ist, sowie bei häufig wechselnden Kontakten müssen Arbeitgeber zwei Tests pro Woche anbieten.  

Diese Regelung bedeute jedoch keine Testpflicht für die Beschäftigten, sondern ein verpflichtendes Testangebot für Arbeitgeber. Arbeitnehmern steht es hingegen weiter grundsätzlich frei, das Angebot anzunehmen.  

Arbeitgeber können verschiedene Tests anbieten. Beispielsweise PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests. Je nach Testmethode sind die Tests von geschultem Personal (z.B. Betriebsärzte oder Apotheken) durchzuführen. Schnelltests, bei denen keine speziellen Kenntnisse erforderliche sind, sind von den Arbeitnehmern selbst durchzuführen. 

Keine Arbeitszeit aber Mitbestimmung  

Da es lediglich die Pflicht zum Angebot der Tests gibt, nicht aber eine zur Durchführung, handelt es sich für die Arbeitnehmer grundsätzlich um freiwillige Corona-Tests - und damit ist die für einen solchen Test aufgewendete Zeit keine Arbeitszeit. 

Selbst wenn einzelne Länder dem Beispiel Sachsen oder Berlin folgen sollten und in bestimmten Fällen eine verbindliche Testpflicht einführen, bliebe es bei diesem Ergebnis. Denn die Corona-Schnelltests sind sowohl im persönlichen Interesse des Mitarbeiters als auch im Interesse des Unternehmens sowie der Allgemeinheit. Damit gilt: Die Testzeit ist grundsätzlich nicht vom Arbeitgeber zu vergüten. 

Der Betriebsrat hat bei der Einführung von Corona-Schnelltests ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dieses ist dann eingeschränkt, wenn der Gesetzgeber keinen Regelungsspielraum bei der Umsetzung von Anordnungen belässt. Das heißt, je konkreter der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber Regelungen vorgibt, die durch den Arbeitgeber umzusetzen sind, desto weniger Raum verbleibt für die Mitbestimmung. 

Durchführungsort: Betrieb vs. zu Hause 

Die überarbeitete Corona-ArbSchV trifft keine Regelung, ob die Tests im Betrieb oder zu Hause durchzuführen sind. Die Umsetzung ist durch die Unternehmen zu organisieren.  

Unternehmen sind gut beraten, wenn sie die Testdurchführung unter das Motto "Vertraulichkeit" stellen. Es ist zu empfehlen, die Schnelltests zu Hause durchführen zu lassen. Damit steht auch die Entscheidung, dass nur solche Tests verwendet werden sollten, bei denen keine besonderen Kenntnisse erforderlich sind. Damit können aufwendige logistische Vorbereitungen und Umsetzungsmaßnahmen in den Unternehmen zumindest minimiert werden. Denn viel Zeit bleibt für die Umsetzung der Testpflicht, die bei Nichtdurchführung auch bußgeldbewährt ist, nicht.  

Speicherung der Daten 

Die Mitarbeiter sollten verpflichtet werden, positive Ergebnisse dem Arbeitgeber mitzuteilen. Auch hier gilt das Motto, je weniger Personen im Unternehmen von einem positiven Test Kenntnis erlangen, umso besser (für den Beschäftigtendatenschutz).  

Positive Testergebnisse sollten von Mitarbeitern zentralisiert an eine bestimmte Stelle im Unternehmen nachweisbar (per E-Mail oder Test-App) gemeldet werden. Diese Daten sind vertraulich zu speichern, zum Beispiel durch technische und organisatorische Maßnahmen (Zugriffs- und Berechtigungskonzept). Die Daten sollten nicht in der Personalakte gespeichert werden, sondern separat und besonders geschützt, etwa wie bei Daten zum betrieblichen Eingliederungsmanagement.  

Die zentrale Stelle im Unternehmen sollte bei positiven Testergebnissen den jeweiligen Vorgesetzten des Mitarbeiters nur darüber informieren, dass der betroffene Mitarbeiter seine Arbeit nicht antreten wird.  

Spätestens nach Ablauf von vier Monaten sollten die Daten gelöscht werden. 

Das positive Testergebnis 

Arbeitnehmer mit einem positiven Testergebnis müssen den Betrieb verlassen, weiteren Kontakt vermeiden und einen Hausarzt aufsuchen. Zudem sollten Arbeitgeber ihre Beschäftigten anweisen, sich nach einem positiven Selbsttest (z.B. per E-Mail) unverzüglich an das Gesundheitsamt zu wenden.  

In der Regel folgt darauf eine Standard-E-Mail, in der er aufgefordert wird, einen PCR-Test durchzuführen und sich bis dahin zu isolieren. Ab diesem Moment gilt der Arbeitnehmer als Verdachtsperson und der Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG greift.  

Selbst bei einem anschließenden negativen PCR-Test gilt die Zeit zwischen der Anordnung des Gesundheitsamtes und der Bekanntgabe des Ergebnisses als angeordnete Absonderung, so dass die Voraussetzungen des § 56 IfSG gegeben sind.  

Verweigerung zum Test 

Eine Testpflicht gibt es zwar nicht, doch im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung sind arbeitsrechtliche Sanktionsmaßnahmen gegen Testverweigerer erfolgversprechend durchführbar, wenn die individuellen Umstände des Unternehmens (örtliches und zeitliches Infektionsgeschehen) Schutzmaßnahmen, wie die Durchführung von Schnelltests, erforderlich machen.  

Insbesondere bei hohen Inzidenzwerten oder lokalen Infektionsgeschehen haben Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht hinsichtlich ihrer Arbeitnehmer nachzukommen und Ansteckungsrisiken soweit wie möglich zu minimieren. 

In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts Schnelltests anordnen. Testverweigerern kann der Zutritt zum Unternehmen versagt werden mit der Folge, dass sie ihren Anspruch auf Lohnzahlung verlieren, soweit sie ihre Tätigkeit nicht von zu Hause erbringen können.  

Der Verordnungsgeber hätte weitergehen können, als er dies mit der neuen Regelung getan hat. Wie in der Infektionsschutzverordnung des Landes Sachsen hätte eine befristete Testpflicht zumindest für bestimmte Arbeitnehmergruppen geregelt werden können.

Die Autoren sind Anwälte bei Beiten Burkhardt in München und Mitglieder der Praxisgruppe Arbeitsrecht. Sie beraten Ihre nationalen und internationalen Mandanten auf dem gesamten Gebiet des Arbeitsrechts.  

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Neuregelung in der Corona-Arbeitsschutzverordnung: Pflicht zum Angebot, nicht zum Testen . In: Legal Tribune Online, 14.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44721/ (abgerufen am: 28.04.2024 )

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