Die juristische Presseschau vom 22. Juni 2017: Quellen-TKÜ und Onli­ne­durch­su­chung / EuGH zu Schlei­er­fahn­dung / Bericht NSU-U-Aus­schuss

22.06.2017

Justiz

EuGH zu Schleierfahndung: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass verdachtsunabhängige Kontrollen im Grenzraum sowie in Zügen und Bahnhöfen nur durchgeführt werden dürften, wenn Vorschriften sicherstellten, dass diese nicht flächendeckend und systematisch erfolgten. Aufgrund der Vorgaben des Schengener Grenzkodex dürften Kontrollen nur stichprobenartig erfolgen und nicht auf die Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch die Hintertür hinauslaufen. Das vorlegende Amtsgericht Kehl muss nun entscheiden, ob weitere Normen bestehen, die eine solche einschränkende Ausübung der Kontrollen sicherstellen. Die SZ (Wolfgang Janisch) und lto.de (Maximilian Amos) erläutern die Entscheidung.

BVerfG – ProstSchG: Die taz (Simone Schmollack) stellt die Verfassungsbeschwerde gegen das neue Prostituiertenschutzgesetz vor, die mehrere Sexarbeiter, Bordellbetreiber und Freier am Mittwoch eingereicht haben. Die Beschwerdeführer machten geltend, dass die Anmeldepflicht, die Gesundheitsberatungspflicht und die Ausweispflicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit eingriffen, erklärt die taz (Christian Rath) in einem separaten Artikel.

Simone Schmollack (taz) warnt vor einer Abdrängung der Prostitution in die Illegalität: "Dann haben die Behörden erst recht keine Kontrolle über das, was im Rotlichtmilieu passiert."

BGH – Brustimplantate: Der Bundesgerichtshof verhandelt an diesem Donnerstag über die Schadensersatzklage einer Frau, der Brustimplantate aus gesundheitsgefährdendem Silikon eingesetzt worden waren. Da die Herstellerfirma insolvent ist, verlangt sie die Summe vom TÜV Rheinland. Wie die FAZ (Helene Bubrowski) erläutert, muss der BGH nach einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nun entscheiden, ob es besondere Hinweise gegeben hat, die den TÜV zu einer näheren Überprüfung des Herstellers hätten veranlassen müssen.

EuGH zu Produkthaftung: Der Europäische Gerichtshof hat Beweislasterleichterungen bei Haftungsklagen von Verbrauchern gegen Unternehmer erlaubt. Wie die FAZ (Marcus Jung) und das Hbl (Heike Anger) darstellen, hat das Gericht die französische Regel für europarechtskonform erklärt, die eine solche Erleichterung vorsah. Bereits ernsthafte, klare und übereinstimmende Indizien für die Ursächlichkeit des Produkts für die Verletzung sollen die Haftungsbegründung leisten.

EuGH – Fristen Dublin-Verordnung: Nun bespricht der wissenschaftliche Mitarbeiter Timo Tohidipur auf lto.de  den Schlussantrag der Generalanwältin Eleanor Sharpston zu Fristen der Dublin-III-Verordnung. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich Asylantragsteller auf den Ablauf von Fristen berufen können, die die Zuständigkeit für den Asylantrag auf einen anderen Staat übergehen lassen. Sollte der EUGH dem folgen, würde dies das Recht der Antragsteller auf internationalen Schutz immens stärken.

BVerfG zu Ehe für alle: Nun bespricht auch der Tsp (Jost Müller-Neuhof) den vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Versuch der Opposition, noch vor Ende der Legislaturperiode eine Entscheidung über die "Ehe für Alle" herbeizuführen. Das Gericht habe keine willkürliche Verschleppung erkennen können.

OLG Düsseldorf – Terrorprozess: Am Oberlandesgericht Düsseldorf hat der Prozess gegen einen ehemaligen IS-Agitator begonnen, berichtet focus.de (Axel Spilcker). Dem Mann wird Mitgliedschaft in einer ausländischen, terroristischen Vereinigung vorgeworfen, weil er in den Irak gereist und dort den IS unterstützt haben soll, bevor er in Deutschland Asyl beantragte.

LG Magdeburg – Justizbeeinflussung? Der Staatssekretär im Justizministerium von Sachsen-Anhalt, Hubert Böning (CDU), soll versucht haben, die Terminierung eines Strafverfahrens zu beeinflussen. Er soll bei Gericht angerufen und auf eine frühere Terminierung des Verfahrens gegen einen wegen Vergewaltigung Vorbestraften gedrängt haben, meldet lto.de.

Ausgaben für Justiz: Der Deutsche Anwaltverein hat Zahlen zu den Ausgaben der Bundesländer für Personal- und Sachkosten der Justiz vorgelegt. Kein Bundesland gebe auch nur fünf Prozent seines Haushalts für Kernaufgaben der Justiz aus, meldet spiegel.de. DAV-Präsident Ulrich Schellenberg habe die darin zum Ausdruck kommende Geringschätzung der Justiz kritisiert.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Juni 2017: Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchung / EuGH zu Schleierfahndung / Bericht NSU-U-Ausschuss . In: Legal Tribune Online, 22.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23226/ (abgerufen am: 07.05.2024 )

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