Die juristische Presseschau vom 27. Juli 2016: Dis­kus­sion über innere Sicher­heit / Scha­dens­er­satz für Streik / Reform des Jura­stu­diums

27.07.2016

Justiz

BAG zu Fluglotsenstreik: Die Gewerkschaft der Luftsicherheit muss für einen Streik im Februar 2012 Schadensersatz an Fraport zahlen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Damals hatte bereits das Arbeitsgericht Frankfurt den Streik für rechtswidrig erklärt, Schadensersatzforderungen hat es wie auch das Landesarbeitsgericht jedoch abgelehnt, mit der Begründung, dass Fraport bereits vor dem Streik hätte versuchen müssen, ihn zu stoppen. Dieser Begründung erteilte das Bundesarbeitsgericht eine Absage. Schadensersatzforderungen von Lufthansa und Air Berlin wies es jedoch ab, weil diese nur "Drittbetroffene" seien. Die SZ (Detlef Esslinger) berichtet.

BGH – Privatsphäre: Am Bundesgerichtshof wurde über die Klage des ehemaligen Berliner Oberbürgermeisters Klaus Wowereit gegen die Bild-Zeitung verhandelt. Die Bild-Zeitung hatte Bilder von Wowereit veröffentlicht, wie dieser am Abend vor einer wichtigen Abstimmung eine Bar besuchte. Die SZ (Wolfgang Janisch) und die BadZ (Christian Rath) schildern den Fall und ordnen ihn in die bisherige Rechtsprechung zur Privatsphäre von Prominenten ein.

BSG zu Elterngeld: Das Elterngeld ist bei der Berechnung des Kinderzuschlags als Einkommen anzurechnen. Das hat das Bundessozialgericht in einem Urteil entschieden, mit dem sich die FAZ (Hendrik Wieduwilt) befasst. Dem Kläger war der Kinderzuschlag gestrichen worden, nachdem der Gesetzgeber festgelegt hatte, dass das Elterngeld auf Hartz IV und Kinderzuschlag anzurechnen ist. Der dreifache Vater sah sich benachteiligt und argumentierte, dass es sich beim Elterngeld nicht um eine Entgeltersatzleistung, sondern um eine "Anerkennung der Erziehungs- und Betreuungsleistung" handelt. Das Bundessozialgericht verneinte jedoch eine Verletzung von Art. 3 des Grundgesetzes.

In einem gesonderten Kommentar bezeichnet Hendrik Wieduwilt (FAZ) die Entscheidung als konsequent. Das Elterngeld sei eine Entgeltersatzleistung und "keine staatliche Erziehungsvergütung oder verfassungsrechtlich zwingende Abtreibungsbremse". Constanze von Bullion (SZ) meint, das Urteil sei "bitter für Arbeitslose, aber korrekt".

OLG München – Anstiftung zur Falschaussage im NSU-Prozess? Während der Verhandlung im NSU-Prozess ist es möglicherweise zu einer Anstiftung zur Falschaussage durch den Rechtsbeistand eines Zeugen gekommen. Der Anwalt des Zeugen Torsten W. soll seinem Mandanten empfohlen haben, Unwissenheit vorzutäuschen. Das behaupten jedenfalls laut spiegel.de (Wiebke Ramm) mehrere anwesende Personen.

LG Potsdam zu doppeltem Kindesmord: Silvio S. ist vom Landgericht Potsdam zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Gericht zeigte sich davon überzeugt, dass der 33-Jährige den vierjährigen Mohamed und den sechsjährigen Elias sexuell missbraucht und anschließend ermordet hat. Die Richter stellten die besondere Schwere der Schuld fest, ordneten jedoch keine Sicherungsverwahrung an. Die Welt (Christine Kensche) und spiegel.de (Benjamin Schulz) berichten vom Prozess.

LG Heidelberg – Darknet: Am Landgericht Heidelberg steht ein 32-Jähriger vor Gericht, dem vorgeworfen wird, über das sogenannte Darknet Waffen und Mundition vertrieben zu haben. Ein Urteil wird am Donnerstag gesprochen. Eine Zusammenhang zum Amoklauf in München besteht nicht, der Angeklagte ging jedoch beim letzten Wort darauf ein, berichtet die SZ (Christoph Dorner).

StA Dresden zu Hasskommentar: Die Staatsanwaltschaft Dresden wehrt sich nach einem Bericht der SZ (Cornelius Pollmer) gegen die Kritik, nicht konsequent genug gegen Hasskommentare vorzugehen. Sie hatte ein Verfahren gegen einen Internet-Nutzer eingestellt, der "gleich erschießen dieses dreckspack" unter den Bericht über mutmaßliche Diebe aus Rumänien gepostet hatte. Anders als bei einer vergangenen Äußerung von Lutz Bachmann bezog sich der Kommentar nicht auf alle Flüchtlinge und stelle daher keine Volksverhetzung dar.

OVG Münster zu Küken: Die wissenschaftliche Referentin Saskia Stucki setzt sich auf juwiss.de (Teil I, Teil II) mit den Urteilen des Oberverwaltungsgerichts Münster vom Mai zur tierschutzrechtlichen Zulässigkeit des Tötens von Küken auseinander.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. Juli 2016: Diskussion über innere Sicherheit / Schadensersatz für Streik / Reform des Jurastudiums . In: Legal Tribune Online, 27.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20115/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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