Schwerpunktstudium in einem Schloss? Das geht in Durham. Foto: immigrant1992/ Adobe Stock.
In fremde Rechtssysteme eintauchen
"Ich wollte selbstbewusster werden und über mich hinauswachsen. Um meine Grenzen auszutesten, habe ich mich für ein Schwerpunktstudium im Ausland entschieden", berichtet Sarah Kröning. Im fünften und sechsten Semester hat sie an der Universität Durham in Großbritannien studiert. "Die Uni hat einen guten Ruf, und England fand ich attraktiv, um meine Sprachkenntnisse auszubauen", begründet sie ihre Wahl. Der Fachbereich Rechtswissenschaft an der Freien Universität Berlin, an der Sarah Kröning studiert, unterhält Beziehungen zu mehr als 50 Partneruniversitäten in Europa und in Übersee.
Nicht an allen deutschen Universitäten haben Jurastudierende die Möglichkeit, ihren Schwerpunkt im Ausland zu absolvieren. So manch einer wechselt allein deswegen den Studienort. Wichtig dabei: den Uni-Wechsel frühzeitig angehen, weil die Studienordnungen für solch ein Vorhaben an jeder Hochschule anders sind. An der Humboldt-Universität zu Berlin zum Beispiel können Studierende zwischen Partnerunis in Paris, Dublin, London und Genf wählen. Die Universität Passau hat Partnerhochschulen in Toledo, Prag, Trient und Toulouse, und in Absprache mit den Koordinatoren können Studierende auch an einer selbst gewählten Hochschule ihren Schwerpunkt belegen. Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz bietet Schwerpunktprogramme in Kooperation mit Frankreich, Spanien, Italien und Glasgow an, wobei man in Frankreich und in Glasgow gleichzeitig einen LL.M. absolvieren kann. Drei Jurastudierende berichten von ihren Erfahrungen.
Zwei Semester im sonnigen Süden
Anna Schneiderbauer, Jurastudentin an der Uni Passau, hat sich für ihr Schwerpunktstudium Spanien ausgesucht, auch weil sie bereits die notwendigen Sprachkenntnisse hatte. "Ich wäre gern schon zu Schulzeiten ins Ausland gegangen, aber damals war das zu teuer. Daher habe ich mir bewusst eine Uni ausgesucht, die ihren Studierenden ein Auslandsjahr ermöglicht."
Während ihre Mitstudierenden an der Universität in Toledo einem festen Stundenplan folgen müssen, hatte Anna Schneiderbauer die freie Wahl unter allen angebotenen Vorlesungen zum spanischen Landesrecht. 40 ECTS-Punkte musste sie in zwei Semestern erreichen und dazu eine Seminararbeit schreiben, die als Schwerpunktarbeit angerechnet wird. "Ich habe mir einen Tutor gesucht, der mich bei meiner Arbeit über die spanische Verfassungsgeschichte begleitet hat", berichtet sie. Punktabzug wegen sprachlicher Fehler gab es für sie als ausländische Studentin nicht. Aber selbst, wenn die Note nicht so gut ausgefallen wäre, hätte sie die Möglichkeit gehabt, den Schwerpunkt in Deutschland zu wiederholen – es besteht kein Zwang, sich die Note aus dem Ausland anrechnen zu lassen. So halten es auch andere deutsche Universitäten.
Das britische Rechtssystem kennenlernen
Dass bei Sprachschnitzern von ausländischen Studierenden schon mal ein Auge zugedrückt wird, hat auch Sarah Kröning in Durham erlebt. "In einer Tutoriengruppe habe ich unter anderem gelernt, wie man in England mit Fußnoten umgeht, und Professoren haben mir in Sprechstunden Tipps fürs Essay-Schreiben gegeben“, erinnert sich die Studentin. "Es kam mir sehr zugute, dass es im Jurastudium in Deutschland viele lateinische Begriffe gibt, die im Englischen ähnlich sind. Da konnte ich mir viel aus dem Kontext erschließen."
Sarah Kröning hat sechs Kurse, vor allem zu Rechtsvergleichung und Völkerrecht, belegt und dort Klausuren geschrieben. Im Kurs für International Criminal Law hat sie eine juristische Arbeit verfasst. Alles zusammen ergab die Note für den Schwerpunkt.
Was sie aus dem Jahr in England mitgenommen hat? "Ich habe gelernt, wie anders man in Großbritannien mit dem Rechtssystem umgeht, und weiß dadurch die Herangehensweise in Deutschland umso mehr zu schätzen", so Sarah Krönings Fazit. "Das hat mir nochmal einen richtigen Motivationsschub für mein Studium gegeben." Aktuell überlegt sie, vor dem Beginn ihres Referendariats noch einen Master im Ausland zu machen oder eine Zeitlang dort zu arbeiten.
Schwerpunktstudium in Prag – nur in tschechischer Sprache
Sabina Magdolenova hat sich für ein Schwerpunktstudium im Prag entschieden. Das kommt nicht so häufig vor. Daher musste die Jurastudentin aus Passau vieles selbst mit den Koordinatoren und den Dozenten in Tschechien und in Deutschland klären, um das Schwerpunktstudium anerkannt zu bekommen. "Zum Glück spreche ich fließend Tschechisch, ansonsten wäre auch das Studium schwierig gewesen", berichtet die gebürtige Slowakin. Voraussetzung für das Schwerpunktstudium in Prag ist nämlich, dass nur Kurse in der Landessprache besucht werden. "Weil die juristische Sprache ganz anders ist als die Alltagssprache, habe ich mir extra ein Wörterbuch für Juristen zugelegt", erzählt Sabina Magdolenova. Zusätzlich hat sie viel Vokabular in ihrem Nebenjob in einer tschechischen Kanzlei gelernt.
Ungewöhnlich war für sie auch die Art des Studiums: Meist gibt es mündliche Prüfungen, vor denen die Studierenden umfangreiche Fragenkataloge bekommen, aus denen am Prüfungstag eine Handvoll Fragen ausgewählt werden. "In den Übungen haben wir kleinere Fälle bearbeitet als im Studium in Deutschland." Oft hat sie zu hören bekommen, dass das Schwerpunktstudium im Ausland ja ein Kinderspiel sei und man bessere Noten bekäme als zu Hause. "Das stimmt aber nicht“, betont die 26-Jährige. "Man muss genauso viel leisten – und hat zusätzlich den bürokratischen Aufwand, den ein Auslandsaufenthalt mit sich bringt.“ Ihr Wunsch: später einmal in einer Kanzlei zu arbeiten, die osteuropäische Mandanten betreut, oder sogar direkt nach Prag ziehen.
Auch für die spätere Karriere hilfreich
Auch für Anna Schneiderbauer haben sich aus dem Schwerpunktstudium in Spanien weitere Möglichkeiten eröffnet: Sie arbeitete zwei Monate bei einer Kanzlei in Palma de Mallorca und will jetzt einen Master in Madrid draufsetzen. “Bei Bewerbungen um ein Praktikum habe ich gemerkt, dass Kanzleien an Erfahrungen mit fremden Rechtsgebieten auf jeden Fall interessiert sind."
Die drei Studentinnen sind sich einig: Wer gern einmal im Ausland studieren möchte, sollte die Gelegenheit zum Schwerpunktstudium außerhalb von Deutschland nutzen. "Einfach trauen", raten sie. "Die Erfahrung kann einem niemand mehr nehmen.“ Und noch ein Tipp zur Finanzierung: Über ein Erasmus-Stipendium lässt sich meist ein großer Teil der Kosten decken. Auch über die Möglichkeiten des Auslands-BAföG sollten sich Interessierte informieren.
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