BGH zur geplanten Tax Law Clinic in Hannover

Stu­die­rende dürfen nicht im Steu­er­recht beraten

von Chiara Prestin und Marcel SchneiderLesedauer: 4 Minuten

Law Clinics gibt es in vielen Rechtsgebieten, in Hannover soll aber die erste entstehen, die auf Steuerrecht spezialisiert ist. Der BGH lässt eine entsprechende Vereinseintragung aber nicht zu, wie nun bekannt wurde. Geht es jetzt zum BVerfG?

Unentgeltliche Steuerberatung von Studierenden im Rahmen einer Tax Law Clinic ist nicht erlaubt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden und die Rechtsbeschwerde des Vereins "Tax Law Clinic Hannover" (e.V. in Gründung) als unbegründet zurückgewiesen (Beschl. v. 28.03.23, Az. II ZB 11/22). Die Entscheidung ist der nächste Meilenstein in einem seit Jahren andauernden Streit darüber, ob studentische Rechtsberatung speziell im Bereich des Steuerrechts erlaubt sein sollte. Sowohl Finanzbehörden als auch Gerichte verneinen das bisher.

Seit seiner Gründung im Jahr 2015 plant der Verein zur Förderung der Steuerrechtswissenschaft an der Leibniz Hannover (VFS Hannover) die Errichtung einer Tax Law Clinic, also einer unentgeltlichen Steuerrechtsberatung für Studierende durch Studierende unter der Anleitung von Rechtsanwältinnen und -anwälten sowie Steuerberaterinnen und -beratern. Ganz im Sinne der generellen Idee der Law Clinis sollen Studierende unter Anleitung von Profis selbstständig beraten und so eigene praktische Erfahrungen sammeln können. Um speziell die Tax Law Clinic zu ermöglichen, haben Mitglieder des VFS Hannover den separaten Verein "Tax Law Clinic Hannover" (e. V. in Gründung) gründen wollen, dessen Fall jetzt bis zum BGH gelangt ist.

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Ein spezielles Problem im Steuerrecht

Law Clinics gibt es an vielen juristischen Fakultäten und ihre Angebote werden gut angenommen. Diese Art der Rechtsberatung durch Studierende ist eigentlich auch kein rechtliches Problem, weil sie von § 6 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) gedeckt sind. Danach sind solche Rechtsberatungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erlaubt, wenn sie "unter der Anleitung eines Volljuristen erbracht" werden. Doch die Eintragung der "Tax Law Clinic Hannover" als Verein scheiterte. Das Amtsgericht Hannover hatte die Eintragung der Tax Law Clinic in das Vereinsregister nämlich abglehnt, das Oberlandesgericht Celle bestätigte diese Entscheidung. So sah es nun auch der BGH. Begründung: Das Steuerrecht stelle einen besonders sensiblen Bereich dar.

Das Problem, um das es geht, liegt also speziell im Steuerrecht. Anders als bei den Law Clinics in anderen Rechtsgebieten verstoße der Satzungszweck des klagenden Vereins gegen das Verbot der "unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen" nach § 5 des Steuerberatungsgesetztes (StBerG), auch eine Ausnahme von dem Verbot nach § 6 StBerG bestehe nicht. Nach dem StBerG gehören Studierende nicht zu demjenigen Personenkreis, der Rat in steuerrechtlichen Fragen erteilen darf. Entsprechend könne der Verein nicht eingetragen werden, weil seine Satzung gemäß § 134 BGB nichtig sei.

BGH: Verbot ist nicht verfassungswidrig

Vor dem BGH argumentierte der klagende Verein mit Verweis auf das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), nach dessen § 6 Abs. 2 es möglich sein müsse, dass die Studierenden in der Tax Law Clinic unter Anleitung von qualifizierten Personen, die der Verein mit den engagierten Anwälten, Steuerberaterinnen und auch Richtern aufweise, eine Rechtsberatung vornehmen. Doch der BGH hielt dem entgegen, dass das nicht entsprechend im Steuerrecht gelte, weil das StBerG Vorrang genieße. Das RDG schütze nämlich nur den Rechtssuchenden, das StBerG hingegen zusätzlich noch das allgmeine Steueraufkommen. Dieses sei gefährdet, wenn man die Beratung durch Studierende zuließe. Zwar handle es sich voraussichtlich um eher kleine Beträge in den einzelnen Fällen, in denen die Studierenden der Tax Law Clinic beraten würden. In der Masse erreichten diese aber ein relevantes Volumen, so der BGH.

Auch der Einwand des Vereins, dass das Verbot im StBerG verfassungswidrig sei, konnte den BGH nicht überzeugen. Er hat in seiner Entscheidung zwar die Frage aufgeworfen, ob das Verbot in § 5 StBerG nicht zu weitgehend sein könnte. Allerdings komme es auf die Klärung dieser Frage schon gar nicht an, so der BGH, da eine bloße Mitwirkung von Volljuristinnen und -juristen an der in einer Tax Law Clinic anfallenden Arbeit zu steuerrechtlichen Fragen nicht genug sei. Vielmehr müssten sie die Studierenden bei der Beratung ständig begleiten und beaufsichtigen, um den Anforderungen des komplexen Steuerrechts gerecht zu werden. Eine ständige Anleitung und Überwachung findet nach der generellen Idee der Law Clinics aber gerade nicht statt, weil sonst der Lerneffekt durch selbstständige Beratung ausbleibt.

Auch eine Verletzung des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit lehnte der BGH ab. Wissenschaftliche Forschung sei gerade nicht Gegenstand des Vereins, der Schutzbereich des Grundrechts also schon nicht eröffnet, erklärte das Gericht.

Der Verein in Gründung ist laut einer Mitteilung "weiterhin davon überzeugt, dass das weitgehende Verbot altruistischer Steuerrechtsberatung verfassungswidrig ist." Die Unterstellung, dass mit der Zulassung einer Tax Law Clinic das Steueraufkommen gefährdet sei, sei grotesk. Der Verein plane deshalb, gegen die Entscheidung des BGH Verfassungsbeschwerde einzulegen.

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