Die juristische Presseschau vom 23. bis 25. April 2016: Frei­sprüche für Banker? / Mer­kels Jus­tiz­irrtum / Blöde Böh­m­er­mann-Ana­lyse erlaubt

25.04.2016

Justiz

"Frau Merkels Justizirrtum": Patrick Bahners (Montags-FAZ) kritisiert den Wertungswiderspruch im Fall Böhmermann, einerseits gemäß § 104a Strafgesetzbuch die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu erteilen, andererseits aber eine Abschaffung des § 103 Strafgesetzbuch anzukündigen. Eine Berufung Merkels auf das Gebot der Gewaltenteilung greife nicht durch, das Gesetz sehe ja gerade eine den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen vorgehende politische Entscheidung vor. Die erteilte Ermächtigung sei übrigens, so schließt Bahners, widerrufbar.

BVerwG zu Beamtenrecht in B-W: Nach Baden-Württembergischem Disziplinarrecht entfalten nicht nur – wie im Bund und anderen Ländern – Gerichtsentscheidungen bindende Wirkung im gerichtlichen Disziplinarverfahren, sondern auch bestandskräftige Bescheide. Ebenfalls abweichend von sonstigem Disziplinarrecht sind Entlassungen durch Behördenbescheid zulässig. Beide Regelungen hielt das Bundesverwaltungsgericht in Entscheidungen vom vergangenen Donnerstag nicht für verfassungswidrig, wie Rechtsanwalt Frank Wieland auf lto.de berichtet.

BAG zu Kündigung bei Schwerbehinderung: Treten bei schwerbehinderten Menschen Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis auf, sind frühzeitig Schwerbehindertenvertretung, Betriebs- oder Personalrat und das Integrationsamt einzuschalten, um Beratung und Unterstützung zur langfristigen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu leisten. Dieses sogenannte Präventionsverfahren findet jedoch bei Kündigung innerhalb der Probezeit keine Anwendung, wie das Bundesarbeitsgericht entschied. Rechtsanwalt Robert Hotstegs setzt sich auf lto.de mit der Entscheidung auseinander.

OVG Koblenz zu Racial Profiling: Lässt es sich bei einem Bündel von Motiven nicht ausschließen, dass die Hautfarbe tragendes Kriterium für eine Kontrolle war, liegt ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vor. So das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in einem Grundsatzurteil, berichtet lawblog.de (Udo Vetter).

LG Köln – Einigung zwischen Zwanziger und Netzer: Laut spiegel.de haben sich Günther Netzer und Theo Zwanziger noch außergerichtlich unter vier Augen einigen können. Netzer hatte gegen Zwanziger vor dem Landgericht Köln auf Unterlassung geklagt: Zwanziger hatte behauptet, Netzer habe ihm bei einem Treffen berichtet, dass für die Vergabe der Fußball-WM 2006 an Deutschland vier asiatische Stimmen gekauft worden seien. Der für diesen Mittwoch geplante Verhandlungstermin sei aufgehoben.

OLG München – OSS: Vor dem Oberlandesgericht München beginnt am Mittwoch der Prozess gegen vier Mitglieder der "Oldschool Society", einer Gruppe, die sich aus einem rechtsextremen Chat heraus entwickelte und mutmaßlich Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte plante. Dazu berichtet die WamS (Florian Flade).

AG München zu Wohnungsüberbelegung: Einem Mann, der mit Ehefrau und zwei kleinen Kindern in einer 26 Quadratmeter großen Wohnung lebte wurde wegen Überbelegung gekündigt. Laut Mietvertrag durfte nur seine Ehefrau bei ihm wohnen und er war der Aufforderung, die Anzahl der Bewohner zu reduzieren nicht gefolgt. Das Amtsgericht München erklärte die Kündigung für rechtmäßig, meldet lto.de.

VG Bayreuth – Asylverfahren: Der Focus (Herbert Weber) beschreibt die Arbeit in Asylverfahren am kleinsten Verwaltungsgericht Deutschlands in Bayreuth. Alle zwei Wochen findet ein Schwerpunkttag Asyl statt und im Halbstundentakt verhandeln 17 Richter Abschiebeklagen.

LG Düsseldorf – Reker-Attentat: Im Prozess vor dem Landgericht Düsseldorf hat der Angeklagte gestanden, die heutige Kölner Oberbürgermeisterin mit einem großen Messer angegriffen zu haben. Einen Tötungsvorsatz verneinte er jedoch, er habe "ein Zeichen" setzen wollen, berichten Samstags-FAZ (Reiner Burger) und spiegel.de (Beate Lakotta).

LG Detmold – Auschwitz-Prozess: Im Detmolder Auschwitz-Prozess erläuterte ein historischer Gutachter die Arbeit der Kompanie des bisher schweigenden Angeklagten an der sogenannten Rampe im Konzentrationslager. Er halte es für wahrscheinlich, dass auch der Angeklagte dort eingesetzt war, berichtet spiegel.de.

LG Stuttgart – Schlecker: Das Landgericht Stuttgart hat über die Eröffnung des Verfahrens gegen Anton Schlecker wegen Insolvenzverschleppung zu entscheiden. Mit 270 Seiten Anklageschrift und 204 Leitz-Ordnern an Ermittlungsakten kann das bis 2017 dauern, schreibt die WamS (Hannelore Crolly/Michael Grassmann) in einem Bericht über Ehingen, den Ort der ehemaligen Konzernzentrale, nach der Pleite.

AG Tiergarten – "S-Bahn-Urinierer": Der Mann, dem unter anderem vorgeworfen wird, auf eine nicht deutsch anmutende Mutter mit zwei Kindern in der Berliner S-Bahn uriniert zu haben, verneint dies. Die übrigen Vorwürfe räumt er ein. Die Hose soll ihm jedoch versehentlich herabgerutscht sein und uriniert habe er nicht. Am Dienstag wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten erwartet, berichtet die Samstags-taz (Uta Eisenhardt).

BAW – Gruppe-Freital: Der Spiegel (Steffen Winter) schreibt über die "Gruppe-Freital", die ihnen zugeschriebenen Anschläge und die Arbeit der Ermittlungsbehörden. Es könnte einen verdeckten Ermittler in der Gruppe gegeben haben. Was die zunächst zuständige Staatsanwaltschaft als Einschüchterung bewertete und vor dem Amtsgericht verhandeln wollte, sieht die Bundesanwaltschaft als versuchten Mord.

StA Schwerin – LKA-Korruption: Ein LKA-Beamter aus Mecklenburg-Vorpommern soll dienstliche Informationen an eine Unternehmensberaterin aus Berlin verkauft haben, die ihrerseits mit entsprechenden Informationen Handel treiben soll. Bundesweit werde ermittelt, inwieweit sie in weiteren Fällen Verkäufer gefunden hat. Laut spiegel.de ergingen gegen beide Haftbefehle.

StA Stuttgart – Abgasaffäre: Eine Anwaltskanzlei hat Verantwortliche der Bosch GmbH bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen Lieferung von Motorsteuerungen mit "Schummelsoftware" an verschiedene Autohersteller angezeigt, berichtet focus.de. Ermittelt werden solle "wegen des Verdachts der Mittäterschaft oder der Beihilfe zur Luftverunreinigung nach § 325 StGB in mittelbarer Täterschaft, der Körperverletzung nach § 223 StGB und des Betruges nach § 263 StGB", wird die Anzeige zitiert.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. bis 25. April 2016: Freisprüche für Banker? / Merkels Justizirrtum / Blöde Böhmermann-Analyse erlaubt . In: Legal Tribune Online, 25.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19188/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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