Die juristische Presseschau vom 17. / 18. Mai 2012: Neue Chance für Hertha – Keine Chance für Telekom-Kläger – Pause für Mladic

18.05.2012

Fußball wird nicht nur auf dem Rasen gespielt, sondern heute Mittag auch vor dem DFB-Sportgericht. Kann Hertha BSC wegen der Spielunterbrechung im Relegationsspiel eine Wiederholung erreichen? Die Meinungen gehen weit auseinander. Außerdem in der Presseschau: Das Ende des größten deutschen Zivilrechtsprozesses und warum das Verfahren gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Mladic gleich wieder eingestellt wurde.

Wiederholung des Relegationsspiels? Heute wird sich das DFB-Sportgericht mit der Frage beschäftigen, ob das Relegationsspiel der Fußball-Bundesliga von Hertha BSC Berlin und Fortuna Düsseldorf wiederholt werden muss. Das Spiel war am Dienstag kurz vor Schluss unterbrochen worden, nachdem Fans das Spielfeld stürmten. Hertha BSC erhob Einspruch und berief sich gemäß § 13a der Spielordnung auf eine "Schwächung der eigenen Mannschaft durch einen während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war". Fußball-recht.com stellt die Rechtslage dar.

spiegel.de (Sara Peschke) zitiert Anwälte, die "gute Chancen" für eine Wiederholung sehen. Auch Rechtsanwalt Fabian Reinholz (beck.blog.de)  plädiert für ein Wiederholungsspiel. Dagegen prophezeit die SZ (Thomas Kistner) unter Berufung auf DFB-nahe Sportrechtsjuristen: "Ein Wiederholungsspiel wird es nicht geben."

Weitere Themen – Rechtspolitik

Ministerentlassung: lto.de (Patrick Buse) nimmt die Entlassung von Umweltminister Röttgen zum Anlass, die staatsrechtlichen Regeln der Ministerentlassung zu erläutern. Kanzlerin Merkel sei die Herrin des Verfahrens, Bundespräsident Gauck nur Staatsnotar.

EU-Datenschutz: In einem Gastbeitrag für das SZ-Feuilleton kritisiert Thomas Giesen, Rechtsanwalt und ehemaliger sächsischer Datenschutzbeauftragter, den Vorschlag der EU-Kommission für eine neue EU-Datenschutzverordnung. Er spricht der EU mit zahlreichen Argumenten die Befugnis zur Rechtssetzung ab. 

Baugerichtstag: In der FAZ berichtet Rechtsanwalt Friedrich-Karl Scholtissek ausführlich vom 4. Baugerichtstag in Hamm. Unter anderem wurde vom Gesetzgeber gefordert, das BGB-Werkvertragsrecht endlich um spezielle Regelungen zum Bauvertrag zu ergänzen. Derzeit müsse der Bundesgerichtshof viele Fragen unter Berufung auf Treu und Glauben lösen.

Weitere Themen - Justiz

Voßkuhle-Interview: Im Gespräch mit der Zeit (Marc Brost/Heinrich Wefing) erläutert Andreas Voßkuhle, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, sein Verhältnis zur Politik: "Kommunikation über Entscheidungen ist wichtig". Weitere Themen: Europa, die vom Gericht vorgeschlagene Mutwillensgebühr und Voßkuhles Privatleben. 

BFH zu Unternehmenssteuern: Der Rechtsanwalt Gunnar Knorr erläutert auf lto.de einen Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem März, der die 2008 eingeführte Zinsschrankenregelung für verfassungswidrig hält. Die beschränkte Möglichkeit Zinsaufwendungen steuerlich geltend zu machen, erfasse nicht nur Missbrauchsfälle, bei denen Gewinne ins Ausland verschoben werden, sondern auch normale unternehmerische Gestaltungen.

BFH zu Mehrwertsteuer bei Ebay: Wer regelmäßig Waren bei Ebay verkauft, handelt nachhaltig unternehmerisch und ist daher umsatzsteuerpflichtig. Diese Entscheidung des Bundesfinanzhofs meldet lto.de. Ein Ehepaar hatte pro Jahr 200 bis 400 Verkäufe getätigt. 

OLG Frankfurt zu Telekom-Aktien: Die Deutsche Telekom hat in ihrem Prospekt für den Börsengang im Jahr 2000 keine gravierenden Fehler gemacht, stellte am Mittwoch das Oberlandesgericht Frankfurt fest. sueddeutsche.de (Silke Bigalke, Markus Zydra) berichtet über das Urteil im "größten deutschen Zivilprozess aller Zeiten".

OLG Köln zu Filesharing: Anwalt Sebastian Dosch stellt auf seinem klawtext-blog eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vor. Danach muss die Logging-Software, mit der Rechteinhaber eine "offensichtliche Rechtsverletzung" (zum Beispiel durch Anbieten illegal kopierter Musikstücke) belegen, von unabhängigen Sachverständigen geprüft werden. Nur dann könne ein Auskunftsanspruch auf die Klarnamen zu IP-Adressen zugebilligt werden. 

LSG Bayern zu Hartz-IV-Reisekosten: Wenn ein Hartz-IV-Empfänger von seinem Jobcenter zu einer persönlichen Vorsprache eingeladen wird, müssen ihm die Fahrtkosten für die verkehrsgünstigste Anfahrt und nicht nur für die kürzeste Strecke erstattet werden. Das entschied laut lto.de das bayerische Landessozialgericht.

LG Detmold verurteilt wegen Ehrenmord: Der Kurde Osman Ö. wurde vom Landgericht Detmold wegen Mordes an seiner Schwester Arzu Ö. zu lebenslanger Haft verurteilt. Vier weitere Geschwister erhielten lange Haftstrafen. Das Gericht glaubte nicht an eine unbeabsichtigt aus dem Ruder gelaufene Aussprache, das berichten unter anderem FAZ (Maximilian Weingärtner) und spiegel.de

Demonstrationsrecht in Frankfurt: Die taz (Christian Rath) gibt einen Überblick über zahlreiche Klagen und Urteile im Zusammenhang mit den Blockupy-Aktionstagen gegen Bankenmacht in Frankfurt.

Hells Angels-Verbote: Der Vereinsrechtler Dirk-Ulrich Otto erläutert in einem Beitrag für lto.de, wann ein Verein wegen Straftaten seiner Mitglieder verboten werden kann. Anlass sind die Verbote von Rockerclubs in Nordrhein-Westfalen.

Professoren unterstützen Drogenhelfer: In Mainz wird gegen zwei Mitarbeiter einer Drogenhilfsstelle ermittelt. Sie hätten illegale Drogengeschäfte in der Einrichtung geduldet und gefördert. Jetzt bekommen sie Unterstützung von allen Strafrechtsprofessoren der Mainzer Universität, wie der lawblog (Udo Vetter) berichtet: "Mit ähnlichen wie den in diesem Verfahren erhobenen Vorwürfen könnte man alle niedrigschwellig arbeitenden Einrichtungen der Drogenhilfe bundesweit dichtmachen", erklärte Professor Knud-Christian Hein.

El-Masri klagt gegen Mazedonien: Das Ulmer CIA-Entführungsopfer Khaled el-Masri klagt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen Mazedonien. Dort war el-Masri Anfang 2004 mehrere Wochen festgehalten und dann dem CIA übergeben worden. Von der mündlichen Verhandlung berichtet taz.de (Christian Rath).

Weitere Themen – Recht in der Welt

Prozessbeginn gegen Mladic: Am Internationalen Jugoslawien-Tribunal hat die Verhandlung gegen den ehemaligen militärischen Führer der bosnischen Serben Ratko Mladic begonnen. Ihm werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorgeworfen. Den Prozessbeginn schildern unter anderem FAZ (Reinhard Müller) und SZ (Ronen Steinke). Am zweiten Prozesstag wurde das Verfahren vom Gericht unterbrochen, weil die Anklage der Verteidigung wichtige Dokumente vorenthielt, so zeit.de

Tschechien – Rebellion gegen EuGH: Der Verfassungsblog (Max Steinbeis) beschreibt die Auseinandersetzungen in Tschechien um die Verbindlichkeit von EuGH-Urteilen. 

Das Letzte zum Schluss

Nochmal Hertha: Schiedsrichter Wolfgang Stark hat einen Spieler von Hertha BSC, vermutlich Lewan Kobiaschwili, wegen Körperverletzung angezeigt. Das berichtet spiegel.de. Kobiaschwili hatte Stark nach dem tumultösen Relegationsspiel gegen Fortuna Düsseldorf in den Nacken geschlagen. Zuständig ist die Staatsanwaltschaft Düsseldorf. 

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/chr

(Hinweis für Journalisten)   

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage. 

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. / 18. Mai 2012: Neue Chance für Hertha – Keine Chance für Telekom-Kläger – Pause für Mladic . In: Legal Tribune Online, 18.05.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6224/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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