Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. Januar 2016: Sch­lechte Chancen vor VG / Väter-Gleich­be­rech­ti­gung / Keine Selbst­zensur

18.01.2016

Recht in der Welt

Polen – Rechtsstaat: Bundestagspräsident Norbert Lammert kritisiert auf zeit.de die derzeit gerade aus Polen zu hörende Ansicht, demokratische Legitimation legitimiere allumfassend. Dass der Rechtsstaat über das Verfassungsgericht demokratische Mehrheiten in die Schranken weise, habe es auch in Deutschland zum Unmut der Mehrheit oft genug gegeben. Das sei eine Bedingung der Freiheit, die auch mit dem EU-Beitritt als gültig anerkannt worden sei. Mit der FAS (Konrad Schuller) spricht der polnische Präsident Andrzey Duda unter anderem über die umstrittene Neubesetzung des polnischen Verfassungsgerichts.

Polen – Polizeigesetz: Am Freitag hat das polnische Parlament ein Polizeigesetz beschlossen, dass elektronische Überwachung und Datenerfassung ausweitet. Berufsgeheimnisträger wurden nicht ausgenommen, lediglich Gespräche mit dem Verteidiger und das Beichtgeheimnis sind tabu, meldet die Samstags-taz.

Griechenland – Abkommen mit NRW: Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjahns hat für sein Bundesland ein Abkommen mit Griechenland unterzeichnet. Nachdem er eine Liste mit potentiellen griechischen Steuersündern übergeben hatte, sollen griechische Steuerfahnder nun Unterstützung erhalten, mit Schulungen in Deutschland und griechisch sprechenden deutschen Experten, die vor Ort helfen, schreiben spiegel.de (Giorgos Christides) und Montags-taz (Claudia Hennen).

USA – Deutsche Bank: In einer Sammelklage in den USA wird der Deutschen Bank vorgeworfen, sie habe auf ihrer Devisenhandelsplattform "Autobahn" Algorithmen eingebaut, die Kundenaufträge verlangsamten. Die Verzögerung habe die Bank zur Kursbeobachtung genutzt um je nach Entwicklung Aufträge zu ihren eigenen Gunsten abzuweisen oder auszuführen. Die Bank behauptet, es gehe um Risikoabsicherung, die Klage spricht von Manipulation, berichtet der Spiegel (Martin Hesse).

Sonstiges

Keine Selbstzensur: Zur Richtlinie 12.1. des Deutschen Pressekodex schreibt die Samstags-SZ (Heribert Prantl), dass die Aufforderung, ethische, religiöse oder anderen Minderheitenzugehörigkeit nur zu erwähnen, "wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht" gerade keine Selbstzensur darstelle. Sie fordere eine Abwägung, ob eine Information sachlich Bedeutung hat, oder Diskriminierung fördert, vor der Wahrheit solle der Leser jedoch nicht geschützt werden.

Di Fabio-Gutachten: Die Rechtsprofessoren Jürgen Bast und Christoph Möllers kritisieren auf verfassungsblog.de das Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Udo Di Fabio für den bayerischen Staat. Sie begründen, warum der juristische Gehalt "erstaunlich dürftig" sei und werfen Di Fabio vor seine Reputation als Verfassungsrichter dazu zu nutzen, "einer demokratischen Regierung einen Rechtsbruch zu unterstellen, ohne diesen konkret benennen zu können". Die FAS (Patrick Bahners) sieht den Rat an Bayern, keine Klage zu erheben, zwischen die Zeilen des Gutachtens geschrieben. Die Montags-FAZ (Jürgen Kaube) schreibt ebenfalls zum Gutachten und kritisiert die Kritik von Bast und Möllers, die in "sorgloser Argumentation" Politik, Ökonomie und Recht verwechselten.

Ministererlaubnis: Die WamS (Michael Gassmann) lässt Juristen mit Kritikpunkten an der Ministererlaubnis zur Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka zu Wort kommen. Das keine wettbewerbsfördernden Bedingungen gestellt wurden wird kritisiert, andererseits die Trennung wettbewerbsrechtlicher und politischer Fragen gerade als Merkmal der Ministererlaubnis hervorgehoben. Problematisch erscheine, dass eine Nichteinhaltung der Bedingungen auch nach Jahren noch eine Rückabwicklung der Übernahme erforderlich machen könnte, weil die Aufrechterhaltung eines Zustands Bedingung sei.

Portrait Maas: Der Spiegel (Melanie Amann) portraitiert Bundesjustizminister Maas, der mit prägnanten Worten Furore gemacht habe, aber in der Gesetzgebung keine Haltung bewahre. "Ausgerechnet mit ihm ist die SPD wieder Law-and-Order-Partei".

Unbegründeter Verdacht: Nachdem Eltern ihren Kindern Aussagen zu angeblichen sexuellen Übergriffe von Kindern an Kindern unter den Augen der Kita-Erzieher entlockten, haben sich die Vorwürfe in geschulten Befragungen im Ermittlungsverfahren nicht bestätigt, berichtet der Spiegel (Bruno Schrep). Das Ermittlungsverfahren ist eingestellt, die Reputation der Erzieher aus der "Horror-Kita" (Bild-Zeitung) konnte nicht wieder hergestellt werden.

Möbelplagiate: Über den Handel mit plagiierten Möbeln und dazu ergangene Gerichtsurteile, schreibt die Montags-Welt (Carsten Dierig). Im Gegensatz zum strengen deutschen Urheberrecht seien andere laxer, innerhalb der EU etwa Großbritannien und Italien, aber auch in Deutschland bedürfe das Möbelplagiat einer hohen Übereinstimmung mit dem Original. Verbraucher bewegten sich in einer Grauzone und die Verurteilung eines Spediteurs wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke sei von Bundesgerichtshof und Europäischem Gerichtshof bestätigt worden.

Europäische Knöllchen: Mit den Folgen von Verkehrsverstößen im europäischen Ausland befasst sich die Montags-Welt (Claudius Lüder). Ab 70 Euro inklusive Verfahrenskosten werden EU-ausländische Knöllchen auch im Inland vollstreckt, ansonsten kann Vollstreckung bei Wiedereinreise erfolgen. Punkte in Flensburg werden jedoch nicht über Staatsgrenzen verteilt und auch Fahrverbote gelten nicht.

Unfallschaden Absetzen: Die Montags-SZ (Berrit Gräber) erklärt die steuerliche Absetzbarkeit des finanziellen Schadens eines Autounfalls bei betrieblich bedingter Fahrt. Regelmäßig können Unfallkosten und direkte Folgekosten – etwa das beim Unfall zerstörte Handy, die der Arbeitnehmer selbst trägt, als Werbungskosten abgesetzt werden.

Das Letzte zum Schluss

Geruchsgutachten: Weil es auf der Herrentoilette im Haus der Bremer Bürgerschaft so erbärmlich stank, gab die Bürgerschaft 2012 ein Gutachten in Auftrag. Das Ergebnis wurde nun vorgestellt: Mit den Urinalen ist alles in Ordnung, es mangelt wohl an der Treffsicherheit der Benutzer. Das meldet die Montags-Welt.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/krü

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. bis 18. Januar 2016: Schlechte Chancen vor VG / Väter-Gleichberechtigung / Keine Selbstzensur . In: Legal Tribune Online, 18.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18150/ (abgerufen am: 16.05.2024 )

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