Die juristische Presseschau vom 11. bis 13. Juli 2015: Schul­den­schnitt ohne Grexit – BGH zu Schat­ten – Pfle­ge­kraft kann erben

13.07.2015

Justiz

BGH zu Kohl-Tonbändern: Wie der Bundesgerichtshof am Freitag entschied, musste Heribert Schwan, der als Ghostwriter für den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl dessen Memoiren schrieb, die Tonbänder herausgeben, die Kohl in Vorbereitung der Schriften besprochen hatte. Laut der Samstags-BadZ (Christian Rath) argumentierte der BGH, es habe ein "auftragsähnliches Rechtsverhältnis" bestanden, nach dessen Ende Schwan alles herausgeben musste, was er während des Auftrags erhalten hat. Das Oberlandesgericht Köln hatte sein Urteil zugunsten Kohls anders begründet: dieser habe das Eigentum an den Kassetten durch das bloße Besprechen erworben. Dazu auch ausführlich der Samstags-Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof).

BGH zu Baumschatten: In der Regel besteht kein zivilrechtliches Abwehrrecht gegen negative Emissionen von Bäumen, also den Entzug von Licht und Wind. Das entschied der BGH am Freitag und bestätigte damit die bisherige Rechtsprechung. Geklagt hatte ein Paar, dessen Garten von zwei städtischen Eschen beschattet wird. Der Samstags-Tagesspiegel (Ursula Knapp) berichtet ebenso wie der Notar Herbert Grziwotz auf lto.de.

BGH zu Rundfunkbeitrag: Der Beitragsservice der Rundfunkanstalten kann Vorstreckungsersuchen auch ohne Unterschrift und Siegel anfertigen. Sie gelten auch dann als "mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt", wenn ein Sachbearbeiter individuelle Aspekte eingefügt hat. Das entschied laut Handelsblatt (Norbert Häring) der Bundesgerichtshof, der ein anders lautendes Urteil des Landgerichts Tübingen aufhob.

BVerfG zu Mietpreisbremse: Mit einem am vergangenen Freitag veröffentlichten Beschluss verwarf das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen die sogenannte Mietpreisbremse und die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung. Aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes müsse der beschwerdeführende Immobilieneigner zunächst den Zivilrechtsweg beschreiten, referiert die Samstags-FAZ (Joachim Jahn).

BVerfG – BKA-Gesetz: Der Jurist und Journalist Dietmar Hipp berichtet für lto.de über die Verhandlung des BKA-Gesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht in der vergangenen Woche. Hipp hat die mehr als achtstündige Verhandlung bis zum Ende verfolgt und schildert insbesondere das nachmittägliche Rechtsgespräch über den Schutz des privaten Kernbereichs und die Weitergabe von Daten aus der Terrorabwehr. Auch Hipp prognostiziert, dass das BKA-Gesetz beanstandet wird.

Jost Müller-Neuhof (Tagesspiegel) kommentiert: "Die Erregung von damals hat das erneuerte BKA-Gesetz nicht verdient". Es sei von den Richtern klug gewesen, den Fall nach Inkraftreten des Gesetzes sechs Jahre liegen zu lassen.

BVerfG – Tarifeinheitsgesetz: Der Marburger Bund, Cockpit und der deutsche Journalisten-Verband haben am Freitag unmittelbar gegen das inkraftgetretene Tarifeinheitsgesetz Verfassungsebschwerde eingelegt und gleichzeitig einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt, um die neuen Vorschriften zunächst auszusetzen. Auch die GDL bereitet eine Klage gegen das Gesetz vor, berichten Samstags-FAZ (Joachim Jahn) und blog.beck.de (Markus Stoffels).

BVerfG – NPD-Verbot: Erst im Herbst will der Bundesrat im laufenden NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht neues Material vorlegen. Damit will der Bundesrat belegen, dass die NPD bei Protesten gegen Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkünfte eine "Scharnier- und Bündelungsfunktion" für andere rechtsextremistische Gruppen erfülle. Auch würden, so der Spiegel, derzeit Befragungen durchgeführt, die belegen sollen, dass die Partei ein "Klima der Angst" erzeuge.

ArbG Hamburg zu Bagatelldiebstahl: spiegel.de berichtet über eine am vergangenen Freitag veröffentlichte Entscheidung des Hamburger Arbeitsgerichtes. Danach durfte einer Krankenschwester nach 23 Dienstjahren nicht fristlos gekündigt werden, nur weil sie acht halbe belegte Brötchen, die für Dritte bestimmt waren, aus dem Kühlschrank des Pausenraums nahm und gemeinsam mit Kolleginnen verzehrte. Die Einzelfallprüfung gehe hier zugunsten der Angestellten aus. Dazu auch blog.beck.de (Markus Stoffels).

VG Düsseldorf zu Sonntagsarbeit: Die Post darf die durch den Streik liegen gebliebenen Postberge nicht am Sonntag abarbeiten. Dies entschied das Verwaltungsgericht Düsseldorf laut blog.beck.de (Markus Stoffels). Die Sonntagsruhe sei verfassungsrechtlich geschützt, die Allgemeinheit müsse die nachteiligen Folgen aus einem Arbeitskampf grundsätzlich hinnehmen.

BAW - NSA: Heribert Prantl (Montags-SZ) kritisiert die Untätigkeit der Bundesanwaltschaft nach den neuen Enthüllungen über Spionage der NSA. "Der Entschlossenheit der USA, unverdrossen weiterzuspionieren, muss entschlossen entgegengetreten werden."

StA Stralsund - Nordkurier: Die Staatsanwaltschaft Stralsund will einen Strafantrag der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg gegen den Chefredakteur der Zeitung Nordkurier nicht weiterverfolgen, meldet meedia.de (Marvin Schade). Der Journalist hatte den Neubrandenburger Staatsanwälten in einem anderen Fall vorgeworfen, sie agierten gegen die Presse mit Schaum vor dem Mund. Diese hatten darin eine Beleidigung gesehen. Der Fall hatte eine Diskussion über die Pressefreiheit ausgelöst.

BGH zu Framing: Die BGH-Entscheidung vom Donnerstag zum sogenannten Framing, dem Einbetten fremder Videos auf der eigenen Internetseite, kommentiert der Anwalt Andreas Biesterfeld-Kuhn für lto.de. Biesterfeld-Kuhn hätte sich die klare Ansage gewünscht, dass Framing keine Urheberrechte verletzt. Er hegt dogmatische Zweifel mit Blick auf die vorausgehende Entscheidung des EuGH.

BGH zu Nivea-Blau: Das ebenfalls am Donnerstag ergangene Urteil des BGH zum sogenannten Nivea-Blau bespricht für lto.de die Rechtsanwältin Valeska Töbelmann. Jetzt bestehe Klarheit für Markenanmelder, dass eine Verkehrsdurchsetzung der Farbmarke schon dann angenommen werden kann, wenn mindestens fünfzig Prozent der Verbraucher, die Farbe dem Produkt zuordnen können. Es könne allerdings noch Diskussionen darum geben, ob die Umfragen von unabhängigen Sachverständigen durchgeführt werden müssen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. bis 13. Juli 2015: Schuldenschnitt ohne Grexit – BGH zu Schatten – Pflegekraft kann erben . In: Legal Tribune Online, 13.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16200/ (abgerufen am: 17.05.2024 )

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