Die juristische Presseschau vom 6. April 2016: Kein Love-Parade-Pro­zess / EuGH zum EU-Haft­be­fehl / EuGH zu Flug­gast­daten

06.04.2016

Justiz

EuGH zum Europäischen Haftbefehl: Ein Europäischer Haftbefehl zwingt einen EU-Staat nicht, in einen anderen Mitgliedstaat auszuliefern, wenn in dessen Gefängnissen unmenschliche oder erniedrigende Bedingungen befürchtet werden müssen. Das hat der Europäische Gerichtshof auf eine Vorlage des OLG Bremen entschieden, in der es um die Auslieferung nach Rumänien und Ungarn ging, berichten FAZ (Helene Bubrowski) und SZ (Wolfgang Janisch). Damit werde "eine Art Solange-Vorbehalt in den Anerkennungsgrundsatz" eingebaut, so verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis).

EuGH – Fluggastdatenspeicherung: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am gestrigen Dienstag mündlich über das Abkommen zwischen der EU und Kanada verhandelt, in dem die jahrelange Speicherung von Fluggastdaten vorgesehen ist. Dabei hat das Gericht deutliche Zweifel an der grundrechtlichen Zulässigkeit dieser Form der Vorratsdatenspeicherung geäußert, schreibt die taz (Christian Rath). Das EU-Parlament hatte den EuGH um ein Gutachten gebeten.

BVerwG zu Ramstein: Ein Anwohner des US-Miltärflughafens Ramstein in Rheinland-Pfalz hat keine Klagebefugnis für eine Klage, mit der die Bundesrepublik Deutschland zur Kontrolle von Drohneneinsätzen gezwungen werden soll, entschied das Bundesverwaltungsgericht. Der Kläger sehe sich nicht durch die Drohnen bedroht, sondern nur indirekt durch mögliche Gegenschläge aus dem Ausland. Durch solche seien seine Rechte allerdings höchstens mittelbar betroffen, was nicht ausreiche, so der Tsp (Jost Müller-Neuhof) und die SZ (Wolfgang Janisch).

BGH zu Betriebskosten: Die Bezugnahme auf die Anlage 3 zur Betriebskostenverordnung in einem Mietvertrag führt zur Umlagefähigkeit der Betriebskosten, weil der Begriff der Betriebskosten im Gesetz definiert ist und daher weder inhaltlich unbestimmt noch intransparent ist. Dies entschied der VIII. Senat des Bundesgerichtshofs im Februar, wie blog.beck.de (Klaus Lützenkirchen) meldet.

BGH zu Arzthaftungsprozess: Für den Nachweis eines ärztlichen Kunstfehlers muss sich der Patient kein medizinisches Fachwissen aneignen, um den Krankheitsverlauf bestmöglich zu schildern. Darin, dass das Oberlandesgericht Saarbrücken die Schadensersatzforderungen einer Patientin wegen nachlässiger Darlegung zurückwies, sah der Bundesgerichtshof eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, so die FAZ (Joachim Jahn).

OLG München – NSU: Im Terrorprozess um den NSU hat der Vorsitzende Richter Manfred Götzl der Hauptangeklagten Beate Zschäpe zehn weitere Fragen gestellt, auf deren Beantwortung sie sich nun vorbereiten muss. Dabei geht es insbesondere um den Kontakt zu dem teilgeständigen Mitangeklagten Holger G. sowie um die Wortwahl in einer Wette zwischen Zschäpe und dem verstorbenen mutmaßlichen Haupttäter Uwe Böhnhardt. Diese lege nahe, dass Zschäpe die verübten Morde akzepierte, berichtet spiegel.de (Wiebke Ramm).

LG München I – Deutsche Bank-Manager: Zum Prozess gegen den Deutsche Bank-Chef Jürgen Fitschen und vier weitere Ex-Top-Manager wegen vorsätzlichen Prozessbetrugs in einem Schadensersatzprozess schreibt die SZ (Harald Freiberger), dass inzwischen von allen Seiten ein Freispruch der Angeklagten erwartet wird. Darauf, dass die Staatsanwaltschaft dennoch immer weitere Beweisanträge stellt, reagierten alle Beteiligten des Verfahrens zunehmend ungehalten.

AG Bautzen – Polizeiprofessor: Im Fall des Professors der sächsischen Landespolizeihochschule, dem Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) mittels einer Abmahnung verboten hat, Ulbig die persönliche Eignung für sein Amt abzusprechen, ist ein Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Bautzen gescheitert. Dies berichtet lto.de (Tanja Podolski) in einem ausführlichen Bericht.

StA Hannover – Foltervorwurf gegen Bundespolizisten: Die Staatsanwaltschaft Hannover hat keine "Anhaltspunkte für die systematische Misshandlung" von Menschen im Polizeigewahrsam durch einen Bundespolizisten festgestellt und ein entsprechendes Verfahren eingestellt, wie spiegel.de berichtet. Der Beamte hatte mit der Misshandlung eines Flüchtlings geprahlt – wohl aber nur, um sich damit zu brüsten. Anklage wurde dennoch wegen anderer Taten erhoben, unter anderem dem Besitz von Kinderpornografie.

StA Kiel – Belästigung in Einkaufszentraum: Die Vorwürfe gegen zwei Afghanen, in einem Kieler Einkaufszentrum junge Mädchen belästigt zu haben, haben sich nicht bestätigt. Behauptete Videoaufnahmen seien auf ihren Mobiltelefonen nicht gefunden worden, teilt die Staatsanwaltschaft Kiel mit. Weiterhin ermittelt werde nun noch wegen anderer Delikte, etwa Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, meldet die SZ.

AG Dessau-Roßlau zu "König von Deutschland": Peter Fitzek, selbsternannter König des "Königreichs Deutschland", ist wegen wiederholten Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er hat Berufung eingelegt, wie mdr.de schreibt.

Gefängnis statt Rundfunkbeitrag: Eine Frau, die aufgrund der Verweigerung der Rundfunkbeitragszahlung in Erzwingungshaft genommen wurde, ist nach 61 Tagen aus dem Gefängnis entlassen worden, meldet spiegel.de.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. April 2016: Kein Love-Parade-Prozess / EuGH zum EU-Haftbefehl / EuGH zu Fluggastdaten . In: Legal Tribune Online, 06.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18911/ (abgerufen am: 19.05.2024 )

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