Die juristische Presseschau vom 11. April 2014: Schwarzarbeit umsonst – Wiederaufnahme im Fall Peggy – Bausback zu Gurlitt

11.04.2014

Justiz

EuGH zu Vorratsdatenspeicherung: In einem Kommentar zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung gibt Jasper von Altenbockum (FAZ) zu bedenken, dass nicht die Speicherung selbst vom Gericht gerügt wurde, sondern die Missachtung der Verhältnismäßigkeit. Der Autor erinnert an einen vergleichbaren Entscheidungstenor des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 und erkennt in der gegenwärtigen Debatte zur vermeintlichen staatlichen "Sammelwut" ein maßgebliches Hindernis auf dem Weg zu einer gesetzlichen Regelung, die unter strikter Beachtung der gerichtlich formulierten Voraussetzungen für die befristete Datenspeicherung Maßstäbe auch für private Unternehmen setzen könnte.

EuGH zu Privatkopien: Der Europäische Gerichtshof hat zur Auslegung der Urheberrechts-Richtlinie entschieden, dass Privatkopien nur dann zulässig sein können, wenn sie aus legalen Quellen stammen. Nationale Vorschriften, die nicht zwischen derartigen "legalen" Privatkopien und solchen, die aus nachgeahmten oder gefälschten Werken stammten, unterschieden seien damit europarechtswidrig, schreibt Thomas Stadler (internet-law.de) und sieht damit auch § 53 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz "auf dem Prüfstand."

EuGH zu "Monsterbacke": Auf eine Vorlage des Bundesgerichtshofs (BGH) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der auf dem Joghurt "Monsterbacke" eines deutschen Herstellers verwendete Slogan "So wichtig wie das tägliche Glas Milch" als gesundheitsbezogene Aussage zu werten sei. Der Spruch falle damit unter eine EU-Richtlinie, die Informationen zu ausgewogener Ernährung verlangt, schreibt die SZ (Robert Gast). Der BGH müsse nun prüfen, ob die Voraussetzungen der Richtlinie durch den Hersteller erfüllt seien.

BGH – Suhrkamp: Die vom Landgericht Berlin im vergangenen Jahr zurückgewiesene sofortige Beschwerde des Suhrkamp-Minderheitsgesellschafters Hans Barlach gegen die Genehmigung des Insolvenzplanes des Verlages ist mittlerweile im Wege einer Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof anhängig. Dies berichtet die FAZ (Sandra Kegel) im Feuilleton und bezeichnet die zu entscheidende Frage des Verhältnisses von Gesellschafts- und Insolvenzrecht als "das juristische Grundproblem dieses juristischen Großkonflikts." Mit einer baldigen Entscheidung sei dennoch nicht zu rechnen.

OLG München – NSU-Prozess: Über den vor dem Oberlandesgericht München laufenden Prozess gegen Beate Zschäpe und andere berichtet die Welt (Per Hinrichs, erweiterte Online-Version). Die erneut als Zeugin vorgeladene Friseurin Mandy S. habe als mutmaßliche Unterstützerin des Trios "geradezu bizarre" Erklärungen abgeliefert, gleichsam sei das Gericht angesichts des Schweigens der Angeklagten und geschredderter Verfassungsschutzakten auf Zeugen wie sie angewiesen. Ein Beweisantrag eines Nebenklagevertreters aus der vergangenen Woche hätte zudem belegt, dass die britische Kriminalpolizei Scotland Yard deutsche Ermittler 2004 auf einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund des Kölner Bombenattentats hingewiesen habe.

LG Bayreuth – Fall Peggy: Über den Prozessauftakt am Landgericht Bayreuth im Wiederaufnahmeverfahren zum Fall der 2001 mutmaßlich getöteten Peggy berichtet die FAZ (Karin Truscheit). Der Artikel schildert die Lebensumstände des angeklagten Ulvi K., der in seinem fränkischen Heimatort als "Dorfdepp" galt und die verschlungenen Wege seines mittlerweile widerrufenen Geständnisses. Die SZ (Hans Holzhaider) berichtet im Bayern-Teil darüber hinaus auch über eine Zeugenaussage eines zur vermeintlichen Tatzeit Neunjährigen, der das Opfer auch noch nach dem vom Landgericht Hof in der früheren Verhandlung festgestellten Todeszeitpunkt gesehen haben will, aber danach von der Polizei unter Druck gesetzt worden sei, diese Aussage zu widerrufen. Spiegel.de (Gisela Friedrichsen) berichtet ebenfalls.

Rechtsprofessor Henning Ernst Müller (beck.blog.de) fasst vor Prozessbeginn die polizeilichen und gerichtlichen Ermittlungs- und Aufklärungspannen im Fall zusammen und konstatiert, dass der Fall nach jenem von Gustl Mollath erneut geeignet sei, "das Vertrauen in die bayerischen Ermittlungsbehörden und die Justiz auf eine harte Probe zu stellen".

Dividendensteuerhinterziehung: Die SZ (Klaus Ott) beschreibt in einem längeren Artikel, wie die Ermittlungen von Finanzbehörden wegen mutmaßlich betrügerischem Handel von Aktien mit und ohne Dividendenanspruch durch eine Vereinbarung einer Schweizer Privatbank mit einem mutmaßlichen Erpresser behindert werden. Gegen Zahlung einer guten Million Euro habe Letzterer sich verpflichtet, sein Wissen um die fragwürdigen Deals niemanden und insbesondere auch nicht "Finanz- oder Aufsichtsbehörden" zu offenbaren.

Annette Schavan: Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wird keine Rechtsmittel gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, in dem der Entzug ihres Doktortitels für rechtmäßig erklärt wurde, einlegen. Dies meldet welt.de. Die Bundestagsabgeordnete sei nach wie vor davon überzeugt, dass ihr der Titel zu Unrecht aberkannt worden sei.

Vermietung von Ferienwohnungen: In ihrer Immobilien-Beilage informiert die SZ (Andrea Nasemann) unter Berufung auf höchstrichterliche Entscheidungen über rechtlichen Hindernisse bei der Vermietung von Wohnungen an Touristen. Derartige Praktiken könnten auch für Wohnungseigentümer durch kommunale Zweckentfremdungsverbote illegal sein.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. April 2014: Schwarzarbeit umsonst – Wiederaufnahme im Fall Peggy – Bausback zu Gurlitt . In: Legal Tribune Online, 11.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11668/ (abgerufen am: 28.04.2024 )

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