Mitmachen erwünscht
Mit dem Referendariat beginnt die Zeit, die Praxis kennenzulernen. Gleichzeitig sollte man schon früh damit beginnen, sich auf das zweite Staatsexamen vorzubereiten. Dabei helfen vor allem die Arbeitsgemeinschaften (AGs), die ein fester Bestandteil des Referendariats sind. "Die Ausbildungsordnung der einzelnen Bundesländer legt genau fest, wie oft die Arbeitsgemeinschaften stattfinden und welche Inhalte sie haben", sagt Katrin Brüggmann, Staatsanwältin und AG-Leiterin in der Staatsanwaltschaft Rostock. In einem Bundesland sind AGs zum Beispiel einmal wöchentlich vorgesehen, in einem anderem finden sie "regelmäßig" oder teilweise auch als Blocklehrgang statt. "Wie das Ganze inhaltlich umgesetzt wird, ist jedem AG-Leiter selber überlassen", so Brüggmann. Die Inhalte orientieren sich an der jeweiligen Station – bis auf die Anwaltsstation, bei der alle drei Rechtsgebiete (Zivilrecht, Strafrecht und öffentliches Recht) noch einmal aus Anwaltssicht durchgenommen werden.
Zu Beginn einer jeden neuen Referendarsstation gibt es einen ein- bis vierwöchigen Einführungslehrgang, in dem die Referendarinnen und Referendare zunächst Grundsätzliches über das jeweilige Einsatzgebiet lernen. So bekommen sie schon einmal einen Überblick zu dem, was sie während der jeweiligen Station erwartet. In der Strafstation wird im Einführungslehrgang beispielsweise besprochen, welche Verfügung Staatsanwälte zu verfassen haben. In der Verwaltungsstation wird etwa der Aufbau der Verwaltung erläutert. In der Zivilstation lernen die Referendarinnen und Referendare unter anderem, wie eine Gerichtsakte aussieht.
Ziel: Vorbereitung auf Prüfungen
Auch auf Anforderungen an die Examensklausuren wird bereits in den Einführungsveranstaltungen eingegangen. In den AGs in den Folgewochen stehen dann Klausurtechnik und examensrelevante Inhalte im Vordergrund. "Vorrangiges Ziel der AGs ist es, auf die schriftlichen und mündlichen Prüfungen vorzubereiten", betont Siegmar Ade, Vorsitzender Richter am Landgericht Stuttgart und Ausbildungsleiter für die Referendarinnen und Referendare. Manche AG-Leitungen stellen Übungsklausuren, die in Echtzeit zu Hause geschrieben und anschließend besprochen werden. Andere händigen Fälle aus und lassen die AG-Teilnehmenden über Lösungen diskutieren. Manchmal besteht auch die Gelegenheit, an den Klausuren von Parallel-AGs teilzunehmen, um noch mehr Klausurpraxis zu bekommen. Manche der Klausuren sind Pflicht, andere sind freiwillig. In einigen Bundesländern werden die Klausurergebnisse auch im Stationszeugnis erwähnt. Florian Meuser, Ausbildungskoordinator für die AG-Leiter der Verwaltungsstation Hessen, lässt die Teilnehmenden seiner eigenen AG zudem als Vorbereitung auf die mündliche Prüfung regelmäßig Aktenvorträge halten. "Wenn man die Vorgänge lange genug wiederholt, gehen sie irgendwann in Fleisch und Blut über, was Prüflingen einen klaren Zeitvorsprung verschafft", ist Meuser überzeugt.
Aktive Teilnahme häufig erwartet
Wie viel Arbeit Referendarinnen und Referendare in die Vor- und Nachbereitung der AGs legen, ist natürlich jedem selbst überlassen. Doch wer sein Examen bestehen will, kommt ohnehin nicht darum herum, dafür zu lernen – warum also nicht die Arbeitsgemeinschaften dafür nutzen? Eine aktive Teilnahme an den Veranstaltungen wird häufig erwartet. "Ich lege großen Wert auf Beteiligung, weil man dadurch am meisten aufnimmt", betont Katrin Brüggmann. "Wenn die AG-Teilnehmer wissen, dass sie jeden Moment etwas gefragt werden können, konzentrieren sie sich mehr und driften nicht ab", so ihre Erfahrung. Florian Meuser fügt hinzu: "Eine AG lebt von der offenen Diskussion. Ergebnisse im Diskurs zu erarbeiten, ist spannend und kommt dem juristischen Beruf sehr nahe." Ein Vorteil von AGs ist dabei ihre kleine Größe: "Vor Hunderten von Mitstudierenden in den großen Hörsälen der Uni trauen sich viele nicht, sich zu melden, um eine Frage zu stellen", weiß Siegmar Ade. "Die kleinen AG-Gruppen bleiben hingegen wie eine Schulklasse die gesamten zwei Jahre des Referendariats zusammen, das schafft Vertrauen", ergänzt Cornelia Rank, Co-Ausbildungsleiterin und Vorsitzende Richterin am Landgericht Stuttgart. In solch einem Umfeld verschwindet schnell die Scheu, vor anderen zuzugeben, dass man etwas noch nicht verstanden hat.
Teilnahme verpflichtend
Die Teilnahme an den AGs ist verpflichtend und geht jedem anderen Dienst vor. Zum Beispiel dürfen Referendarinnen und Referendare nicht zeitgleich zu einer AG einem Sitzungsdienst zugeteilt werden. Eine Ausnahme von der Teilnahmepflicht gibt es jedoch: Wenn der Referendar oder die Referendarin im Ausland ist, zum Beispiel während der Verwaltungsstation. "Für diesen Zeitraum ist man von Besuchen der AGs freigestellt", erklärt Florian Meuser. "Wer sich in der Verwaltungsstation im Ausland aufhält, muss sich in Eigenverantwortung auf die examensrelevanten Inhalte im öffentlichen Recht vorbereiten."
Bindeglied zwischen den AG-Leitenden und den Teilnehmenden ist der AG-Sprecher beziehungsweise die -Sprecherin, die in der Regel bereits im ersten Einführungslehrgang von der Gruppe gewählt werden. Ihre Aufgaben sind weitestgehend administrativ: Sie informieren zum Beispiel die AG-Teilnehmenden über Raumverlegungen, Terminausfälle oder Veranstaltungshinweise. Oder sie treten als Sprachrohr der Gruppe auf: "Haben die AG-Teilnehmenden zum Beispiel bestimmte Wünsche oder Kritik am Unterricht, tritt damit der AG-Sprecher auf die AG-Leitung zu", sagt Siegmar Ade. In der Regel organisieren die AG-Sprecherinnen und -Sprecher und ihre Vertretungen auch die Kursfahrten, Stammtischeoder Ausflüge zu juristisch interessanten Orten, etwa zu einer Justizvollzugsanstalt oder zur Rechtsmedizin.
Insgesamt ist die Vorbereitung auf das Examen in den Arbeitsgemeinschaften sicherlich noch intensiver als das Studium. "Man kann als AG-Leitung aktiv mit den Einzelnen arbeiten", sagt Katrin Brüggmann. Sie möchte die Referendarinnen und Referendare dazu ermuntern, den AG-Leitungen zu Beginn einer neue AG zu sagen, was sie sich von den Treffen erwarten. "Jeder soll etwas beitragen, aber auch etwas aus den AGs mitnehmen", ist ihr erklärtes Ziel.
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2025 M03 28
Referendariat
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