Die juristische Presseschau vom 19. Januar 2016: Fischer im Gespräch / Hoeneß in Frei­heit / Freeh für VW

19.01.2016

Justiz

EuGH zu Waldschlößchenbrücke: Das Bundesverwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung zur Klage gegen den Bau der mittlerweile fertiggestellten Dresdner Waldschlößchenbrücke europäische Naturschutzvorgaben zu berücksichtigen. Die Erforderlichkeit einer nachträglichen Verträglichkeitsprüfung ergebe sich aus den erheblichen Folgen des Projekts für Tiere und Pflanzen, entschied der Europäische Gerichtshof in der vergangenen Woche auf eine Anfrage des BVerwG. lto.de berichtet.

EGMR zu Massenausweisung: Die FAZ (Reinhard Müller) erinnert an ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Februar 2012. Afrikanische Flüchtlinge, die von der italienischen Küstenwache auf hoher See aufgegriffen wurden, hatten erfolgreich gegen ihre Rückführung nach Libyen geklagt. Das Gericht erkannte hierin unter anderem eine Verletzung des Verbots der "Kollektivausweisung ausländischer Personen", weil die Rückführung ohne jegliche Prüfung tatsächlicher Fluchtgründe und sogar der Identität der Betroffenen erfolgte. Dementsprechend seien aktuelle Vorschläge zu Massenausweisungen mit Vorsicht zu genießen: Jeder Flüchtling habe einen Anspruch auf individuelle Prüfung seiner Rechte.

BVerfG – Oppositionsrechte: Auch das HBl (Heike Anger) berichtet nun zu der in der letzten Woche vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelten Organklage der Bundestagsfraktion der Linken zur effizienteren Oppositionsrechten im Parlament. Nach Einschätzung des Staatsrechtlers Christoph Degenhart sei künftig auch über die Aufhebung der Fünf-Prozent-Sperrklausel nachzudenken, "wenn die Große Koalition nicht mehr die Ausnahme darstellt, sondern sich als Regelfall etabliert".

BVerfG – NPD-Verbot: In einem Gastkommentar thematisieren die Juristen Horst Meier und Johannes Lichdi in der taz die für das gegenwärtig am Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren zum Verbot der NPD potentiell problematische politische Vergangenheit zweier Verfassungsrichter. Sowohl Peter M. Huber als auch Peter Müller hätten sich in vorherigen, politischen Ämtern relativ eindeutig gegen die NPD positioniert. Dies könne Zweifel an der Unvoreingenommenheit beider Richter begründen und gefährde dadurch das Verfahren.

OLG Frankfurt zu Aufreißer-Coach: Durch Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das Oberlandesgericht Frankfurt/M. es dem Allgemeinen Studierendenausschuss der örtlichen Uni untersagt, in einem Artikel über sogenannte Pick-Up-Artists oder Aufreißer-Coaches einen lokalen Vertreter namentlich zu nennen. Der unterlegene Antragsgegner beabsichtige die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens, schreibt die taz (Astrid Ehrenhauser).

LG Augsburg zu Uli Hoeneß: Nach Entscheidung der Strafvollzugskammer des Landgerichts Augsburg wird Uli Hoeneß nach Verbüßung der Hälfte seiner Haftstrafe antragsgemäß am 29. Februar entlassen werden. Für diese sehr seltene Reduktion sprächen außergewöhnliche Gründe, gibt die SZ (Annette Ramelsberger) die Argumentation des Gerichts wieder. So habe sich der Verurteilte stets um Integration in die Gefangenengemeinschaft bemüht, auch stelle sich sein "sozialer Empfangsraum" als "äußerst günstig" dar. Die Staatsanwaltschaft hatte der Reduktion widersprochen.

In einem separaten Kommentar bezeichnet Annette Ramelsberger (SZ) die Entscheidung als "fatal". Nach ausführlichen Beteuerungen der bayerischen Justiz, dem Manager werde "keine Extrawurst gebraten", entstehe nun genau jener Eindruck. Auch Udo Vetter (lawblog.de) hält den "glatten Durchmarsch" für "bemerkenswert". Die sogenannte Halbstrafe "ist bei uns so gut wie tot, noch dazu im schönen Bayern". Offensichtlich habe Hoeneß' Persönlichkeit dazu beigetragen, "die ja ansonsten immer so hoch aufgehängte Sozialschädlichkeit von Steuerdelikten zu überspielen".

LG Frankfurt – Terrorismus: Ab dem kommenden Donnerstag wird vor dem Landgericht Frankfurt/M. gegen einen Mann verhandelt, dem die Vorbereitung eines terroristischen Anschlags auf ein letztlich abgesagtes Radrennen im vergangenen Mai vorgeworfen wird. Der Angeklagte hatte sich durch den Kauf einer größeren Menge Wasserstoffperoxid verdächtig gemacht und wurde vor seiner Inhaftierung observiert. Dennoch stützten sich die Ermittler weitgehend auf Indizien, so die SZ (Lena Kampf/Georg Mascolo).

LG Neubrandenburg – SS-Mann: Nach Meldung der taz beginnt der Prozess gegen einen ehemaligen SS-Mann vor dem Landgericht Neubrandenburg am 29. Februar. Dem 95-Jährigen wird wegen seines Einsatzes im KZ Auschwitz Beihilfe zum Mord in mindestens 3.681 Fällen vorgeworfen.

LG Wuppertal zu Brandanschlag: In der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Wuppertal wegen eines Brandanschlags auf die lokale Synagoge sind die Bewährungsstrafen der Verurteilten erhöht worden, schreibt spiegel.de.

Feinstaubbelastung: focus.de (Lisa Rokahr) interviewt Rechtsanwalt Remo Klinger, der die Stadt München im Namen der Deutschen Umwelthilfe wegen unzureichender Maßnahmen gegen Feinstaubbelastung verklagt hat.

StA Braunschweig – VW: Das HBl (Volker Votsmeier/Martin Murphy) berichtet zu Ermittlungen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft wegen der Abgas-Affäre bei VW. Die Ermittlungen teilten sich in zwei Komplexe. Im ersten untersuchten die Ermittler möglichen Betrug bei der Emission von Stickoxiden, in einem zweiten wegen falsch angegebener Kohlendioxidwerte, hierbei werde auch noch eine mögliche Steuerhinterziehung bearbeitet. Ein weiterer Beitrag (Peter Köhler) legt dar, dass eine deutsche Kanzlei gegenwärtig für dutzende institutionelle Investoren eine Klage gegen VW nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz vorbereite. Ein entsprechender Antrag solle noch in dieser Woche gestellt werden, gefordert würde Schadensersatz in dreistelliger Millionenhöhe.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. Januar 2016: Fischer im Gespräch / Hoeneß in Freiheit / Freeh für VW . In: Legal Tribune Online, 19.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18171/ (abgerufen am: 16.05.2024 )

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