Die juristische Presseschau vom 7. Oktober 2014: Fußball auf Kunstrasen – Frauenquote und Männer – Bußgeld gegen VW

07.10.2014

Justiz

EuGH – Fettleibigkeit: Der Europäische Gerichtshof muss demnächst darüber befinden, ob ein stark übergewichtiger Arbeitnehmer durch seine Körperfülle Diskriminierungsschutz genießt. Das Handelsblatt (Catrin Gesellensetter) stellt den Fall vor. Deutsche Gerichte hätten bislang Fettleibigkeit nur dann als Behinderung eingestuft, wenn diese zu Folgekrankheiten führte. Der Generalanwalt habe demgegenüber in seinem Schlussantrag allein auf den Grad der Fettleibigkeit abgestellt.

BGH zu Bewertungsportal: Vor zwei Wochen entschied der Bundesgerichtshof, dass ein Arzt seine Darstellung in einem Online-Bewertungsportal hinnehmen müsse. Rechtsanwalt Marc Störing zeichnet für lto.de die rechtliche Argumentation des Urteils nach und begrüßt die vorgenommene stärkere Gewichtung des öffentlichen Informationsinteresse gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Klägers. Auch im Hinblick auf die "Google-Entscheidung" des Europäischen Gerichtshofs sei die vom BGH angestellte "differenzierte Abwägung" zu loben.

BGH zur Pflichtverteidigung in Revisionsverhandlung: Rechtsanwalt Carsten R. Hoenig (kanzlei-hoenig.de) zitiert aus einer Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, in der dargelegt wird, dass in Revisionshauptverhandlungen bei unterbliebenem Erscheinen des Wahlverteidigers oder einer entsprechenden Ankündigung dieser zum Pflichtverteidiger zu bestellen ist. Die bisherige, am Wortlaut der Bestimmung zur Pflichtverteidigerbestellung orientierte Praxis habe dazu geführt, dass bei Ausbleiben eines Rechtsbeistandes auch ohne jede Beteiligung des Angeklagten verhandelt wurde. Dies widerspreche Art. 6 Abs. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

LG Hamburg zu Josef Joffe: Das Landgericht Hamburg hat eine von Josef Joffe, Herausgeber der Zeit, gegen eine ZDF-Satiresendung erwirkte einstweilige Verfügung überwiegend aufgehoben. Wie Rechtsanwalt Markus Kompa (heise.de) schreibt, sei der satirische Gehalt der streitgegenständlichen Kritik an journalistischen Interessenkonflikten Joffes durchaus erkennbar gewesen.

LG München – BayernLB: Über eine "Rüge vom Richter" im Strafverfahren gegen den früheren BayernLB-Chef und seinen damaligen Stellvertreter vor dem Landgericht München I berichtet die SZ (Klaus Ott). Der Vorsitzende Richter Joachim Eckert habe in einer ungewöhnlich deutlichen Erklärung die Staatsanwaltschaft aufgefordert, zu erklären, warum wegen des umstrittenen Kaufs der österreichischen Hypo Alpe Adria-Bank weiterverhandelt werden müsse, obwohl der Vorwurf der Untreue gegen andere angeklagte Vorstände der bayerischen Bank gegen die Zahlung von Geldauflagen fallengelassen wurde.

VG Ansbach zu Dashcams: Das bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hat erklärt, gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Ansbach zu sogenannten Dashcams vom August keine Berufung einlegen zu wollen. Im Fall wurde ein Bußgeld wegen der bloßen Installierung einer Kamera aufgehoben, gleichzeitig aber die Veröffentlichung derartig gefertigter Aufnahmen als unzulässig erachtet. Die Datenschutzbehörde wolle nun verstärkt gegen derartige Veröffentlichungen vorgehen, schreiben lawblog.de (Udo Vetter) und focus.de.

StA Berlin zu Hans-Peter Friedrich: Die gegen den früheren Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Zuge der Edathy-Affäre eingeleiteten Ermittlungen wegen des Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen sind nach einer Meldung von spiegel.de eingestellt worden. Die Berliner Staatsanwaltschaft habe nur eine geringe mögliche Schuld ausmachen können, zudem habe der frühere Minister nicht eigennützig gehandelt.

StA Stuttgart zu VW: Wegen verbotener Kopplungsgeschäfte beim Sponsoring des Fußballvereins VfL Wolfsburg hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den VW-Konzern ein Bußgeld von insgesamt zwei Millionen Euro verhängt. Einkaufvorstand Francisco Javier Garcia Sanz muss kein persönliches Bußgeld leisten, weil sein Arbeitgeber nach Bekanntwerden der Vorwürfe Konsequenzen gezogen und Abhilfe geschaffen hätte, zitiert die SZ (Klaus Ott) die Anklagebehörde in ihrem Bericht.

Helmut Kohl: Den Rechtsstreit über das Eigentum an Tonbändern mit Aufnahmen von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl fasst die FAZ (Rainer Blasius) in einem längeren Artikel zusammen. Der als Gesprächspartner dienende Journalist Heribert Schwan hat derweil gemeinsam mit Tilman Jens "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle" mit unautorisierten, vermeintlichen Abschriften der Bänder veröffentlicht. Die Anwälte Kohls prüften angeblich, ob die Auslieferung dieses Buches verhindert werden könne.

Hans-Jürgen Jakobs (Handelsblatt) gibt im Leitartikel der Zeitung zu bedenken, dass die fraglichen Aufnahmen Historikern zur Verfügung stehen müssten. Sie seien keine Privatsache, weil Kohl eine öffentliche Figur ist. Bei aller "gedruckten Geschwätzigkeit" zu den im Hobbykeller des Altkanzlers angefertigten Aufnahmen bliebe ein Geheimnis weiterhin ungelöst: Die Herkunft jener anonymen Spende, "die den tiefen Fall des Einheitskanzlers" um die Jahrtausendwende auslöste.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. Oktober 2014: Fußball auf Kunstrasen – Frauenquote und Männer – Bußgeld gegen VW . In: Legal Tribune Online, 07.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13404/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

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