Spannende Praktikumsplätze für Jurastudium

Es muss nicht immer eine Kanzlei sein

von Sabine OlschnerLesedauer: 5 Minuten

Im Jurastudium sind Praktika Pflicht. Das bietet die Chance, spannende Orte kennenzulernen - auch abseits von Kanzleien, Behörden oder Gerichten. Hier kommen drei Vorschläge für besondere Einsatzorte während des Praktikums.

Semesterferien bedeuten für viele Studierende, den Klausurenstress hinter sich zu lassen, die Füße hochzulegen und acht bis zehn Wochen Freizeit zu genießen. Das gilt eher nicht für Jurastudierende. Die müssen in dieser Zeit nicht nur Hausarbeiten schreiben, sondern auch Pflichtpraktika ableisten. Was lästig klingt, bietet aber auch die Chance, wertvolle Einblicke in die juristische Praxis zu erhalten und die vielfältigen Karrieremöglichkeiten kennenzulernen. Hier drei Vorschläge für ein Praktikum etwas abseits der typischen Stationen bei Gericht, Behörden oder in der Kanzlei.

Anzeige

Vorschlag eins: eine Justizvollzugsanstalt 

Ein Gefängnis werden die meisten Jurastudierenden noch nie von innen gesehen haben. Ein Praktikum in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) ermöglicht es angehenden Juristinnen und Juristen aber, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. "Die Organisation einer JVA ist komplexer als viele es erwarten", weiß Gero Berkemeier, stellvertretender Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede. 

Jeweils zwei Praktikumsplätze stehen in Bielefeld im Frühjahr und im Herbst für Jurastudierende zur Verfügung. Wichtig ist Berkemeier bei der Bewerbung, dass sich Interessierte schon mit dem Thema Vollzugsrecht befasst haben und keine Berührungsängste mit dem Vollzug haben. "Bevor die Praktikantinnen und Praktikanten bei der Anstaltsleitung für juristische Aufgaben eingesetzt werden, lernen sie erst einmal die gesamte Anstalt kennen", erklärt der Jurist. Gut die Hälfte der sechswöchigen Praktikumszeit durchlaufen die Studierenden daher verschiedene Abteilungen der JVA: Sie verbringen unter anderem einen Tag im Hafthaus und begleiten die uniformierten Bediensteten. Sie schauen sich die Arbeit des pädagogischen Dienstes und die Krankenabteilung an, besuchen die Küche und den Fahrdienst, sind bei der Suchtberatung, im Werkbetrieb und bei der Zahlstelle zu Gast und begleiten die Zuständigen für den Gefangenensport.

"Am spannendsten finden die Praktikantinnen und Praktikanten den Einsatz im Hafthaus, wo sie Kontakt zu den Gefangenen haben, den Einsatz an der Pforte und im Besuchsdienst, wo sie mit Angehörigen zu tun haben, und den psychologischen Dienst, der mit den Gefangenen arbeitet", so Berkemeier. Er freut sich, wenn die jungen Menschen in ihrem Praktikum viele Fragen stellen, um die spezielle Welt des Systems Vollzug zu verstehen. Ihr juristisches Know-how können die Praktikantinnen und Praktikanten dann in den letzten zwei bis drei Wochen bei der Anstaltsleitung unter Beweis stellen: Sie bearbeiten Eingaben von Gefangenen oder ihren Anwälten, schreiben Stellungnahmen für gerichtliche Verfahren oder befassen sich mit juristischen Einzelfragen – etwa was mit Handys passiert, die in einer Zelle gefunden werden. 

"Am Ende gehen die meisten mit einem anderen Verständnis über eine JVA aus ihrem Praktikum heraus", sagt Berkemeier.

Vorschlag zwei: das Bundeskriminalamt

Über die Aufgaben während eines Praktikums beim Bundeskriminalamt (BKA) darf Kathrin Südmeyer, Referentin in der Personalbetreuung und zuständig für die Betreuung von Nachwuchskräften, gar nicht viel sagen. Denn vieles, was die Bundesoberbehörde macht, unterliegt der Geheimhaltung. Als international tätige Zentralstelle der deutschen Polizei führt das BKA Ermittlungen, forscht, entwickelt, analysiert und übernimmt Aufgaben im Bereich des Personenschutzes. 

Über 8.100 Mitarbeitende sind in elf Abteilungen tätig, beispielsweise in der Abteilung Cybercrime, die sich mit digitaler Verbrechensbekämpfung im Internet befasst, oder in der Abteilung "Schwere und Organisierte Kriminalität", in der es unter anderem um Gewalt-, Rauschgift oder Wirtschafts- und Finanzkriminalität geht. Auch das Kriminaltechnische Institut des BKA ist eine spannende Abteilung. Dort arbeiten Experten für die Sicherung, die Untersuchung und die Auswertung materieller Spuren im Zusammenhang mit geplanten, versuchten oder vollendeten Straftaten.

Die Praktikumseinsätze für Jurastudierende finden vorwiegend im Justiziariat statt, also in der Rechtsabteilung. "Im Zuge der Bewerbung müssen sich Interessenten einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen", berichtet Südmeyer. Wer sich gegen die vielen anderen Bewerber durchsetzt und einen der begehrten Praktikumsplätze ergattert, bekommt einen guten Einblick in die Arbeit des BKA. "In welchen Gebieten die Praktikantinnen und Praktikanten eingesetzt werden, besprechen sie mit ihrem Betreuer", sagt Südmeyer. In der Regel unterstützen sie die Anwälte der Behörde bei der Bearbeitung von Vorgängen, sind bei Teambesprechungen dabei und lernen auch die Schnittstellen des Justiziariats zu anderen Abteilungen kennen. 

"Die Betreuungsmöglichkeiten und -kapazitäten werden regelmäßig überprüft. In der Vergangenheit hatten angehende Juristen und Juristinnen auch schon das Glück, in den von ihnen gewünschten Bereichen in der ebenfalls sehr vielseitig tätigen Abteilung OE – das steht für Operative Einsatz- und Ermittlungsunterstützung - oder in dem Referat für Polizeirechtsfragen eine spannende Station abzuleisten", sagt Südmeyer. "Aus Gründen der Vertraulichkeit können wir den Studierenden nicht immer Einblick in alle Bereiche geben, aber wir garantieren Praktikantinnen und Praktikanten auf jeden Fall spannende Aufgaben und gewähren Einblicke in vielfältige juristische Karrieremöglichkeiten unserer Behörde", so die Referentin der Personalbetreuung.

Vorschlag drei: das ZDF

Jurastudentin Laura Kress war schon zu Beginn ihres Jurastudiums klar, dass sie später einmal journalistisch arbeiten will. Daher entschied sich die 23-Jährige für ein Praktikum beim ZDF. In der Redaktion Recht und Justiz befasste sie sich mit juristischen Themen für die Nachrichtensendungen, recherchierte aber auch Ratgeber-Themen. "Ich habe Artikel für die Website von ZDFheute geschrieben, zum Beispiel zum Thema Urlaubsansprüche oder über Voraussetzungen für das BAföG", erzählt die Jurastudentin. "Außerdem war ich bei wichtigen Verhandlungen vor den obersten Gerichtshöfen wie dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht dabei, über die später in den Nachrichtensendungen berichtet wurde." 

Am meisten Spaß hat es Laura Kress gemacht, nach den Verhandlungen mit dem ZDF-Kamerateam Interviews zu führen und sogenannte O-Töne einzuholen. Diese wurden später in den Beiträgen verwertet. "Meinen Kolleginnen und Kollegen, die alle Jura studiert haben, durfte ich im Schnittraum über die Schulter schauen, wenn sie die Beiträge geschnitten haben", erzählt die Jurastudentin. Ihre Kenntnisse aus dem Studium konnte Laura Kress gut anwenden, vor allem da sie sich an der Universität Heidelberg bereits mit Kriminologie beschäftigt hat. "Das Wissen über das Rechtsgebiet half mir zum Beispiel beim Verfassen von Beiträgen über die Vergütung von Gefangenen oder bei der Recherche zum Thema Jugendkriminalität." 

Mittlerweile absolviert Laura Kress bereits das nächste Praktikum bei einem Radiosender und arbeitet als freie Mitarbeiterin bei einer Lokalzeitung. Denn ihr Wunsch, Journalistin zu werden, hat sich nach dem Praktikum beim ZDF noch verstärkt.

Redaktioneller Hinweis: Übrigens kann man bei LTO ebenso ein Praktikum machen. Soll dem Vernehmen nach auch ganz cool sein. Bewerbungen bitte an redaktion@lto.de.

Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.

Thema:

Jurastudium

Verwandte Themen:
  • Jurastudium
  • Praktika
  • Journalismus

Teilen

Ähnliche Artikel

Newsletter