Die juristische Presseschau vom 17. Mai 2017: EuGH zu Frei­han­dels­ab­kommen / Ände­rungen am NetzDG / BGH zu IP-Adres­sen­spei­che­rung

17.05.2017

EU-Mitgliedstaaten müssen bei Freihandelsabkommen zustimmen. Außerdem in der Presseschau: NetzDG ergänzt, Wahlrecht für Kinder gefordert, BGH erlaubt eingeschränkte Speicherung von IP-Adressen und ein Mann wünscht einen grandiosen Namen.

Thema des Tages

EuGH – Freihandelsabkommen: Der Europäische Gerichtshof kommt in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass Freihandelsabkommen der EU zumindest in Teilen der Zustimmung der Mitgliedstaaten bedürfen. Das Gutachten wurde von der EU-Kommission zur Klärung von Zuständigkeitsfragen erbeten und betrifft ein Handelsabkommen mit Singapur. Konkret sieht das Gericht die Mitbestimmungspflicht bei sogenannten Portfolioinvestitionen sowie bei den Schiedsgerichtsvereinbarungen als gegeben. Insbesondere letztere sind immer wieder in die Kritik geraten, weil sie Schiedsgerichte außerhalb der mitgliedstaatlichen Gerichtssysteme zulassen. Einem solchen gemischten Abkommen müssen auch die Parlamente der einzelnen Mitgliedstaaten zustimmen. Die SZ (Thomas Kirchner), die taz (Christian Rath), die FAZ (Hendrik Wieduwilt/Hendrik Kafsack), das Hbl (Till Hoppe) und lto.de (Marcel Schneider) fassen die Argumentation des Gerichts zusammen.

Ulrike Herrmann (taz) hebt hervor, dass die am Abschluss beteiligten Länder Rechtsstaaten sind und Sondergerichte für Unternehmen deshalb überflüssig seien.

Rechtspolitik

NetzDG: Wie die FAZ (Hendrik Wieduwilt) meldet, haben die Koalitionsfraktionen sich auf eine Änderung des Entwurfs zum "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" geeinigt und wollen ihn am kommenden Freitag im Bundestag zur Beratung stellen. Bußgelder soll es nur noch geben, wenn das Unternehmen die Löschung aus nicht mehr vertretbaren Gründen verweigert. Die Auskunft über die Urheber der zu löschenden Nachrichten müsse nur noch bei berechtigtem Interesse erteilt werden.

Rechtsprofessor Lorenz Kähler kritisiert auf lto.de, dass ein Jedermann-Beschwerderecht sowie lediglich staatliche Ahndung der Anbieter eingeführt werden soll. Sinnvoller sei es, das Beschwerderecht auf die Betroffenen zu beschränken und ihnen die Möglichkeit zu geben, die Rechtsdurchsetzung auf spezialisierte Vereine zu übertragen.

Kinderwahlrecht: Der Tsp (Jost Müller-Neuhof) stellt einen Vorschlag des Deutschen Familienverbands vor, ein Wahlrecht ab Geburt einzuführen, und fasst die Argumente der Befürworter und Kritiker zusammen. Während die einen auf eine vollständige Repräsentation des Volkes abstellen, betonen die Kritiker die fehlende Unmittelbarkeit der Wahl bei einem Familienwahlrecht. Der Autor schlägt die Absenkung des Alters auf 16 Jahre als ersten Schritt vor.

Infrastrukturgesellschaft/Bund-Länder-Finanzausgleich: Die Abstimmung im Bundestag über ein Reformpaket, das die Gründung der Infrastrukturgesellschaft sowie den Bund-Länder-Finanzausgleich zum Gegenstand hat, ist verschoben worden, wie die SZ (Markus Balser), die FAZ (Kerstin Schwenn) das Hbl (Daniel Delhaes) darstellen. Die SPD befürchtet eine Privatisierung der Autobahnen durch die Hintertür und fordert die Aufnahme eines Privatisierungsausschlusses in das Grundgesetz. Auch soll die Möglichkeit der öffentlich-privaten Partnerschaften grundgesetzlich beschränkt werden. Daneben ist auch die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen betroffen.

Haftung digitaler Berater: Angesichts neuer Haftungsfragen, die durch den Einsatz technisierter Anlageberatung entstehen, hat das EU-Parlament die EU-Kommission zur Erarbeitung eines Legislativvorschlags für Robotik und Künstliche Intelligenz aufgerufen. Wie die Rechtsanwälte Roman Becker und Laurent Meister in der FAZ darstellen, werden die Einrichtung einer Pflichtversicherung, die Einführung eines rechtlichen Status für Roboter und eine stärkere Verantwortlichkeit der Trainer intelligenter Software diskutiert.

Europäisches Gesellschaftsrecht: Die EU-Kommission plant, das europäische Gesellschaftsrecht zu reformieren, um die Nutzung von Online-Tools etwa bei der Gründung und Führung von Gesellschaften sowie der Erfüllung von Berichtspflichten zu ermöglichen. Rechtsprofessor Ulrich Noack weist auf dem Handelsblatt-Rechtsboard auf eine Online-Konsultation hin, die die Kommission gestartet hat.

Sanierungssteuerrecht: Jörn Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht beim Deutschen Anwaltverein, kritisiert in der FAZ das neue Gesetz zur Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen, da es sich selbst sanierende Unternehmen gegenüber einem neuen Rechtsträger benachteilige. Er fordert zudem mit dem DAV, Sanierungsgewinne steuerfrei zu stellen, wenn diese vorhandene Verlustvorträge überstiegen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. Mai 2017: EuGH zu Freihandelsabkommen / Änderungen am NetzDG / BGH zu IP-Adressenspeicherung . In: Legal Tribune Online, 17.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22930/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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