Interieur der Benko-Villa
Zwangsvollstreckung und -versteigerung

Benkos Sch­muck­stücke unterm Hammer

von Joschka Buchholz und Panos Athanasiadis2025 M06 18, Lesedauer: 5 Minuten

Das Luxusleben von René Benko zerfällt Stück für Stück: Derzeit wird das Interieur seiner Gardasee-Villa versteigert. Weil Zwangsvollstreckung gerne mal Thema im Examen ist, schauen wir uns an, was passiert, wenn Schuldner nicht zahlen.

Ein großer Designer-Esstisch, gemütliche Fauteuils und ein Gästebuch mit Einträgen von Berlusconi, Lauda und Turner: Das alles und noch viel kann derzeit ersteigert werden. Wie unter anderem Der Spiegel berichtet, wird das Inventar der einst vom "österreichischen Immobilienhasardeur" René Benko für Feiern und Geschäftstreffen genutzten "Villa Ansaldi" am Gardasee zwangsversteigert.

Benko war im Januar festgenommen worden und sitzt seither in Untersuchungshaft. Die österreichische Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) verdächtigt den 47-Jährigen, im Rahmen seines persönlichen Insolvenzverfahrens Vermögenswerte gegenüber Gläubigern und Behörden verheimlicht zu haben. Dabei geht es um Geld aus einer Familienstiftung sowie um teure Uhren und Waffen. Gegen Benko laufen in Österreich, Deutschland und Italien eine Reihe von Ermittlungen, unter anderem wegen mutmaßlichen Betrugs, Untreue und Bankrotts. Sein Anwalt hatte die Vorwürfe stets bestritten. 

Zu besseren Zeiten galt Benko als Multimilliardär und hatte mit seiner Signa-Gruppe ein großes Portfolio aufgebaut, zu dem auch die deutschen Kaufhausgruppen KaDeWe und Galeria sowie der Elbtower in Hamburg gehörten. Im Zuge steigender Zinsen, Energiepreise und Baukosten brach das verschachtelte Firmenkonstrukt zusammen, es bestehen Forderungen in Milliardenhöhe seitens der Benko-Gläubiger. Zwischenzeitlich wurde unter anderem das Berliner Bauprojekt "Upper West" bereits verkauft.

Laut dem Spiegel-Bericht lässt nun der Signa-Masseverwalter, der Wiener Rechtsanwalt Dr. Christof Stapf, das Inventar der "Villa Ansaldi" versteigern, um mehr Gläubiger befriedigen zu können. Bis zum 14. Juli kann noch online auf die 1.845 Exponate geboten werden.

Dem Bericht zufolge feierte Benko 2017 seinen 40. Geburtstag in der vierstöckigen Villa, das Grundstück verfügt weiterhin über zwölf Hektar Park, einen Hubschrauberlandeplatz und über Yacht-Liegeplätze. Es ist nicht die erste Aktion dieser Art: Schon die Einrichtung der einstigen Zentrale der Signa Holding auf der Wiener Freyung habe der Insolvenzverwalter "per Auktion verscherbelt", so der Spiegel.

Es zeigt sich: Benkos Fall macht international Schlagzeilen. Und weil Zwangsvollstreckung auch gerne mal Prüfungsstoff im Examen ist, schauen wir uns gleich einmal an, was passieren kann, wenn Schuldner nicht zahlen.

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Die Grundlagen der Zwangsvollstreckung

Bevor es direkt zur Zwangsversteigerung geht, sollte man etwas über den allgemeinen Ablauf der Zwangsvollstreckung in Deutschland wissen. 

Die Zwangsvollstreckung ist im 8. Buch der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Das Zwangsvollstreckungsverfahren ist der letzte Schritt im Zivilverfahren, es schließt sich prozessual dem Erkenntnisverfahren an. Im Erkenntnisverfahren wird darüber entschieden, ob eine Person gegen eine andere Person einen Anspruch hat. Es wird vorgetragen und bestritten, über Rechtsauffassungen, Einwendungen und Einreden diskutiert. In der Zwangsvollstreckung wird dagegen nicht mehr geredet, sondern gehandelt. Sie ist damit ein klarer Ausdruck des staatlichen Gewaltmonopols.

Nach dem gesetzlichen Leitbild findet die Zwangsvollstreckung aus Endurteilen statt, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt worden sind. Dies regelt § 704 ZPO. Allerdings kann sich ein Gläubiger auch aus anderen sogenannten Vollstreckungstiteln der staatlichen Gewalt zum Eintreiben seiner Forderungen bedienen. Diese sind in § 794 ZPO geregelt. Ein häufiger Fall bildet beispielsweise die Vollstreckung aus notariellen Urkunden nach § 794 Nr. 5 ZPO.

Das Zwangsvollstreckungsverfahren unterscheidet sich in seinen Einzelheiten danach, aus welcher Anspruchsart vollstreckt werden soll. Den häufigsten Fall bildet die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen. Allerdings kann auch wegen anderer Anspruchsarten vollstreckt werden: Das Gesetz kennt noch die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen bzw. zur Abgabe einer Willenserklärung. 

Bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen – um die es auch in Benkos Fall geht – muss man sich vorher noch fragen, worin vollstreckt wird. Möglich ist die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, in das unbewegliche Vermögen sowie in Forderungen und sonstigen Rechten.

Alle Arten der Zwangsvollstreckung haben die gemeinsam, dass es sich im Prinzip um ein zweiaktiges Verfahren handelt: Es wird gepfändet und es wird verwertet. Der Pfändungs- und der Verwertungsakt unterscheiden sich je nach Gegenstand der Zwangsvollstreckung. Während ein beweglicher Gegenstand – wie etwa der ornamentverzierte Spiegel von Benko – durch das Anbringen eines Pfandsiegels (umgangssprachlich auch "Kuckuck" genannt) auf dem Gegenstand selbst gepfändet wird, wird eine Forderung, etwa die Forderung eines Schuldners gegen seinen Arbeitgeber auf Lohnzahlung, mittels eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ("PfÜB") gepfändet.

Die Aufgaben des Zwangsvollstreckungsverfahrens werden durch unterschiedliche, im Gesetz näher bestimmte Vollstreckungsorgane durchgeführt. Je nach Art der Zwangsvollstreckung sind unterschiedliche Organe zuständig: der Gerichtsvollzieher, das Vollstreckungsgericht, das Prozessgericht der ersten Instanz und das Grundbuchamt.

Nach der Pfändung hat das zuständige Organ der Zwangsvollstreckung den Vollstreckungsgegenstand zu verwerten und mit dem Erlös die Geldforderung des Gläubigers zu befriedigen. Auch dort gibt es Unterschiede. Ein beweglicher Gegenstand wird versteigert, ein Grundstück dagegen kann auch vermietet oder verpachtet werden. Eine Forderung wird überwiesen. Einfach ausgedrückt: Die Sache, das Grundstück oder die Forderung werden zu Geld gemacht und dann an den Gläubiger gezahlt.

Die Details zur (Zwangs-)Versteigerung

Der Gerichtsvollzieher kann bewegliche Gegenstände öffentlich versteigern. Das Gesetz sieht in § 814 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit vor, vor Ort oder im Internet über eine Versteigerungsplattform zu versteigern. In Benkos Fall findet die Versteigerung online statt.

Die Versteigerung vor Ort erfolgt an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit, welche von dem Gerichtsvollzieher bestimmt werden, § 816 ZPO. Die Kauflustigen geben sodann Gebote ab. Der Meistbietende erhält nach einem dreimaligen Aufruf den Zuschlag, wodurch dann das Eigentum an der Sache kraft Hoheitsakt auf diesen übergeht. 

Um den Zuschlag zu bekommen, muss ein Bieter das Mindestgebot abgeben. Es soll mindestens die Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswertes der Sache betragen, § 817a Abs. 1 ZPO. Für die Versteigerung im Internet gelten prinzipiell die gleichen Regeln. Näheres regeln gem. § 814 Abs. 3 ZPO die Landesregierungen durch Rechtsverordnung. Die Versteigerungsplattform, die dafür genutzt wird, heißt justiz-auktion.de.

Umgangssprachlich hört und liest man oft von "Zwangsversteigerung". Wenn man juristisch präzise sein will, muss man aber aufpassen: Das Gesetz benutzt den Begriff "Zwangsversteigerung" nur für die Versteigerung unbeweglicher Gegenstände. § 869 ZPO regelt dabei, dass die Zwangsversteigerung durch ein besonderes Gesetz näher bestimmt wird – das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG). Auch im Insolvenzfall kann der Insolvenzverwalter die Zwangsversteigerung eines Grundstücks aus der Insolvenzmasse beim Gericht beantragen, § 165 Insolvenzordnung (InsO).

Zuständig für die Zwangsversteigerung sind die Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte (§ 35 ZVG i.V.m. § 764 Abs. 2 ZPO) und dort konkret die Rechtspfleger. Eine Zwangsversteigerung findet meist im Amtsgericht des Bezirkes statt, in dem sich die Immobilie befindet. Das Amtsgericht legt einen Termin fest, an dem die Immobilie zwangsversteigert wird. Die meisten Bundesländer veröffentlichen die Zwangsversteigerungstermine auf zvg-portal.de

An einer Zwangsversteigerung kann sich grundsätzlich jede Person beteiligen. Den Zuschlag erhält gemäß §§ 81ff. ZVG auch hier der Meistbietende. Mit dem Zuschlag geht das Eigentum an dem Grundstück sowie an den mitbeschlagnahmten Gegenständen (§§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG i.V.m. §§ 1120ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) durch staatlichen Hoheitsakt auf den Meistbietenden über. Der Zuschlagbeschluss hat zugleich die Wirkung eines Vollstreckungstitels (§ 93 ZVG), steht also etwa einem Endurteil gemäß § 704 ZPO gleich.

Wenn Ihr das alles so gewusst hättet, seid Ihr auf die mündliche Prüfung wohl bestens vorbereitet. Chapeau!

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