Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. Juli 2015: Maas will Se­xu­al­straf­recht schär­fen – Re­vi­si­on gegen Grö­ning-Ur­teil – Obama will Ge­fäng­nis­se leeren

20.07.2015

Justiz

Revision gegen Gröning-Urteil: Gisela Friedrichsen (spiegel.de) kritisiert die Revision einiger Nebenkläger gegen das Urteil des Landgerichts Lüneburg im Fall des ehemaligen SS-Mannes Oskar Gröning. Die angestrebte Verurteilung wegen Mordes sei juristisch gar nicht möglich. Oliver Garcia (delegibus-blog) analysiert die Chancen und Risiken der Revision. Zum einen könne der BGH die neue Linie der Rechtsprechung bestätigen. Andererseits könne er sie aber auch beanstanden und Gröning freisprechen. Gröning bleibe zudem "unschuldig", wenn er vor Rechtskraft des Urteils sterbe.

KZ-Verbrechen: Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) nimmt das Gröning-Urteil zum Anlass, das Scheitern der Nachkriegs-Justiz bei der Aufarbeitung der KZ-Verbrechen darzustellen.

BVerfG zu Demo auf Privatgrundstück: Das Bundesverfassungsgericht hat am Wochenende im Eilverfahren das Verbot eines Bierdosen-Flashmobs auf einem Privatgrundstück in Passau aufgehoben. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit gelte grundsätzlich auch dort, wo durch einen Privateigentümer "bereits ein allgemeiner öffentlicher Verkehr eröffnet worden ist", berichtet der Blog petringlegal (Ralf Petring).

BFH zu Bettensteuer: Der Bundesfinanzhof hat die Bettensteuer in Bremen und Hamburg bestätigt. Das hat die Samstags-Welt (Norbert Schwaldt) aus Kreisen der Verfahrensbeteiligten erfahren. Die schriftliche Begründung des Urteils soll erst im September veröffentlicht werden. Die Welt berichtet statt dessen über die mündliche Verhandlung und die bisherige Rechtsprechung zu derartigen Übernachtungssteuern.

EuGH zu Bankgeheimis und Markenrecht: Die Anwälte Thomas Weimann und Daniel Nagel beschreiben auf lto.de ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Danach ist es grundsätzlich mit EU-Recht und dem dortigen Schutz des geistigen Eigentums unvereinbar, wenn eine Bank im Zusammenhang mit Markenfälschungen bei Ebay-Verkäufen jede Auskunft über einen Konto-Inhaber verweigert. Ob sich der Auskunftsanspruch aus § 19 Markengesetz oder anderen Grundlagen (etwa § 242 BGB) ergebe, müssten jetzt die deutschen Gerichte klären.

EuGH zu Patentklagen: Im Streit zwischen den chinesischen Unternehemen ZTE und Huawei hat der Europäische Gerichtshof geklärt, wann eine Patentverletzungsklage durch den Inhaber eines standardessentiellen Patents rechtsmissbräuchlich ist. Danach muss der Inhaber eines derartigen Patents zuerst ein Lizenzangebot machen. Erst wenn der Patentnutzer dieses ablehnt und kein angemessenes Gegenangebot macht, kann der Patentinhaber auf Unterlassung und Rückruf klagen, berichtet lto.de.

BVerfG - Betreuungsgeld: Am morgigen Dienstag wird das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zum Betreuungsgeld verkünden. Vermutlich hält es das zugrundelegende Bundesgesetz für kompetenzwidrig beschlossen. Für den Fall streiten die Parteien der großen Koalition bereits über die Verwendung der Mittel, wie spiegel.de (Melanie Amann/Ann-Katrin Müller) berichtet. Die SPD will das Geld in Kinderbetreuung stecken, während die CSU eine Weiterleitung an die Länder fordert, damit jedenfalls Bayern Eltern weiter bezuschussen kann, die keine staatliche Kita nutzen.

BVerfG - Suhrkamp: Nach dem Tod des Suhrkamp-Miteigentümers Hans Barlach will dessen Medienholding alle Rechtstreitigkeiten mit den Mehrheitseignern "friedlich beilegen", meldet Focus (wsk). Dazu gehöre auch die eingelegte Verfassungsbeschwerde gegen das Insolvenzverfahren.

BayVerfGH - Frequenztausch: Sieben bayerische Bürger wollen mit einer Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof den Frequenztausch von BR Klassik mit dem Jugendprogramm Puls verhindern, bei dem BR Klassik seinen UKW-Sendeplatz verlieren würde. Angegriffen wird laut Samstags-SZ (Claudia Tieschky) der Passus des Rundfunkgesetzes, der solche Frequenzänderungen erlaubt.

GBA - NSA: Generalbundesanwalt Harald Range plant laut Focus (Josef Hufelschulte) keine neuen Ermittlungen wegen mutmaßlicher Ausspähung der Bundesregierung durch die NSA. Auch nach den neuesten Wikileaks-Enthüllungen gelte: "Wir müssen eine Tat belegen können".

OLG München - NSU und Anja Sturm: Die FAS (Peter Carstens/Katrin Truscheit) portraitiert Anja Sturm, die Anwältin von Beate Zschäpe. Dabei wird ihre Leistung als Verteidigerin wohlwollend geschildert. Die beruflichen Aussichten von Sturm hätten sich durch die Übernahme des Mandats und den Konflikt mit Zschäpe allerdings eher verschlechtert.

LG Karlsruhe - Harry Wörz: Die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) gibt einen Überblick über das Verfahren, mit dem der vom Mordvorwurf freigesprochene Harry Wörz beim Landgericht Karlsruhe Entschädigung für seine Haftzeit einklagt. Die Darstellung ist mit einem Psychogramm von Wörz verbunden. "Er beherrscht seine Akten nicht mehr, sie beherrschen ihn."

LG München I - Korruption und Steuerhinterziehung: Die Montags-SZ (Klaus Ott) schildert die Anklage gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Rüstungsunternehmens Kraus-Maffei-Wegmann. Der Mann soll Rüstungsexporte nach Griechenland durch Schmiergeldzahlungen, die auch in seine Tasche flossen, forciert haben. Da die Korruptionsdelikte bereits verjährt sind, ist er nur wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Der Prozess am Landgericht München I soll im Herbst beginnen.

BVerfG - Homo-Ehe: Rechtsprofessor Christian Hillgruber kritisiert auf lto.de die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu eingetragenen Partnerschaften. Indem diese immer mehr der Ehe gleichgestellt würden, wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis Karlsruhe auch den Ehebegriff öffne. Dabei betreibe das Verfassungsgericht faktisch aber eine Verfassungsänderung.

StA Limburg - Untreue und Kirche: Vor einem Jahr hat die Staatsanwaltschaft Limburg Ermittlungen wegen Untreue gegen den ehemaligen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst mit Blick auf das Selbstverwaltungsrecht der Kirchen eingestellt. Der Spiegel (Thomas Darnstädt) berichtet nun über die Kritik der Rechtswissenschaftlerin Frauke Rostalski an dieser Einstellung. Untreue sei auch an Kirchenvermögen möglich. Die Staatsanwaltschaft habe die Rechtsprechung des BGH und eigene Entscheidungen missachtet.

Sexuelle Belästigung: spiegel.de (Helene Endres) gibt einen Überblick über die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zu sexueller Belästigung. Zwar akzeptiere das Bundesarbeitsgericht eine sexuelle Belästigung grundsätzlich als wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Es müsse aber immer der Einzelfall geprüft werden.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. Juli 2015: Maas will Sexualstrafrecht schärfen – Revision gegen Gröning-Urteil – Obama will Gefängnisse leeren . In: Legal Tribune Online, 20.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16282/ (abgerufen am: 17.05.2024 )

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