Die juristische Presseschau vom 13. bis 15. September 2014: Mit Recht gegen Islamisten – Ist freie Geschlechtswahl sinnvoll? – Mordprozess gegen Krankenpfleger

15.09.2014

An diesem Montag beginnt der erste Prozess gegen ein deutsches IS-Mitglied. Offen ist wohl nur noch das Strafmaß. Außerdem in der heutigen Presseschau: Sollen Erwachsene ihr amtliches Geschlecht frei wählen können?, ein Krankenpfleger soll Patienten aus Profilierungssucht getötet haben, Palästina kann nun doch dem IStGH beitreten - und warum man im Gericht keine Fahrräder stehlen sollte.

Thema des Tages

Mit Recht gegen Islamisten: Am Oberlandesgericht Frankfurt/Main beginnt an diesem Montag der Prozess gegen den 20-jährigen Kreshnik B., der sich ein halbes Jahr in Syrien bei der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) aufgehalten hat. Er ist u.a. wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung angeklagt. Der Spiegel (Jörg Diehl u.a. - spiegel.de-Teilzusammenfassung) und die WamS (Florian Flade) verbinden ihre Vorberichte mit Überblicken zur Belastung der Justiz durch derartige Prozesse und über die rechtspolitische Debatte zu Gesetzesverschärfungen im Kampf gegen Islamisten.

Am Freitag hat Innenminister Thomas de Maizière (CDU) auf Grundlage des Vereinsgesetzes ein Betätigungsverbot für den IS in Deutschland ausgesprochen. Rechtsgrundlagen und -folgen erklärt die Samstags-Badische Zeitung (Christian Rath). Justizminister Heiko Maas (SPD) begrüßt diesen Schritt, fordert zugleich aber "Wiedereingliederungshilfen für geläuterte Rückkehrer", so die Montags-Leipziger Volkszeitung (Dieter Wonka).

Rechtspolitik

WLAN-Haftung: Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, Rechtssicherheit für die Betreiber offener WLAN-Angebote zu schaffen. Derzeit müssen sie noch mit Schadensersatzforderungen rechnen, wenn Nutzer dort zum Beispiel illegal Musikdateien tauschen. Die FAS (Corinna Budras) beschreibt, dass Deutschland mit diesen Haftungsrisiken weltweit allein da stehe.

Managerhaftung: Beim Deutschen Juristentag, der am Dienstag beginnt, wird u.a. über die Haftung von Managern für Fehlverhalten diskutiert. Joachim Jahn (Montags-FAZ) beschreibt im Wirtschafts-Leitartikel den Rahmen und plädiert dafür, dass Gerichte wieder mehr die Risikogeneigtheit unternehmerischer Entscheidungen berücksichtigen sollen. Schadensersatzansprüche für einzelne Aktionäre lehnt er ab.

Herkunftskultur und Recht: Ebenfalls beim Juristentag wird über die Frage diskutiert, wieviel Rücksicht Gesetzgeber und Richter auf kulturelle oder religiöse Prägungen nehmen müssen. Die FR gibt einen Überblick über die strittigen Fragen: vom islamischen Kopftuch über Beschneidung, Ehrenmorde bis zur Paralleljustiz in Migrantenmilieus.

Drogenstrafrecht: Im Interview mit der Samstags-taz (Benjamin Moldenhauer) erläutert der emeritierte Rechtsprofessor Lorenz Böllinger den Stand der Initiative zur Überprüfung des Drogenstrafrechts. Im Gesundheitsausschuss des Bundestags zeichne sich die Möglichkeit ab, dass tatsächlich eine Expertenkomission einberufen werde. Seine eigene Position beschreibt Böllinger so: "Die Strafe richtet größeren Schaden an als der Konsum, der bestraft wird".

CETA-Investorenschutz: Die Sozialdemokraten im Europaparlament haben sich darauf festgelegt, dass sie dem CETA-Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada nur zustimmen, wenn auf Investorenschutz-Regeln verzichtet wird, berichtet die Samstags-taz (Ulrike Hermann). Es gebe auch genügend Zeit für Nachverhandlungen, weil der Vertragstext in den kommenden acht Monaten noch übersetzt und sprachjuristisch geprüft werde.

Streikrecht und Spartengewerkschaften: In einem Gastbeitrag für die Samstags-FAZ greift Wolfgang Franz, Ex-Vorsitzender des Wirtschafts-Sachverständigenrats, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Streikrecht an. Erst die niedrigen Anforderungen an Warn- und Sympathiestreiks hätten zu einem "Ausufern der Spartenstreiks" geführt. Der Gesetzgeber solle dagegen dem "Ultima Ratio"–Prinzip im Streikrecht wieder volle Geltung verschaffen und seine Angst vor einer Kodifizierung des Streikrechts aufgeben.

Reform der Grundsteuer: Es wird damit gerechnet, dass das Bundesverfassungsgericht in diesem Herbst die Grundsteuer, die noch auf der Grundlage jahrzehntealter Einheitswerte erhoben wird, für verfassungswidrig erklärt. Deshalb bereiten die Finanzminister der Länder schon jetzt eine Reform vor, deren Einzelheiten die Montags-FAZ (Manfred Schäfers) schildert. Es laufe auf ein Mischmodell hinaus, bei dem der Wert des Grundstücks und die Fläche für die Aufbauten in die Berechnung eingehen.

Freie Geschlechtswahl: Max Steinbeis (verfassungsblog.de) überlegt anlässlich von Regeln in Dänemark und Argentinien, ob es Erwachsenen erlaubt werden soll, ihr amtliches Geschlecht frei zu wählen, oder ob dies an die Feststellung von Sachverständigen geknüpft werden sollte. Steinbeis plädiert für ersteres, da die Zuordnung zu einem Geschlecht heute kaum noch eine rechtliche Rolle spiele und nur noch einem alten "Sortierreflex" diene.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. bis 15. September 2014: Mit Recht gegen Islamisten – Ist freie Geschlechtswahl sinnvoll? – Mordprozess gegen Krankenpfleger . In: Legal Tribune Online, 15.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13176/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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