Die juristische Presseschau vom 16. April 2014: Rüstungsexporte vor dem BVerfG – Anwaltliche Beratung gratis – Mehr Steuer-Selbstanzeigen

16.04.2014

Justiz

Verfassungsgericht und Regierung: Reinhard Müller (FAZ) setzt sich im Leitartikel mit dem Verhältnis von Regierung, Parlament und Bundesverfassungsgericht auseinander. Die bisher gemachten Vorschläge für das Richterwahlverfahren änderten wenig daran, dass jeder Richter sein Amt zunächst einer bestimmten Partei verdanke, politisiert seien die Richterwahlen in jedem Fall: "Das Problem: Dumme Richter will niemand, allenfalls willfährige."

BGH zu Vertragsstrafen: internet-law.de (Thomas Stadler) stellt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem November 2013 vor. Demnach sei eine Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen in Höhe von 25.000 Euro im Wettbewerbsrecht nicht von vorneherein unangemessen. Die vorformulierte Vereinbarung einer Vertragsstrafe unterliege zwar der Inhaltskontrolle des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, den Vertragsparteien sei aber ein großzügiger Beurteilungsspielraum zu gewähren. 

BSG zu Syndikusanwälten: Auch die FAZ (Joachim Jahn) beschäftigt sich jetzt mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts, derzufolge Syndikusanwälte als abhängig Beschäftigte rentenversicherungspflichtig sind.

In einem Interview mit lto.de (Pia Lorenz/Claudia Kornmeier) hält Martin Schafhausen, der dem Vorstand des Deutschen Anwaltvereins angehört, die Entscheidung für falsch. Das Bundessozialgericht stelle darauf ab, wie die Allgemeinheit den Anwaltsberuf wahrnehme, und ein Unternehmensjurist werde nicht als Anwalt gesehen. Es komme aber nicht darauf an, wie die Allgemeinheit den Anwaltsberuf wahrnehme.

BFH – Cum-Ex-Geschäfte: Der Bundesfinanzhof (BFH) verhandelt über die seit 2007 nicht mehr zulässigen Cum-Ex-Geschäfte. Beim sogenannten Dividendenstripping erhielten Investoren für einmal gezahlte Kapitalertragsteuer doppelt Geld zurück. Fraglich ist, welche Rolle die Banken spielten, die ihren Kunden diese Vorgehensweise empfahlen. Der BFH verhandelt nichtöffentlich. Eine Entscheidung ist nicht absehbar. Es berichten taz (Hermannus Pfeiffer) und FAZ (ols/Henning Peitsmeier/Joachim Jahn) in ihrem Finanzteil.

Das Handelsblatt (Holger Alich/Elisabeth Atzler/Kerstin Leitel/Donata Riedel) widmet sich in diesem Zusammenhang der Klage von Holger Maschmeyer gegen den Schweizer Investmentbanker Eric Sarasin. In einem Interview mit dem Handelsblatt (Peter Köhler) sagt der Rechtsanwalt Bernulph von Crailsheim, wenn der BFH bei der Auffassung bleibe, die er in seinem Gerichtsbescheid*** vertreten habe, werde die Finanzverwaltung eine Niederlage erleiden.

Joachim Jahn (FAZ) meint, die Leerverkäufe und die Steuerrückerstattung könnten sich wegen der verworrenen Gesetzeslage als legal erweisen. Auch Holger Alich (Handelsblatt) betont in diesem Fall die Mitverantwortung des Gesetzgebers, die Alleinschuld treffe nicht nur "gierige Banken und ihre einfallsreichen Berater."

BAG zu Nachtdiensten bei Krankenschwestern: Rechtsprofessor Christian Rohlfs (blog.beck.de) sieht in dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur teilweisen Arbeitsunfähigkeit einer Krankenschwester eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung. Das BAG habe eine teilweise Arbeitsunfähigkeit stets abgelehnt. Ein weiterer Einwand: Wenn die klagende Krankenschwester einen Anspruch darauf habe, nicht mehr in der Nachtschicht arbeiten zu müssen, bedeute dies vor allem konkrete Mehrbelastung für ihre Kolleginnen. Dem Arbeitgeber werde nur der zusätzliche Organisationsaufwand bei der Gestaltung der Dienstpläne aufgebürdet.

BAG zu Festanstellung: welt.de stellt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vor. Eine nordrhein-westfälische Lehrerin hat nach 13 befristeten Arbeitsverträgen eine Festanstellung erstritten. Bereits im Herbst 2013 habe das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf dem beklagten Land attestiert, seinen Gestaltungsspielraum bei der Befristung von Arbeitsverträgen missbraucht zu haben. Die Entscheidung, eine Revision nicht zuzulassen, wurde jetzt vom Bundesarbeitsgericht bestätigt. Damit ist das Düsseldorfer Urteil rechtskräftig. In Nordrhein-Westfalen sind etwa 15.000 Beschäftigte mit zeitlich befristeten Verträgen ausgestattet.

OLG München – NSU: spiegel.de (Björn Hengst) berichtet über die Befragung des hessischen V-Manns Andreas T. durch Ismail Yozgat. Der Vater des in Kassel in seinem Internet-Café ermordeten Halit Yozgat tritt in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Sein Auftritt habe ein weiteres Mal erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Aussagen des Verfassungsschutzmitarbeiters Andreas T. geweckt.

zeit.de (Tom Sundermann) fasst die Berichterstattung zum Ende März verstorbenen V-Mann Thomas R. (Deckname Corelli) zusammen.

LG Essen zu kostenloser anwaltlicher Beratung: Das Landgericht Essen hat entschieden, dass eine kostenlose Erstberatung durch eine Anwaltskanzlei weder standes- noch wettbewerbswidrig ist. lawblog.de (Udo Vetter) stellt das Urteil vor.

LG Koblenz – Nürburgring/Ingolf Deubel: Das Landgericht Koblenz spricht am heutigen Mittwoch das Urteil im Nürburgring-Prozess. Der Hauptangeklagte Ingolf Deubel, früher Finanzminister von Rheinland-Pfalz, beharrt auf seiner Unschuld. Die Staatsanwaltschaft wirft Deubel Untreue vor und fordert vier Jahre Haft. Deubel habe sich nicht persönlich bereichert, das Land sei aber Zahlungen, Zahlungsverpflichtungen und Bürgschaften in seinem Namen eingegangen, ohne die Bonität der Begünstigten ausreichend geprüft zu haben. Es berichten taz (Arno Frank) und FAZ (Timo Frasch).

LG Wiesbaden – Christopher Jahns/European Business School: Das Verfahren gegen Christopher Jahns wird noch bis Juli 2014 dauern. Das Landgericht Wiesbaden hat weitere Verhandlungstage anberaumt, berichtet das Handelsblatt. Dem früheren Präsidenten der European Business School wird Untreue zur Last gelegt. Das Handelsblatt berichtet.

StA Stade – Kai Schmidt/Toiletten: spiegel.de (Philipp Alvares de Souza Soares) berichtet über das Vorhaben der Staatsanwaltschaft Stade, Kai Schmidt, einen der größten Betreiber von Pachttoiletten, anzuklagen. Der Geschäftsführer der Service-Team Schmidt GmbH soll in den Jahren 2005 bis 2010 etwa 4,7 Millionen Euro an Sozialversicherungsbeiträgen und 1,1 Millionen Euro an Steuern nicht bezahlt haben.

AG Fürth zu Asylheimbeschäftigten: Drei Mitarbeiter des Aufnahmelagers für Asylbewerber in Zirndorf sind vom Amtsgericht Fürth wegen fahrlässiger Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung zu Geldstrafen verurteilt worden, berichtet die taz (Tobias Schulze). Sie hatten sich geweigert, einen Notarzt zu rufen, als zwei Asylbewerber für ihr an Meningokokken lebensgefährlich erkranktes Kind darum baten. Die Familie habe sich erst bei der Lagerverwaltung einen Krankenschein ausstellen lassen und danach zwei Kilometer zu Fuß zu einem Arzt laufen müssen. Das Kind werde bleibende Schäden behalten.

AG Berlin-Tiergarten zu FDJ: Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat zwei Männer freigesprochen, die auf einer Veranstaltung die blauen Hemden mit Abzeichen und aufgehender Sonne der Freien Deutschen Jugend (FDJ) getragen hatten. Auch wenn die FDJ seit 1951 in Westdeutschland verboten sei, verstoße das öffentliche Zeigen ihrer Symbole nicht gegen geltendes Recht. Es berichtet die SZ (Jens Schneider).

Mehr Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung: Wie die SZ (Guido Bohsem) berichtet, hat die Zahl der Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung nach dem Urteil gegen Uli Hoeneß stark zugenommen. Bis zu fünfmal mehr Steuerbürger offenbarten sich den Finanzämtern als vor einem Jahr.

In seinem Kommentar betont Guido Bohsem (SZ Wirtschaft) die Wichtigkeit des Instruments der Selbstanzeige, die juristisch so gestaltet bleiben müssen, dass man sich "unfallfrei" selbst anzeigen könne.

*** Anm. d. Red.: Hier stand zunächst fälschlich "Rechtsbescheid". Der BFH kann jedoch tatsächlich ohne mündliche Verhandlung zunächst durch Gerichtsbescheid entscheiden (§ 90 FGO). Dieser wirkt als Urteil, wenn die Beteiligten nicht innerhalb eines Monats eine mündliche Verhandlung beantragen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 16. April 2014: Rüstungsexporte vor dem BVerfG – Anwaltliche Beratung gratis – Mehr Steuer-Selbstanzeigen . In: Legal Tribune Online, 16.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11716/ (abgerufen am: 30.04.2024 )

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