Die Weigerung eines Vermieters, seine Hochzeitsvilla an ein schwules Paar zu vermieten, verstößt gegen das AGG. Sein "Moral- und Anstandsempfinden" ist kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung, entschied das LG Köln.
Ein Vermieter, der seine von ihm selbst bewohnte Villa auch an Hochzeitspaare vermietet, weigerte sich, einen Mietvertrag mit einem homosexuellen Hochzeitspaar abzuschließen. Diese Weigerung ist eine Diskriminierung, die ihn nun pro Person 850* Euro kostet. Zur Zahlung dieser Entschädigung ist er nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verpflichtet, entschied das Landgericht (LG) Köln im November vergangenen Jahres (Urt. v. 13.11.2015, Az. 10 S 137/14).
Ein homosexuelles Paar, das Mitte 2014 eine eingetragene Lebensgemeinschaft eingegangen war, plante seine Hochzeit und reservierte hierfür eine im Internet angebotene Hochzeitsvilla, die deren Vermieter und u.a. seine hochbetagte Schwiegermutter sonst privat zu Wohnzwecken nutzen. Üblicherweise stellt der Vermieter den Hochzeitpaaren für die Nacht ihrer Hochzeit auch sein Schlafzimmer zur Verfügung.
Noch bevor überhaupt eine Besichtigung der Villa stattfinden konnte, schrieb der Mann aber, nachdem das Paar klar gestellt hatte, dass es sich um zwei Männer handelt "Sehr gut, dass sie das noch geklärt haben. Denn in der Tat ist das hier nicht so einfach, denn das Haus gehört meiner Mutter, und diese kann sich mit den neuen Gegebenheiten noch nicht so recht anfreunden…" Er weigerte sich, einen Vertrag abzuschließen, nachdem er von der Homosexualität des Paares erfuhr.
Diese Weigerung verstößt gegen das AGG, so das LG in der Domstadt. Der Vermieter habe das Paar aufgrund seiner sexuellen Identität diskriminiert, befand die Kammer. Allerdings muss darüber hinaus die Vermietung ein sog. Massengeschäft sein, um einen Entschädigungsanspruch nach dem AGG zu begründen. Denn nur im Rahmen solcher Geschäfte führt eine Diskriminierung überhaupt zur Entschädigungspflicht.
Sympathie kein Auswahlkriterium
Massengeschäfte liegen immer dann vor, wenn sie zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, wobei das Ansehen der Person keine oder nur eine nachrangige Bedeutung haben darf. In diesem Zusammenhang wandte der später beklagte Vermieter u.a. ein, er überlasse sein Wohnhaus grundsätzlich nicht ohne Ansehung der Person, sondern mache dies nur, wenn das Gegenüber ihm "sympathisch" sei.
Das ließen die Richter aber nicht gelten. Die von jedem anders empfundene Sympathie sei schon kein geeignetes Auswahlkriterium. Die Eröffnung oder der Ausschluss des Anwendungsbereiches des AGG müsse sich allein nach objektiven Kriterien bestimmen lassen. Zwar möge es durchaus auf die Ansehung der Person ankommen, wenn durch den Vertragsschluss ein besonderes Näheverhältnis begründet wird. Ein solches konnte die Kammer jedoch selbst bei der Überlassung eines Schlafzimmers, jedenfalls für nur eine Nacht, nicht erkennen. Denn offensichtlich unstrittig war zumindest, dass sich die Nutzung des Schlafzimmers durch den Vermieter regelmäßig ohnehin nicht mit jener der Hochzeitpaare überschneiden sollte.
Einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung konnte die Kammer ebenfalls nicht erkennen - auch nicht in dem entgegenstehenden "Moral- und Anstandsempfinden" des Vermieters, insbesondere auch nicht in jenem seiner hochbetagten Schwiegermutter. Denn wenn man sich überhaupt entschließt, sein Schlafzimmer Dritten zu überlassen, gibt es nach Auffassung der Kammer auch keinen vernünftigen Grund, warum eine solche Überlassung an homosexuelle Paare Empfindungen des Vermieters und seiner Angehörigen verletze, eine solche an heterosexuelle Paare hingegen nicht.
acr/LTO-Redaktion
* Anm. d. Red: Betrag kurz nach Veröffentlichung des Beitrags korrigiert, 29.03., 19:20h.
LG Köln verurteilt Vermieter wegen Diskriminierung: . In: Legal Tribune Online, 29.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18913 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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