Dax-Konzerne: Regulierung als Risikofaktor

30.12.2014

Fast alle Dax-30-Unternehmen sind von regulatorischen Risiken und Risiken aus Rechtsstreitigkeiten betroffen. Dies spiegelt sich auch in den Geschäftsberichten der Konzerne wider, die Noerr gemeinsam mit der Baetge Analyse GmbH untersucht hat.

Analysiert wurden die Berichte für das Geschäftsjahr 2012. So berichten 29 der 30 Dax-Konzerne sektorübergreifend über regulatorische Risiken sowie über Risiken aus Rechtsstreitigkeiten und Prozessen. 26 Unternehmen gaben an, mit Risiken im Zusammenhang mit dem Wettbewerbs- und Kartellrecht konfrontiert zu sein, 25 Unternehmen mit Korruption und Betrug. Die Mehrheit der Dax-30-Konzerne (22 Unternehmen) ist auch von Risiken im Zusammenhang mit Mängeln der jeweiligen Produkte betroffen.

Andere Risiken sind kennzeichnend für bestimmte Sektoren: Von Umweltrisiken sind gemäß der Noerr-Studie die Sektoren Konsumgüter, Rohstoffe, Industrie, Gesundheit und Pharma, IT, Telekommunikation besonders betroffen. Patentrisiken betreffen überproportional die Sektoren Konsumgüter, Gesundheit und Pharma sowie Telekommunikation.  Von Steuerrisiken berichten die Dax-Konzerne aus dem Sektor Gesundheit und Pharma.

Regulatorische Risiken im Vordergrund

Neben den Prozessrisiken stehen vor allem die regulatorischen Risiken im Fokus. "Sektorenübergreifend greifen Staat und EU in immer stärkerem Maße regulierend oder kontrollierend in das Marktgeschehen ein", sagt Dr. Oliver Sieg, der bei Noerr den Fachbereich Litigation gemeinsam mit Michael Molitoris leitet. Unternehmen aus der Finanzbranche etwa seien von erhöhten Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften (Basel III) betroffen, die Versicherungsunternehmen speziell vom Solvency-II-Regelwerk.

Bei den Versorgern reicht die regulatorische Bandbreite von nationalen Regeln zur Endlagerung für hochradioaktive Abfälle bis hin zu den Risiken aus der Regulierung von Energiehandelsgeschäften auf europäischer Ebene. "Die Fülle der in den Geschäftsberichten der Dax-Unternehmen angesprochenen regulatorischen Risiken ist besorgniserregend. Seit der Finanzkrise beobachten wir einen sich immer weiter verstärkenden Trend zur Regulierung", sagt Michael Molitoris. "Dies hat in hohem Maß zu Fehl- und Überregulierungen geführt."

Auch über Risiken im Zusammenhang mit Korruption und Betrug sowie dem Wettbewerbs- und Kartellrecht wird in der Mehrzahl der Geschäftsberichte sektorenübergreifend berichtet. "Alle Dax-30-Konzerne verfügen inzwischen über ausgefeilte Konzepte zur Minimierung der Risiken aus ihrer Geschäftstätigkeit und funktionierende Compliance-Management-Systeme", sagt Molitoris. "Bei einigen Unternehmen ist die Aufarbeitung von Verstößen aus der Vergangenheit aber noch in vollem Gange." Dies werde sich auch in den kommenden Jahren noch in den Geschäftsberichten widerspiegeln.

Zentral sind zudem die Risiken aus Mängeln der Produkte der jeweiligen Unternehmen. Darunter fallen Gewährleistungs-, Produktsicherheits- oder Produkthaftungsrisiken. Die Geschäftsberichte weisen in einzelnen Fällen erhebliche Verpflichtungen in teils hoher dreistelliger Millionenhöhe aus. "Die möglichen Schadenshöhen sind enorm, da Produkthaftungsfälle immer häufiger einen internationalen Bezug aufweisen", so Molitoris.

Problematische Einordnung der Risiken im Geschäftsbericht

Grundsätzliche Probleme werfen indes die Quantifizierung und qualitative Einordnung der Risiken auf. Bei der Abfassung des Geschäftsberichts muss die dem Schutz der Gläubiger und Anleger bzw. Gesellschafter dienende Transparenz ebenso beachtet werden wie das mögliche Interesse eines Unternehmens, seine rechtliche Stellung durch die Veröffentlichung nicht zu beeinträchtigen.

Die überwiegende Mehrzahl der Dax-30-Unternehmen orientiert sich deshalb bei der Risikoberichterstattung an den für die Bilanzierung von Rückstellungen und rechtlichen Risiken relevanten Standards der internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS. Nach diesen müssen unter bestimmten Umständen keine erkennbaren Angaben über Verpflichtungen im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten gemacht werden.

Konkrete quantitative Angaben zu den Risiken finden sich lediglich bei den vier im Dax 30 gelisteten Kredit- und Versicherungsunternehmen. Diese sind gesetzlich verpflichtet, zu sogenannten operationellen Risiken Angaben zu machen. Vier weitere Dax-Konzerne machen qualitative Angaben zu den Rechtsrisiken. Es finden sich in den Geschäftsberichten Angaben zu den Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenshöhen bzw. zu den möglichen Auswirkungen der rechtlichen Risiken.

Beteiligte Kanzleien

Quelle: Noerr LLP

Zitiervorschlag

Dax-Konzerne: Regulierung als Risikofaktor . In: Legal Tribune Online, 30.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14223/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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