Die juristische Presseschau vom 16. Dezember 2015: Zschäpes Weih­nachts­pause / Recht auf Kon­fron­ta­tion / Frei­spruch für Le Pen

16.12.2015

Recht in der Welt

ICTY – Stanisic/Simatovic: Wie die BadZ (Christian Rath) berichtet hat das UN-Jugoslawien-Tribunal in Den Haag in zweiter Instanz den Freispruch für Jovica Stanisic, den ehemaligen Chef des serbischen Geheimdienstes, wegen schwerer rechtlicher Fehler aufgehoben. Der Prozess muss nun neu aufgerollt werden. Stanisic, einst enger Vertrauter Milosevics und sein Mitarbeiter Franko Simatovic wurden direkt nach der Urteilsverkündung festgenommen. Sie werden der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Zehntausenden Muslimen und Kroaten in Bosnien-Herzegowina und Kroatien von 1991 bis 1995 beschuldigt. Stanisic und Simatovic waren jedoch 2013 von allen Anklagepunkten freigesprochen worden, da eine entsprechende Absicht nicht nachgewiesen werden konnte.

Frankreich – Le Pen: Die rechtsextreme französische Politikerin Marine Le Pen (Vorsitzende des Front National) ist in einem Prozess um islamkritische Äußerungen freigesprochen worden. Nach Ansicht der Richter habe sie nicht zu Diskriminierung, Gewalt oder Hass gegen Muslime aufgerufen. Le Pen hatte Ende 2010 Gebete von Muslimen mit der NS-Besatzung Frankreichs verglichen, so die FAZ (Michaela Wiegel) und spiegel.de. Auch die Staatsanwaltschaft forderte einen Freispruch, da die Politikerin "von einer Minderheit" gesprochen habe und nicht von der gesamten muslimischen Gemeinschaft; sie habe lediglich "ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt."

Saudi-Arabien – Menschenrechte: Thema des Tages ist in der SZ (Paul-Anton Krüger), sowie SZ (Paul-Anton Kruger) die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien, der Prozess gegen den saudischen Blogger Raif Badawi und der Kampf seiner Ehefrau Ensaf Haidar für seine Freiheit. Im Januar war Badawi 50 Mal öffentlich geschlagen worden. Damit wurde ein Urteil vollstreckt, das auf 1.000 Schläge lautet – neben zehn Jahren Haft, zehn Jahren Reiseverbot und einer Geldstrafe von 250.000 Euro.

Europäische Anti-Korruptions-Behörde – VW: Wie die SZ (Alexander Mühlauer) weiß, ermittelt das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung gegen Volkswagen. Dabei gehe es um die Frage, ob Volkswagen EU-Mittel für Forschung und Entwicklung umweltfreundlicher Motoren zweckentfremdet und damit möglicherweise rechtswidrig eingesetzt habe.

USA – Militärgericht: Wie zeit.de und die FAZ (Andreas Ross) schreiben, droht dem US-Soldaten Bergdahl, der fünf Jahre lang Gefangener der Taliban in Afghanistan war, eine lebenslange Haftstrafe in den USA. Er kommt wegen des Vorwurfs der Fahnenflucht und des unpassenden Umgangs mit dem Feind vor das Militärgericht. Bergdahl war 2009 von den Taliban entführt worden, nachdem er sich von seiner Einheit entfernt hatte. Er wurde gegen mehrere Gefangene aus dem US-Lager Guantanamo ausgetauscht.

Russland – EGMR-Urteile: Der russische Präsident Wladimir Putin hat nun ein Gesetz unterzeichnet, wonach Russland Entscheidungen des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte außer Kraft setzen könne, so spiegel.de.

Sonstiges

Task Force: Bundesjustizminister Heiko Mass hat sich mit Facebook, Twitter, YouTube und Google auf Maßnahmen gegen Hasskommentare geeinigt, darüber schreiben unter anderem lto.de (Constantin van Lijnden), zeit.de, die SZ (Stefan Braun) und die Welt (Thorsten Jungholt/Claus Christian Malzahn). So gelte deutsches Recht beim Vorgehen gegen Hassparolen und nicht die eigenen "Community-Guidelines". Außerdem sei vereinbart worden, dass rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu prüfen und gegebenenfalls zu entfernen sind. Die sozialen Plattformen müssen Möglichkeiten zum einfachen Melden von Hassbotschaften einrichten.

Johannes Boie (SZ) meint, das Ergebnis der Task Force könne man mit den Worten "Alles bleibt beim Alten" zusammenfassen. Außerdem würden Facebook und Google das ganze Leben digitalisieren, so eben auch "die Stammtische der Nation." Reinhard Müller (FAZ) zeige schon das Verfahren zur Einigung, die "wahren Machtverhältnisse: Mit transnationalen Großkonzernen verhandelt die demokratisch legitimierte Regierung über die Durchsetzung des nationalen Rechts." Außerdem befürwortet er den Vorstoß der EU-Kommission ein Mindestalter von 16 Jahren für die "eher asozialen Netzwerke" vorzusehen.

Das Letzte zum Schluss

Na oder Ja?: Eine Radfahrerin aus Münster wehrte sich vor dem Amtsgericht München gegen einen Bußgeldbescheid, weil sie in München bei Rot mit dem Rad über eine Ampel gefahren ist. Angeblich habe sie einen bayerischen Polizisten nicht richtig verstanden. Sie fragte den Polizisten bei roter Auto-Ampel und grüner Fußgänger-Ampel, ob Radfahrer denn weiterfahren dürften. Dieser antwortete im Dialekt mit "Na". Sie verstand aber "Ja" und fuhr los, so justillon.de.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ps

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. Dezember 2015: Zschäpes Weihnachtspause / Recht auf Konfrontation / Freispruch für Le Pen . In: Legal Tribune Online, 16.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17874/ (abgerufen am: 18.05.2024 )

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