Gesetzesnamen und –abkürzungen: Wie soll es denn heißen?

von Prof. Dr. Roland Schimmel

19.01.2015

2/2: Ein Name, so vielsagend wie Mandy

Den Gesetzen geht es wie den Menschen: Mancher heißt Bernulph, andere Eltern nennen ihre Kinder Mandy. Eher in die letzte Kategorie fällt das "Gesetz zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts" (v. 18.7.2014, BGBl. I, 1042). Der Name schillert zwischen nüchtern und nichtssagend.

Und ein ganz klein wenig glaubt man, den Unwillen des einfachen Gesetzgebers noch durch den Gesetzesnamen hindurchzuspüren. Ist ja immer ein bisschen ärgerlich, wenn man vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zum Jagen getragen wird. Man hätte auch selbst drauf kommen können. Schließlich sind alle staatlichen Gewalten an die Grundrechte gebunden.

Wer allerdings einen Blick in das Gesetz wirft, ahnt, warum der Gesetzgeber nicht ohne Ermahnung durch das BVerfG tätig geworden ist: Die steuerrechtliche Gleichbehandlung der Partner eingetragener Lebenspartnerschaften mit Eheleuten steht auf der Agenda der Koalition nicht ganz oben.

Mit Menschen sind auch Frauen gemeint

Wie man Mörderinnen und Vergewaltigerinnen in Gesetzestexten angemessen repräsentiert, ist einigermaßen umstritten. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren den einen oder anderen Ansatz ausprobiert, unter anderem als wohl weitestgehende Lösung das fast vollständige Gendern der Straßenverkehrsordnung (StVO).

Im Patientenrechtegesetz genannten "Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten" (v. 20.2.2013, BGBl. I, 277), das mit dem Behandlungsvertrag immerhin einen neuen Vertragstyp ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt hat, hat der Gesetzgeber einen deutlich zurückhaltenderen Weg gewählt. Er hat die weibliche Form nur in der Gesetzesüberschrift einmal genannt, im Text aber den Behandelnden und den Patienten in der männlichen Form belassen. Für manche sprachliche Stakeholder*Ette ist das vermutlich enttäuschend: Alle Partizipienbildung hilft nichts, wenn es nicht wenigstens "die Behandelnde" heißt.

Da war der Gesetzgeber schon 2004 weiter, als er in § 1 S. 1 UWG die Verbraucherinnen und Verbraucher aufnahm - immerhin in klassisch-höflicher Reihenfolge, interessanterweise aber ohne in der gleichen Vorschrift den Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern die Mitbewerberinnen und Marktteilnehmerinnen zur Seite zu stellen -, danach aber nur noch die Verbraucher.

Hätte man das nicht geradezu als Definition gestalten können? Etwa wie in § 6 Abs. 2 S. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im Sinne dieses Abschnitts sind [… ]. Das hat zwar den Charme der im akademischen Betrieb mittlerweile verbreiteten Standardfußnote aus dem Textbausteinkasten: Mit [Menschen] sind immer auch [Frauen], [TransGenderPersonen] und selbstverständlich auch [Frauenbeauftragte männlichen Geschlechts] gemeint. Aber es würde ein Zeichen guten Willens setzen und das mühsame Durchgendern in die Hände späterer Generationen legen.

"Alternative Investment Fund Manager - Umsetzungsgesetz"

Ein Teil der jüngeren Gesetzesproduktion ist nur mit solidem Rechtsenglisch überhaupt zu verstehen. Das REITG (v. 28.5.2007, BGBl. I, 914) hat nichts mit dem Reiten im Walde zu tun, sondern regelt Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen. Um das zu verstehen, muss man aber REIT aufschlüsseln können zu "Real Estate Investment Trust".

Derlei kann leicht geschehen bei Gesetzen, die auf Rechtsakte der Europäischen Union zurückgehen, zumal bei solchen, die etwa Fragen des Kapitalmarkt- oder des IT-Rechts regeln. Hier kommen die Begriffe eben fast immer aus dem Englischen.

Manchmal weiß man noch nicht so recht, wie man sie aussprechen soll, zum Beispiel bei der AIFM-Richtlinie (RiLi 2011/61/EU v. 8.6.2011, EG ABl. 2011, L 174), die mit vollem Namen Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds heißt und deren Abkürzung auf "Alternative Investment Fund Manager" zurückgeht. Natürlich gibt es dazu ein AIFM-Umsetzungsgesetz (v. 4.7.2013, BGBl. I, 1981).

Wer dagegen Verständlichkeitsbedenken anmelden wollte, hätte wohl Recht. Indes: Vermutlich ist angesichts der Materie nicht die fremde Sprache das eigentliche Problem, sondern der Grad an Spezialisierung, den die Regelung inhaltlich erreicht. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Der Autor Prof. Dr. Roland Schimmel ist Professor für Wirtschaftsprivatrecht an der FH Frankfurt am Main.

Zitiervorschlag

Roland Schimmel, Gesetzesnamen und –abkürzungen: Wie soll es denn heißen? . In: Legal Tribune Online, 19.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14408/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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