Die juristische Presseschau vom 2. Mai 2014: Snowden soll draußen bleiben – EU-Rüffel für Abschiebungshaft – BGH erlaubt Screen Scraping

02.05.2014

Justiz

EuGH zu Finanztransaktionssteuer: Der Europäische Gerichtshof hat eine Klage Großbritanniens gegen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer durch elf EU-Staaten, darunter Deutschland, als verfrüht zurückgewiesen. Großbritannien hatte sich gegen einen noch nicht von den beteiligten Staaten verabschiedeten Vorschlag der EU-Kommission gewendet, der laut Gericht völlig offenlasse, wie die Steuer letztlich ausgestaltet werde, berichtet die taz (Christian Rath). Auf juwiss.de beschäftigt sich Hannes Rathke mit den Gründen für den Widerstand aus Großbritannien.

Eric Bonse (taz) betont, dass "die Entscheidungsschlacht" um die Steuer "nur vertagt" worden sei – und fragt sich, ob es sich für die aktuell geplante Variante überhaupt zu kämpfen lohne.

EuGH – Abschiebungshaft: Deutschland steht ein Rüffel des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Abschiebungshaft bevor. Wie die SZ (Wolfgang Janisch/Roland Preuss) berichtet, hält der Generalanwalt Yves Bot die deutsche Praxis, Ausländer in Gefängnisse zu stecken, um deren Abschiebung sicher zu stellen, für unvereinbar mit der EU-Rückführungsrichtlinie. Abschiebungshaft müsse "letztes Mittel" bleiben und dürfe wenn überhaupt nur in speziellen Hafteinrichtungen erfolgen – und nicht, wie in Deutschland üblich, im gewöhnlichen Strafvollzug. verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) beschäftigt sich im Detail mit der Stellungnahme.

Wolfgang Janisch (SZ) geißelt die "elende Praxis der Abschiebungshaft", die "ein Schlaglicht auf den inhumanen Umgang mit Flüchtlingen" in Deutschland werfe. Es sei bemerkenswert, "dass sich Deutschland von den EU-Juristen buchstabieren lassen muss, wie man Menschenwürde schreibt". Gleichzeitig wäre eine entsprechende Entscheidung des Gerichtshofs ein weiterer Beleg für dessen "wachsende Sensibilität in Grundrechtsfragen".

EuGH – Sprachtests für Ehegatten: In den Augen des Generalanwalts beim Europäischen Gerichtshof verstößt Deutschland mit seinen Sprachtests beim Ehegattennachzug gleich mehrfach gegen EU-Recht. Wie die taz (Christian Rath) berichtet, kommt Paolo Mengozzi in seinem Schlussantrag zu dem Ergebnis, die Sprachtest-Pflicht verstoße gegen das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei und ein entsprechendes Zusatzprotokoll. Der Sprachtest sei unverhältnismäßig und insbesondere nicht erforderlich, um vor Zwangsehen zu schützen. Dazu reichten auch verpflichtende Integrationskurse aus. Eine generelle, nicht einzelfallabhängige Sprachtestpflicht verstoße zudem gegen die EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung.

BGH zu Screen Scraping: Der Bundesgerichtshof hat eine Klage der Fluglinie Ryanair abgewiesen, mit der diese einem Online-Reiseportal untersagen wollte, Flugdaten per automatisierter Software von der Ryanair-Webseite auszulesen (Screen Scraping). Dieses Vorgehen sei kein unlauterer Wettbewerb, berichtet die SZ (Wolfgang Janisch).

Rechtsanwalt Askan Deutsch begrüßt auf lto.de das Urteil: Es fördere die Transparenz bei Flugbuchungen im Internet.

VG Berlin – Gleichstellungsbeauftragte verklagt eigenes Haus: Die Gleichstellungsbeauftragte im Bundesfamilienministerium klagt vor dem Verwaltungsgericht Berlin gegen ihre eigenes Ministerium – weil sie nicht rechtzeitig an der Besetzung von Spitzenpositionen beteiligt worden sei. Das meldet die SZ.

LG Stuttgart zu Impressumspflicht von Anwälten: Das Landgericht Stuttgart hat einen Rechtsanwalt in einem Eilverfahren zur Unterlassung der Veröffentlichung seines Profils auf einem Online-Portal für Rechtsanwälte ohne vollständige Impressumsangabe verurteilt. Über die jedenfalls bis dahin erfolgreiche Abmahnung durch einen Kollegen berichtet lto.de (Constantin van Lijnden).

LG Stade – erschossener Einbrecher: Vor dem Landgericht Stade ist ein 80-jähriger Mann angeklagt, der einen flüchtenden jugendlichen Einbrecher auf seinem Grundstück erschossen hat. Die SZ (Hans Holzhaider) berichtet über die Erklärung, die der Angeklagte nun über seinen Verteidiger abgegeben hat. Er berufe sich auf Notwehr.

LG Ulm – Sterbehilfeprozess: Der "Ulmer Sterbehilfeprozess" wird gegen Geldauflage eingestellt. Nach einem Bericht der FAZ (Rüdger Soldt) sei in dem als geschichtsträchtig angekündigten Prozess nach sechs Verhandlungstagen die Anklage der Staatsanwaltschaft "in sich zusammengefallen". Es sei nicht mehr zu klären gewesen, ob es sich bei der Morphingabe eines Arztes an dessen schwer kranken Vater "um straflose Hilfe beim Sterben oder strafbare Hilfe zum Sterben" gehandelt habe, zitiert die Zeitung den Leitenden Oberstaatsanwalt.

OLG Stuttgart – Kongo-Kriegsverbrechen: Die taz (Simone Schlindwein) berichtet vom 227. Verhandlungstag des nun über drei Jahre andauernden Kriegsverbrechensprozess gegen zwei Ruander vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Ihnen wird vorgeworfen, als politische Führer der Hutu-Miliz FDLR für deren Kriegsverbrechen im Ostkongo verantwortlich zu sein. Die Beweisführung wirke als habe sie sich in Details verzettelt und der Vorsitzende Richter wie ein "orientierungsloser Kapitän auf hoher See".

LG Braunschweig – Porsche-Prozesse: Die FAZ (Joachim Jahn) berichtet über die mündliche Verhandlung des Schadensersatzprozesses eines Aktienhändlers gegen den Automobilkonzern Porsche vor dem Landgericht Braunschweig. Dieser behauptet, wegen der angekündigten Übernahme des VW-Konzerns durch Porsche 2008 hohe Verluste gemacht zu haben. Der Vorsitzende Richter habe deutliche Zweifel an der Klage durchblicken lassen und wolle über diese gemeinsam mit vier weiteren Klagen im Juli entscheiden. Weitere Klagen gegen Porsche seien vor dem Landgericht Hannover und dem Oberlandesgericht Stuttgart anhängig.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 2. Mai 2014: Snowden soll draußen bleiben – EU-Rüffel für Abschiebungshaft – BGH erlaubt Screen Scraping . In: Legal Tribune Online, 02.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11840/ (abgerufen am: 19.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen