Das Bundeskartellamt
Fusionskontrolle, Kartellverfolgung und Missbrauchsaufsicht

Was machen Juristen im Bun­des­kar­tellamt?

von Hanna E. Weißer28. November 2025, Lesedauer: 5 Minuten

Amazon, Meta, Apple: viele große Verfahren in den vergangenen Jahren beim Bundeskartellamt. An welchen Stellen werden Volljuristen dort tätig – und welche Aufgaben haben sie?

Im vergangenen Jahr hat das Bundeskartellamt (BKartA) wegen verbotener Preisabsprachen Bußgelder in Höhe von insgesamt 26 Millionen Euro verhängt, im Jahr 2019 waren es sogar 848 Millionen Euro. Aufgabe des BKartA ist es, den fairen und freien Wettbewerb in Deutschland zu schützen. Neben der Verhängung von Bußgeldern stehen ihm dafür u.a. die Fusionskontrolle und die Missbrauchsaufsicht zur Verfügung, um zu verhindern, dass große Unternehmen ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen. Außerdem überprüft das BKartA die Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes. 

Das BKartA in Bonn ist eine eigenständige Bundesoberbehörde und gehört zum Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft und Energie. Etwa die Hälfte der dort beschäftigten 450 Personen hat einen rechts- oder wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund. In nahezu allen Abteilungen und Kammern arbeiten auch Juristen. Welche Aufgaben haben sie – und wie landet man beim BKartA? 

Beschlussabteilungen: Die "Gerichte" des BKartA 

Beim BKartA gibt es insgesamt 13 sogenannte Beschlussabteilungen, die jeweils thematisch spezialisiert sind, etwa auf E-Commerce und Internethandel, Medien und Sport oder Touristik und Gastgewerbe. Die Beschlussabteilungen treffen Entscheidungen über Kartelle, Zusammenschlüsse und missbräuchliche Verhaltensweisen. Dort geht es etwa um Verfahren gegen große Digitalkonzerne wie Meta und Apple, Unternehmensfusionen oder Verfahren gegen Kartelle. Die Beschlussabteilungen sind, ähnlich wie Gerichte, jeweils mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern besetzt. Alle Mitglieder der Abteilungen müssen entweder die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt haben, also Volljuristen sein.

Jeweils ein Beisitzer ist als Berichterstatter tätig, also erstverantwortlich für die Bearbeitung des Falles, der andere Beisitzer arbeitet ihm als "zweiter Mann" bzw. "zweite Frau" zu. In jeder Beschlussabteilung arbeiten in der Regel auch ein oder zwei Referenten, die die Entscheidungen in Stellungnahmen und Berichten vorbereiten und sowohl den Sachverhalt ermitteln als auch eine juristische Bewertung vornehmen.  

Die Beschlusskammern treffen ihre Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip. Dabei sind sie unabhängig und frei von politischen Weisungen der Behördenleitung oder des Bundeswirtschaftsministeriums, maßgeblich sind allein wettbewerbliche Kriterien. Für Jan M., der als Beisitzer arbeitet, ist diese Kombination von inhaltlicher Unabhängigkeit und großer wirtschaftlicher Bedeutung der Fälle das Besondere an der Tätigkeit in den Beschlussabteilungen: "Eine vergleichbar unabhängige Position mit großen Gestaltungsmöglichkeiten sehe ich für mich als Juristen weder in der Anwaltschaft noch in der sonstigen Verwaltung bzw. Justiz." 

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Die Prozessabteilung: Die "Anwälte" des BKartA 

Die Prozessabteilung führt die oft komplexen gerichtlichen Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, wenn es etwa um die Feststellung der marktübergreifenden Bedeutung für den Wettbewerb von Apple und Amazon geht. Das OLG Düsseldorf ist erstinstanzlich für Beschwerden gegen Entscheidungen des BKartA zuständig. Zudem berät die Prozessabteilung die Beschlussabteilungen bei speziellen prozessrechtlichen Fragen. 

Die Prozessabteilung umfasst auch die Sonderkommission Kartellbekämpfung (SKK), die die Beschlussabteilungen bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Durchsuchungen im Rahmen von Kartellverfahren unterstützt. Sie beantragt Durchsuchungsbeschlüsse und begleitet die Ermittlungen, aufgrund der oft internationalen Sachverhalte häufig in enger Abstimmung mit europäischen und internationalen Wettbewerbsbehörden. Neben Juristen arbeiten dort auch Ermittler, die früher etwa in Behörden wie dem BKA oder der Steuerfahndung beschäftigt waren.

Die Grundsatzabteilung: Beratung und Vertretung auf EU-Ebene 

Daneben gibt es beim BKartA auch die sogenannte Grundsatzabteilung. Diese berät die Beschlussabteilungen in kartellrechtlichen und ökonomischen Fragen, vertritt das Amt in Gremien der Europäischen Union und koordiniert die Zusammenarbeit mit ausländischen Wettbewerbsbehörden. Darüber hinaus begleitet sie Gesetzgebungsverfahren auf nationaler und europäischer Ebene.

Im Gegensatz zu den Beschlussabteilungen ermittelt die Grundsatzabteilung nicht selbstständig einen Sachverhalt, sondern bearbeitet Anfragen aus anderen Abteilungen mit rechtlichen oder wettbewerbspolitischen Fragestellungen.  "Während man in der Beschlussabteilung mit Ausnahme der fristgebundenen Fusionsverfahren in der Regel langfristig planbare Verwaltungsverfahren führt, fallen in der Grundsatzabteilung täglich eine Vielzahl kleinerer und größerer Anfragen mit teils sehr kurzer Rückmeldefrist an – wenn man morgens den Rechner hochfährt, weiß man nie, was der Tag bringt", sagt Isabel B., die derzeit Dezernentin in einer Beschlussabteilung ist. Zuvor war sie u.a. in der Grundsatzabteilung tätig.

Vergabekammern, Wettbewerbsregister und Zentralabteilung 

Auch in anderen Abteilungen des BKartA arbeiten Juristen. Die beiden Vergabekammern am BKartA überwachen die Einhaltung des Vergaberechts bei der Vergabe größerer Aufträge des Bundes, die die gesetzlichen Schwellenwerte überschreiten. Sie entscheiden in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern, einem hauptamtlichen und einem ehrenamtlichen. Der Vorsitzende und der hauptamtliche Beisitzer müssen jeweils Beamte auf Lebenszeit sein und mindestens die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst haben, einer der beiden muss zudem die Befähigung zum Richteramt haben.

Kai H., Abteilungsleiter des Wettbewerbsregisters, hat dieses Register mit aufgebaut. "Das Wettbewerbsregister ist, vereinfacht gesagt, ein digitales Informations-Tool. Staatliche Stellen, die z. B. ein Unternehmen für den Bau eines Bürogebäudes oder die Lieferung von IT-Hardware suchen, können so prüfen, ob ihre zukünftigen Vertragspartner etwa wegen Korruption oder Kartelldelikten auffällig geworden sind", erklärt er. So können auffällige Unternehmen vom Wettbewerb um öffentliche Aufträge ausgeschlossen werden. 

Die Juristen in der Zentralabteilung des BKartA arbeiten wie andere Inhouse-Juristen, beschäftigen sich also etwa mit Arbeitsrecht oder bei größeren Beschaffungen mit dem Vergaberecht. 

Die Juristenlaufbahn am BKartA 

Volljuristen im BKartA beginnen im Regelfall als Referenten in einer der Beschlussabteilungen. Nach etwa 1,5 bis 2,5 Jahren steht der Wechsel in eine andere Organisationseinheit an, etwa in die Grundsatzabteilung, die Prozessabteilung oder das Wettbewerbsregister. Die Dauer dieser Station ist individuell und kann variieren.

Nach diesem Exkurs geht die Tätigkeit in der Regel wieder in einer Beschlussabteilung weiter. Zudem können Juristen befristet als nationale Sachverständige bei der EU-Kommission in der Generaldirektion Wettbewerb in Brüssel eingesetzt werden, wo sie an europäischen Wettbewerbsverfahren mitwirken.

Die Tätigkeit wird in der Regel zu Beginn als Tarifbeschäftigte in der Entgeltgruppe 13 TVöD vergütet. Nach sechs Monaten können die Juristen bei entsprechender fachlicher Eignung auf Probe verbeamtet werden. Diese Probezeit dauert im Regalfall drei Jahre, danach folgt die Verbeamtung auf Lebenszeit. 

Überdurchschnittliche Examina, Englischkenntnisse und wirtschaftliches Verständnis 

Neben überdurchschnittlichen Examina – mindestens ein vollbefriedigend und ein befriedigend – sind sehr gute Englischkenntnisse für die Arbeit beim BKartA unerlässlich. Denn die Tätigkeit am BKartA ist nicht nur interdisziplinär und hat enge Bezüge zu den Wirtschaftswissenschaften, sondern ist angesichts der grenzüberschreitenden Sachverhalte häufig auch international. Bei der Bearbeitung der Verfahren arbeiten die Juristinnen und Juristen am BKartA eng mit internationalen Organisationen, etwa der OECD oder dem Internationalen Wettbewerbsnetzwerk (ICN) und den Wettbewerbsbehörden anderer (EU-)Staaten zusammen. 

Vorkenntnisse im Kartellrecht oder Wirtschaftsstrafrecht sind von Vorteil, wenn auch keine zwingende Voraussetzung. Unbedingt notwendig ist jedoch ein Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge und die Bereitschaft, sich in unterschiedliche Wirtschaftsbereiche einzuarbeiten. 

Wer die Tätigkeit beim BKartA frühzeitig kennenlernen will, kann das Pflichtpraktikum im Jurastudium oder eine Verwaltungs- oder Wahlstation als Referendar dort absolvieren. Referendare müssen dafür mindestens ein "Befriedigend" im ersten Staatsexamen mitbringen.

Hanna E. Weißer ist Volljuristin und promoviert derzeit am Institute for Law and Finance in Frankfurt am Main. 

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