Die juristische Presseschau vom 2. März 2016: Wohn­sitz­auflage zur Inte­g­ra­tion / BGH zu Jameda / Lügen­de­tektor 2.0

02.03.2016

Justiz

BVerfG – NPD-Verbotsverfahren: Am ersten Verhandlungstag vor dem Bundesverfassungsgericht versuchten es die NPD-Anwälte mit Befangenheitsanträgen, die das Gericht ablehnte, und brachten erneut die mögliche Überwachung ihrer Kommunikation ins Spiel. Außerdem ging es vor allem um die Frage nach der Abschaltung der V-Leute, bei der die angekündigten "Knaller" aber ausblieben. Es berichten lto.de (Pia Lorenz zum Vormittag), lto.de (Pia Lorenz zum Nachmittag), spiegel.de (zu den Befangenheitsanträge), spiegel.de (Christina Hebel/Dietmar Hipp), BadZ (Christian Rath), FR (Ursula Knapp), zeit.de (Tilman Steffen), SZ (Wolfgang Janisch), FAZ (Helene Bubrowski), taz (Konrad Litschko) und Welt (Thorsten Jungholt).

Die SZ (Wolfgang Janisch) befasst sich mit den Worten Voßkuhles, der vom Parteiverbotsverfahren als zweischneidigem Schwert sprach, und auch Donata Riedel (HBl) betont, dass das Parteiverbot scharf geprüft werden müsse und nur letztes Mittel sein dürfe. Thomas Stadler (internet-law.de) begründet, warum er das Verfahren weiterhin kritisch sieht und Reinhard Müller (FAZ) verweist auf den Preis des Verfahrens: eine Bühne für die NPD. Heribert Prantl (SZ) meint, ein Austausch der Richter wäre mit Blick darauf, dass "Besorgnis der Befangenheit" genüge, angezeigt gewesen. Christian Rath (taz) glaubt, dass ein Verbot der NPD kaum noch aufzuhalten sei. Dies wäre aber nur eine Gesichtswahrung für den Bundesrat, kein Sieg der Demokratie.

Noch aus der Perspektive vor Verfahrensbeginn schreibt spiegel.de (Christina Hebel/Dietmar Hipp) zu den Prozessrisiken und zeit.de (Tilman Steffen) zu den Risiken eines Verbots. Die taz (Christian Rath) blickt auf das erste NPD-Verbotsverfahren zurück.

BVerfG – Studiengangakkreditierung: Das Verwaltungsgericht Arnsberg hatte bereits 2010 die Ansicht geäußert, die Akkreditierungspflicht für Studiengänge verstoße in ihrer derzeitigen Ausgestaltung gegen die Wissenschaftsfreiheit und ihre mangelnde gesetzliche Verankerung gegen das Prinzip der Gewaltenteilung. Über das Vorlageverfahren will das Bundesverfassungsgericht in diesem Jahr entscheiden, schreibt die FAZ (Thomas Thiel).

BGH zu Jameda: Wegen des gesteigerten Risikos von Persönlichkeitsrechtsverletzungen auf Bewertungsportalen hat der Bundesgerichtshof diesen eine besondere Prüfpflicht auferlegt. Bei Beanstandung muss das Portal Nachforschungen zum Wahrheitsgehalt beim Bewertenden anstellen und haftet selbst, wenn es dieser Pflicht nicht hinreichend nachkommt. Soweit ohne Verstoß gegen § 12 Telemediengesetz möglich, müssen sogar Daten an den bewerteten Arzt weitergegeben werden. Dazu schreiben die Rechtsanwälte Niklas Haberkamm und David Ziegelmayer auf lto.de, internet-law.de (Thomas Stadler), FAZ (Joachim Jahn), HBl (Bert Fröndhoff) und SZ (Christina Bernd) .

BGH stark belastet: Bettina Limperg, Präsidentin des Bundegerichtshofs, hat auf die hohe Belastung des Gerichts gerade in Zivilsachen hingewiesen, schreibt die FAZ (Joachim Jahn). Sie sprach sich für eine Beschränkung der Nichtzulassungsbeschwerde aus. Außerdem sprach sie sich gegen das Filmen der Urteilsverkündung aus, wegen der Verfahrensverlängerung durch Verkündungstermine und dem Verlust des offenen Wortes gegenüber der Saalöffentlichkeit.

OLG Düsseldorf – Terror-Prozess: Am heutigen Mittwoch beginn der Prozess wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gegen einen Syrienrückkehrer vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Die zunächst noch auf Mord lautenden Teile der Anklage hatte das Gericht nicht zugelassen, da sich keine konkreten Taten würden nachweisen lassen, schreibt spiegel.de.

OLG München zu bedingter Nacherbschaft: Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass Nacherben unter der Bedingung eingesetzt werden können, dass der Vorerbe nicht anderweitig über seinen Nachlass verfügt, meldet blog.beck.de (Claus-Henrik Horn). Testiert der Vorerbe anders, werde er bei Ableben für eine juristische Sekunde Vollerbe, durch die Testamentserrichtung als Bedingungseintritt. Es liege kein Verstoß gegen § 2065 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vor.

VG Berlin – Datenspeicherung: Am kommenden Montag beginnt vor dem Verwaltungsgericht Berlin der Prozess um die Speicherung von Daten der Anmelder von Versammlungen und die Spiegelung der polizeilichen Datenbestände für den NSU-Untersuchungsausschuss statt. netzpolitik.org (Matthias Monroy) führt ein Interview mit dem Kläger.

AG Darmstadt zu Impfung und Sorgerecht: blog.beck.de (Hans-Otto Burschel) weist auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Darmstadt von Juni 2015 hin, nach der die Entscheidung, Kinder impfen zu lassen, eine Angelegenheit des täglichen Lebens ist. Das Elternteil, bei dem die Kinder den gewöhnlichen Aufenthalt haben, sei also nach § 1687 des Bürgerlichen Gesetzbuchs allein entscheidungsberechtigt.

StA Berlin – Totschlag durch Autorennen: Wegen des tödlich ausgegangenen Autorennens in der Innenstadt, ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin nun wegen Totschlags. Es sei Haftbefehl erlassen und der Fahrer des Unfallfahrzeugs bereits festgenommen worden, melden spiegel.de und Welt.

StA Freiburg – AfD-Staatsanwalt: Wegen Äußerungen auf seiner Facebook-Seite ist ein Freiburger Staatsanwalt und AfD-Landtagskandidat in die Kritik geraten. Die Staatsanwaltschaft prüfe derzeit, ob (dienst-)rechtliche Schritte einzuleiten seien, berichtet die BadZ (Sebastian Kaiser/Manfred Dürbek).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. März 2016: Wohnsitzauflage zur Integration / BGH zu Jameda / Lügendetektor 2.0 . In: Legal Tribune Online, 02.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18633/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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