Die juristische Presseschau vom 3. Dezember 2015: BGH zu leeren Ver­sp­re­chen / Bun­destag zu Syrien-Ein­satz / Repor­tage zu rechter Gewalt

03.12.2015

Justiz

LG Darmstadt zu K.o.-Tropfen: Weil er Frauen Drogen ins Glas mischte und sie nach sexuellen Übergriffen bewusstlos zurückließ, hat das Landgericht Darmstadt einen 46-Jährigen zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft wegen besonders schwerer sexueller Nötigung und schwerer Körperverletzung verurteilt. Der wegen versuchten Mordes angeklagte Mann hatte zugegeben, zwei Frauen im Mai 2015 bei einem Kneipenfestival eine hohe Dosis der Droge Liquid Ecstasy ins Bier gegossen zu haben. In beiden Fällen habe konkrete Lebensgefahr bestanden, meldet die FAZ.

SG Dortmund zu Hartz-IV für EU-Bürger: Mit Beschluss vom 23. November 2015 lehnte das Sozialgericht Dortmund die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz ab und bestätigte den Ausschluss eines arbeitssuchenden Unionsbürgers von der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach § 7 Absatz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) II. Die verfassungsrechtliche Garantie eines menschenwürdigen Existenzminimums verlange nur die Beseitigung von Notlagen, die nicht durch eine 'Hilfe zur Selbsthilfe' beseitigt werden könnten. Der Antragssteller könne sich durch Rückreise in die Slowakei selbst helfen, meldet lto.de.

OLG München – Spionage: Die SZ (Hans Holzhaider) schreibt eine Prozessreportage über den wegen Spionagetätigkeit angeklagten ehemaligen BND-Mitarbeiter Markus R. vor dem Oberlandesgericht München. Dabei wird auch der Lebensweg des Angeklagten beleuchtet, wie er trotz zahlreicher Bewerbungen zunächst keine Stelle fand, bis er schließlich Erfolg hatte - beim Bundesnachrichtendienst. "Im Sommer 2008 schrieb er [aus Langeweile] kurzerhand eine E-Mail an die Botschaft der Vereinigten Staaten in Berlin: ob Interesse an einer Zusammenarbeit bestehe, er arbeite bei einer Sicherheitsbehörde. Es bestand Interesse."

LG Erfurt –  "Nazi-Prozess": 15 Angeklagte müssen sich wegen einer "brutalen Prügelattacke" auf Kirmesbesucher vor dem Landgericht Erfurt wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verantworten. Vermummt und mit Quarzsandhandschuhen ausgerüstet sollen sie auf die Feier gestürmt sein. Zum Prozessauftakt trugen die Angeklagten, nahezu alle Mitglieder der lokalen Rechtsrockszene, T-Shirts mit Aufschriften wie "too white for you" oder "Angry Arian", berichtet spiegel.de (Peter Maxwill/Benjamin Schulz).

LG Düsseldorf – Raucher-Streit: Im Mietstreit um einen rauchenden Rentner will das Landgericht Düsseldorf zwölf Zeugen vorladen. Sie sollen zur Geruchsbelästigung durch Zigarettenqualm aus der Wohnung des 77-Jährigen befragt werden. Dabei geht es auch um die Frage, ob der üble Geruch eine andere Ursache haben könnte. Dem Rentner war nach 40 Jahren die Wohnung fristlos gekündigt worden, weil er seine Nachbarn mit Zigarettenrauch belästigt haben soll. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgerichts Düsseldorf mangels ausreichender Beweiserhebung auf, so focus.de.

StA Frankfurt/Main – Überschwemmung im Sudan: Mehrere Tausend Familien des Volkes der Manasir im Sudan beschuldigen den deutschen Ingenieurkonzern Lahmeyer, den Merowe-Staudamm am Nil im Jahr 2008 so schnell geschlossen zu haben, dass dadurch ihre Dörfer überflutet wurden und die Bewohner ihr Eigentum verloren haben. Da sich die Ermittlungen schon über fünf Jahre hinschleppen, hat nun Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck Strafanzeige erstattet, so die taz (Hannes Koch).

StA München II – Christine Haderthauer: Der Landtag hat die Immunität von Ex-Staatskanzleichefin Haderthauer (CSU) aufgehoben. Damit kann die Staatsanwaltschaft München II gegen die Politikerin wegen eines Steuerdelikts nun einen Strafbefehl beantragen. Haderthauers Anwalt hatte schon angekündigt, dass seine Mandantin einen angemessenen Strafbefehl akzeptieren werde. Haderthauers Mann Hubert steht ab heute wegen Betrugs und Steuerhinterziehung in München vor Gericht, so focus.de.

Steuerfahndung im Saarland: Wie lto.de und die taz (Alina Leimbach) berichten, hat eine als Sonderermittlerin eingesetzte Richterin nach Bekanntwerden mutmaßlicher "Schlamperei" der Behörden bei der Verfolgung von "Steuersündern" im Saarland ihre Arbeit aufgenommen. Sie untersucht nun, warum in 359 Fällen die Datensätze von angekauften Steuer-CDs erst mit ein bis drei Jahren Verspätung überprüft wurden und neun Steuerakten verschwunden seien.

Strafanzeige gegen Ex-Ärztefunktionär: Wegen Untreue in einem besonders schweren Fall hat der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) Strafanzeige bei der Berliner Staatsanwaltschaft gegen den langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Köhler erstattet. Es gehe dabei um einen Mietkostenzuschuss von monatlich 1.500 Euro, so das Hbl (Peter Thelen). Über die Hintergründe schreibt die FAZ (Andreas Mihm).

Gewalt gegen Flüchtlinge: Für eine Zeit- (Paul Blickle u.a) und Zeit Online-Analyse dokumentieren 15 Redakteure den Ermittlungsstand der 222 schweren Anschläge auf deutsche Flüchtlingsheime im Jahr 2015. Kaum einer dieser Anschläge wurde aufgeklärt. Lediglich in zwölf Fällen hat die Staatsanwaltschaft bisher Anklage erhoben. "Als Täter werden nicht nur einschlägig bekannten Neonazis vermutet, sondern unter sogenannten unbescholtenen Bürgern, auch die Nachbarn der Heime." Die Reportage fragt, warum die Aufklärungsquote bei politisch motivierten Anschlägen so niedrig ist, und ob Justiz und Polizei auf dem rechten Auge etwa blind seien.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 3. Dezember 2015: BGH zu leeren Versprechen / Bundestag zu Syrien-Einsatz / Reportage zu rechter Gewalt . In: Legal Tribune Online, 03.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17742/ (abgerufen am: 18.05.2024 )

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