Die juristische Presseschau vom 19. Februar 2015: Etappensieg für rauchenden Mieter – Dashcam-Beweis – Affäre um verkaufte Juraklausuren

19.02.2015

Justiz

BFH zu Fahrtkosten von Selbständigen: Fahrtkosten selbstständig tätiger Personen für Fahrten zu ständig wechselnden Betriebsstätten, von denen keine besonders wichtig ist, sind mit den tatsächlichen Kosten abzugsfähig – und nicht nur mit der Entfernungspauschale. Das hat der Bundesfinanzhof in einem nun bekannt gewordenen Urteil entschieden und damit der Klage einer freiberuflich tätigen Musiklehrerin stattgegeben. lto.de berichtet.

BAG zu "Busengrapscher"-Fall: Nach dem "Busengrapscher"-Urteil des Bundesarbeitsgerichts mahnt der Anwalt Thomas Gennert auf blog.handelsblatt.com zur Ruhe: Das Urteil folge bekannten Pfaden der Rechtsprechung zur fristlosen Kündigung: "Obwohl vordergründig ein schwerwiegender Pflichtverstoß des Arbeitnehmers vorliegt, kann die Interessenabwägung im Einzelfall gleichwohl dazu führen, dass der Arbeitnehmer zunächst abzumahnen ist, bevor eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zulässig ist."

Kosten des NSU-Prozesses: Berge von Akten, 80 Nebenkläger, viele Zeugen: Der NSU-Prozess hat bereits 30 Millionen Euro gekostet, wie lto.de meldet. Jeder Prozesstag koste 150.000 Euro, Termine sind bis Januar 2016 anberaumt. Genannt werden außerdem Forderungen, die Zahl der Nebenklägervertreter gesetzlich zu begrenzen.

Möglicher Verstoß gegen Neutralitätspflicht von Richtern: Zwei Gerichtspräsidenten aus Schleswig-Holstein müssen offenbar mit Disziplinarverfahren rechnen. Ihnen wird vorgeworfen, eine Solidaritätsbekundung gegenüber der Schleswig-Holsteinischen Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) geplant zu haben – ein Verstoß gegen die im Richtergesetz vorgeschriebene politische Neutralität steht im Raum. Anstoß der geplanten Solidaritätsbekundungen sollen eine Geiselnahme in der Justizvollzugsanstalt Lübeck und die daran anschließende Amtsenthebung der JVA-Leiterin gewesen sein. Die FAZ (Frank Pergande) und lto.de berichten.

LG Heidelberg zu Dashcam-Aufzeichnungen: Das Landgericht Heidelberg hat laut internet-law.de (Thomas Stadler) entschieden, dass Aufnahmen von Dashcams im Zivilprozess nicht als Beweismittel zum Hergang eines Unfalls verwertet werden können. Die Aufzeichnung von Personen mittels Dashcam stelle eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dar, die auch nicht durch das Interesse an der Erlangung eines Beweismittels gerechtfertigt sei.

LG München I – "Baal"-Inszenierung: Muss der Plagiator Bertolt Brecht vom Urheberrecht geschützt werden?, so der Aufmacher der Meldung auf deutschlandradiokultur.de über den Prozess des Suhrkamp-Verlages, der im Auftrag der Brecht-Erben gegen das Münchner Residenztheater vor dem Landgericht München I klagt. Vorwurf: Eine Inszenierung von Brechts "Baal" sei eine nicht-autorisierte Bearbeitung, weil sie sich nicht an den Originaltext halte. Laut SZ (etho) schlug das Gericht am gestrigen Mittwoch einen Vergleich vor, auf den sich die Kläger aber nicht einlassen wollten.

LG Oldenburg – Niels H.: In einem ausführlichen Dossier widmet sich die Zeit (Daniel Müller) dem Prozess gegen den vor dem Landgericht Oldenburg wegen mehrfachen Mordes und Mordversuchs an Patienten angeklagten ehemaligen Krankenpfleger Niels H. Es bleibe der fahle Beigeschmack, dass ein Straftäter – bereits verurteilt – "sich jahrelang frei bewegen und auch noch eine neue Stelle antre­ten konnte, in der er wieder Macht über hilflose Personen erhielt". Dies hätte verhindert werden können durch umfangreichere Ermittlungen und ein revisionsfestes Urteil im ersten Prozess.

AG Dresden zu Sitzblockade: Das Amtsgericht Dresden hat das Verfahren gegen die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (Linke) eingstellt. Die Schuld der Angeklagten Lay habe das AG im Falle der Sitzblockade gegen eine Neonazi-Demo im Jahr 2011 als gering eingestuft, meldet die SZ.

Deals im Strafprozess: Im Interview mit der SZ (Wolfgang Janisch) äußert sich der Anwalt und Revisionsexperte Ali B. Norouzi zum Stand der Absprachen im Strafprozess im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. In den Augen Norouzis ist zwar die Neigung der Gerichte, in Sachen Deals sauber zu arbeiten, spürbar größer geworden. Doch sei es die Quadratur des Kreises, im  Strafprozess mit dem Deal als "Kind des Pragmatismus" das Informelle zu formalisieren.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. Februar 2015: Etappensieg für rauchenden Mieter – Dashcam-Beweis – Affäre um verkaufte Juraklausuren . In: Legal Tribune Online, 19.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14733/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen