Die juristische Presseschau vom 15. August 2023: Trump auch in Georgia ange­klagt / Kein Waf­fen­verbot für AfD-Mit­g­lieder / SH besch­ließt Juristen-Aus­bil­dungs-VO

15.08.2023

Geschworene in Georgia haben eine neue Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump zugelassen. Das VG Gera gab AfD-Mitglied Eilrechtsschutz gegen Widerruf der Waffenerlaubnis. Die Juristenausbildungs-VO in Schleswig-Holstein kommt. 

Thema des Tages

USA - Trump/Wahlbeeinflussung in Georgia: Nun wird Ex-Präsident Donald Trump auch im US-Staat Georgia wegen Beeinflussung der Präsidentschaftswahl angeklagt. Insgesamt sind 18 Personen angeklagt, darunter auch Trumps Anwalt Rudy Giuliani. Ein Geschworenen-Gremium in Georgia hatte die 98-seitige Anklage am Montagabend (Ortszeit) zugelassen. Es ist die vierte Anklage gegen Trump. spiegel.de berichtet.

Rechtspolitik

Justizminister Buschmann: Die FAZ (Helene Bubrowski) berichtet über die wachsende Kritik an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Während der Deutsche Richterbund Buschmann vorwirft, dieser "verhalte sich nicht wie ein Minister der Justiz, sondern ein Minister der Anwaltschaft", kritisierte die EU-Kommission vor der Sommerpause die Lage der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland. So sei die Justiz immer noch unterbesetzt und es gebe nach wie vor das Weisungsrecht von Justizminister:innen gegenüber Staatsanwaltschaften. 

Namen: Der Gesetzesentwurf zur Reform des Namensrechts soll noch diesen Monat vom Bundeskabinett beschlossen werden. Dies teilte das Bundesjustizministerium nach Bericht der taz mit. Durch die Reform soll ermöglicht werden, Doppelnamen für alle Ehegatten und Kinder zu bilden, was bisher nicht möglich war. Das sogenannte "Meshing", also die Verschmelzung zweier Nachnamen wird jedoch nicht ermöglicht.

Bürokratieentlastung: Wie nun auch die FAZ berichtet, will das Bundesjustizministerium als Teil eines Bürokratieentlastungsgesetzes die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf sieben Jahre verkürzen. Dieser Vorschlag sei Teil eines umfangreicheren Vorhabens, welches auch Vereinfachungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und des Nachweisgesetzes umfassen könnte. 

Johannes Pennekamp (FAZ) meint, eine wahre Entlastung für Unternehmen würde eher die komplette Abschaffung bestimmter Dokumentationspflichten erreichen. Weiter kritisiert der Autor, dass die Ampelkoalition selbst für das Lieferkettengesetz und die Verschärfung des Nachweisgesetzes mitverantwortlich gewesen sei und diese Gesetze nun wieder ändern wolle.

StGB/Unfallflucht: Nun berichtet auch LTO, dass Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) seinen Vorschlag, Unfallfluchten ohne Personenschaden künftig als Ordnungswidrigkeit einzustufen, verteidigt hat.

ESG-Berichterstattung: Rechtsanwalt Hendric Stolzenberg gibt im Expertenforum Arbeitsrecht einen Überblick über die delegierte Verordnung der EU-Kommission für das Set 1 der European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die am 31. Juli veröffentlicht wurde. Der Autor wirft dabei einen besonderen Blick auf die Änderungen im Arbeitsrecht. Im Vergleich zu den 2022 veröffentlichten Entwürfen der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) sieht die Kommission weniger strenge Anforderungen vor, die Verordnung werde jedoch "Unternehmen vor Herausforderungen stellen." 

Justiz

VG Gera zu AfD-Mitglieder und Waffen: Die Waffenerlaubnis eines Thüringer Sportschützen durfte nicht deshalb widerrufen werden, weil er AfD-Mitglied ist. Dies entschied das Verwaltungsgericht Gera im einstweiligen Rechtsschutz laut LTO. Zwar hatte der Thüringer Verfassungsschutz den AfD-Landesverband als gesichert extremistische Bestrebung eingestuft. Doch"weder aus dem Vermerk des Verfassungsschutzes noch aus dem Verfassungsschutzbericht 2021" folge die "Verfassungsfeindlichkeit des gesamten Landesverbandes der AfD Thüringen". Auch die vom Thüringer Landesverwaltungsamt bejahte Verfassungstreue des AfD-Landrats Robert Sesselmann spreche gegen eine Verfassungsfeindlichkeit des gesamten Landesverbandes. Waffenrechtlich könne daher nicht jedes AfD-Mitglied als Extremist behandelt werden.

BGH zu Energiecharta: Die FAZ (Marcus Jung) berichtet über Kritik an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs von Ende Juli, dass EU-Unternehmen keine Schiedsverfahren nach dem Energiecharta-Vertrag gegen EU-Staaten einleiten dürfen. Dies verringere das Vertrauen in den Standort Deutschland und Europa. Die meisten Investorenklagen auf Grundlage des Energiecharta-Vertrags kämen aus der Solarbranche. Der Investorenschutz nütze also der Energiewende.

BAG zu Mitbestimmung in der SE: beck-aktuell (Joachim Jahn) berichtet über die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Mitbestimmung in der Societas Europaea (SE). Die Richter entschieden, dass die Arbeitnehmervertreter:innen im Kontrollgremium der SE mit dualistischem System, die von Gewerkschaften bestimmt werden, auch nach dem Wechsel der Rechtsform in einem separaten Wahlgang gewählt werden müssen. Das BAG setzte damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes um, welches vorgab, dass nach der Umwandlung in die SE zumindest das gleiche Niveau an Mitbestimmung bestehen müsste, wie vorher. 

OLG Karlsruhe zu Auslieferung nach Großbritannien: LTO (Christian Rath) beleuchtet einen Beschluss des OLG Karlsruhe von März, wonach ein albanischer Staatsbürger, der in Großbritannien lebte und dort mit Kokain gehandelt und Geldwäsche betrieben haben soll, trotz internationalen Haftbefehls von Deutschland "zunächst nicht" nach Großbritannien ausgeliefert werden darf. Die britischen Behörden hatten nicht die vom OLG angeforderten Garantien für menschenwürdige Haftbedingungen abgegeben.

OLG Bamberg – Corona-Impfschäden: In einem Hinweisbeschluss hat das Oberlandesgericht Bamberg eine Weichenstellung im Prozess einer Impfgeschädigten gegen AstraZeneca vorgenommen. Die Frau, die am 10. März 2021 geimpft worden war, verlangt u.a. 250.000 Euro Schmerzensgeld vom Impfstoffhersteller, nachdem sie infolge der Impfung mit dem Covid-19-Vakzin an einer Darmvenenthrombose schwer erkrankt war. Das OLG Bamberg akzeptierte zwar die Wertung der Vorinstanz, dass kein Produktfehler vorliege, weil der gesamtgesellschaftliche Nutzen der Impfung die Risiken überwiege. Anders als die Vorinstanz will das OLG aber die Frage näher prüfen, ob ein Informationsfehler vorlag. Ein Gutachten soll klären, ob AstraZeneca bereits am 10. März 2021 über ein erhöhtes Thrombosenrisiko für Unter-50-Jährige hätte informieren müssen, obwohl die Behörden dies erst am 18. März 2021 feststellten. Der Anwalt der Klägerin bezeichnete den Beschluss als Teilerfolg. Es berichten FAZ (Kim Björn Becker), taz (Manuela Heim), RND (Christian Rath) und LTO (Max Kolter).

Jürgen Klöckner (HBl) nimmt den Beschluss des OLG zum Anlass, um sich mit der Frage der Haftung bei Impfschäden allgemein auseinanderzusetzen.

LG Düsseldorf - Corona-Impfstoffpatente: An diesem Dienstag verhandelt das Landgericht Düsseldorf über die Klage des Impfstoffherstellers Curevac gegen Biontech wegen Patentrechtsverletzungen. Der Gründer von Curevac Ingmar Hoerr gilt als Entdecker der Messenger-RNA-Technologie, auf denen die Impfstoffe von Biontech basieren. Durch die Herstellung seines Impfstoffes soll Biontech Patente aus einem Zeitraum von 20 Jahren verletzt haben. Die FAZ (Vanessa Trzewik) berichtet. 

VG Berlin zur Schulplatzvergabe: Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einem Eilverfahren entscheiden, dass die Vergabe der Schulplätze an zwei internationalen Schulen in Berlin für die Jahre 2023/2024 voraussichtlich rechtswidrig gewesen ist. Die Bildungsverwaltung hatte in der Verordnung, die die Platzvergabe regelt, eine neue Bewerbergruppe der Kinder aus "international mobilen Familien" definiert. Dies sei jedoch ohne Ermächtigungsgrundlage und unter Verletzung des Rechts auf ein faires und transparentes Verfahren geschehen, so das Gericht. Es berichten taz und LTO.

AG Wiesbaden zu SPD-MdL Weiß: Der hessische SPD-Landtagsabgeordnete Marius Weiß ist wegen Fälschung eines Parkausweises zu 80 Tagessätzen à 160 Euro verurteilt worden. Dies entschied das Amtsgericht Wiesbaden laut FAZ (Ewald Hetrodt). Der Politiker hatte eine Fälschung seines Parkausweises angefertigt, um diese seiner Ehefrau zu überlassen. 

Personalmangel in der Justiz: Aufgrund von Personalmangel bei den nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften kommt es zu einem starken Anstieg unbearbeiteter Ermittlungsverfahren und zu Entlassungen aus der Untersuchungshaft. Aktuell sind 120 Stellen in NRW unbesetzt und es gab Stand Ende März 226.000 unerledigte Ermittlungsverfahren. Der Deutsche Richterbund warnt aufgrund anstehender Pensionierungen vor einer weiteren Verschärfung der Lage, wie LTO berichtet. 

Recht in der Welt

USA – Klimaklage in Montana: Junge Umweltaktivist:innen haben den US-Bundesstaat Montana erfolgreich verklagt. Ein Gericht des Staates erklärte ein Gesetz, das Behörden bei Genehmigungen von Erdöl- und Erdgasprojekten vorschreibt, Umweltbelange nicht zu beachten, für verfassungswidrig, da es das verfassungsmäßige Recht der Kläger auf eine saubere und gesunde Umwelt verletzte. spiegel.de und die Welt berichten. 

Indien – Wahlkommission: Anmol Jain kritisiert auf dem Verfassungsblog (in englischer Sprache) das Vorhaben der indischen Regierung, die Besetzung der Wahlkommission neu zu regeln. Den Plan, die Kommission mit Mitgliedern der Exekutive zu besetzen, bezeichnet der Autor als "Angriff auf die indische Demokratie." Es sei nun am indischen Supreme Court über die Pläne der Regierung zu entscheiden. 

Schweiz – Credit Suisse: Die Schweizer Bank UBS sieht sich nach der Übernahme der Bank Credit Suisse einer Klagewelle gegenüber. Nach Bericht der FAZ (Johannes Ritter) wehren sich viele Aktionär:innen gegen ein aus ihrer Sicht unzureichendes Umtauschverhältnis. 

Für Johannes Ritter (FAZ) kommt die Klagewelle wenig überraschend. Die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sei "mit heißer Nadel gestrickt". Der Autor kritisiert auch das Fehlen eines Bewertungsgutachtens.  

Kroatien - Ladenschlussgesetz: Die FAZ berichtet über ein neues Gesetz zum Sonntagsladenschluss in Kroatien, das zu langen Schlangen vor Geschäften in Bahnhöfen und Tankstellen geführt hat, die als Einzige von dem Gesetz ausgenommen sind. Viele kroatische Regionen haben nun einzelne Feiertage zu Kirmes- oder Messetagen erklärt, um so das Gesetz zu umgehen. 

Juristische Ausbildung

Schleswig-Holstein – Ausbildungsverordnung: Die umstrittene Änderung der Juristenausbildungsverordnung Schleswig-Holstein (JAVO) wird trotz erheblicher Kritik seitens der Kieler Fachschaft und des Bundesverbands der rechtswissenschaftlichen Fachschaften fast wie geplant in Kraft treten. Größter Kritikpunkt ist, dass in der Staatlichen Pflichtfachprüfung eine siebte Klausur eingeführt werden soll. Abweichend von einem früheren Entwurf bleiben die Ruhetage nach zwei aufeinanderfolgenden Klausuren jedoch grundsätzlich erhalten. Es berichtet LTO

Das Letzte zum Schluss

Fesselspiele: In Erfurt wurde die Polizei in einen Park gerufen, nachdem sich eine 24-Jährige einvernehmlich von ihrem Begleiter an einen Baum hatte fesseln lassen, um hiervon Fotos zu schießen zu lassen. spiegel.de berichtet, dass die Fesselpraktik "Bondage" eine gemeinsame Leidenschaft der beiden sei. Diese werde man auf Bitten der Polizei aber in Zukunft nicht mehr in der Öffentlichkeit ausleben. 

 

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LTO/lkh/chr

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. August 2023: Trump auch in Georgia angeklagt / Kein Waffenverbot für AfD-Mitglieder / SH beschließt Juristen-Ausbildungs-VO . In: Legal Tribune Online, 15.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52484/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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