Bester Jurastudent Baden-Württembergs
Wenn ein geschickter Betrüger einen gefälschten Lebenslauf entwerfen würde, sähe er bestimmt nicht so aus wie der von Stefan Thönissen. "Viel zu unrealistisch" würde der Befund lauten, mit dem die Meriten nach unten hin angepasst würden. Tatsächlich liest sich das Curriculum Vitae von Thönissen wie der auf ewig unerfüllte feuchte Traum eines jeden Personalers: Der Sohn einer Apothekerin und eines Theologie-Professors überspringt zunächst leichtfüßig gleich zwei gymnasiale Schuljahre, zieht dann zwecks Jurastudium in die notorisch anspruchsvolle Universitätsstadt Freiburg, wo er – selbstverständlich in der Regelstudienzeit – im zarten Alter von 21 Jahren sein Staatsexamen mit 15,66 Punkten und damit der besten Note, die in Baden-Württemberg je vergeben wurde, ablegt. Ach ja, haben wir eigentlich erwähnt, dass er sich nebenbei ehrenamtlich für alte Menschen einsetzt? Die Reaktion im Angesicht von so viel akademischer Exzellenz fällt natürlich denkbar einfach aus: "Der muss doch gleich einen Haufen Leichen im Keller haben!". Thönissen selbst gibt sich darüber amüsiert. Ja, solche Reaktionen kenne er wohl, aber nein, leider könne er die Vorurteile nicht mit dunklen Geständnissen aus seinem Privatleben bestätigen. "Es stimmt aber, dass ich mich an einem Ziel ziemlich festbeißen und bis zur Lösung ein wenig einen Tunnelblick entwickeln kann." Also auch noch eine "Schwäche" wie aus dem Bewerbungs-Bilderbuch – ist ja furchtbar!
Ein Drittel Sachverstand, ein Drittel Disziplin, ein Drittel Glück

Kanzleien stehen Schlange
Ein weiteres Mosaikstück bildet das Klima an der juristischen Fakultät. Von sechs Kandidaten, die in Baden-Württemberg im letzten Halbjahr ein "sehr gut" erzielen konnten, stammten fünf von der Universität Freiburg. "Die Fakultät ist klein und hat einen sehr guten Ruf, was wiederum besonders ambitionierte Studenten anzieht und eine Atmosphäre der positiven Konkurrenz schafft. Mit einem der Freiburger Studenten war ich zusammen in der Lerngruppe, auch die übrigen habe ich persönlich gekannt." Auf den Besuch eines kommerziellen Repetitoriums hat Stefan Thönissen verzichtet. "Die Uni stellt ein eigenes Repetitorium und einen Klausurenkurs bereit, das fand ich ausreichend. Am wichtigsten ist ohnehin das eigenständige Lernen ohne fremde Hilfestellung. Anfangs fand ich es auch schwer, mich dazu zu motivieren, aber je mehr man in diesen Rhythmus reinkommt, desto einfacher wird es, dabei zu bleiben." Abkürzungen in der Vorbereitung hat er keine genommen. "Ich wollte nicht das Risiko eingehen, auf Lücke zu lernen und dann möglicherweise auf dem ganz falschen Fuß erwischt zu werden. Aber ich habe, wie wohl jeder Student, Rechtsgebiete, die mir mehr beziehungsweise weniger liegen. Dass in den Klausuren praktisch nur erstere drankamen, war ein glücklicher Zufall, dem ich auch zum Teil mein gutes Abschneiden verdanke", sagt Thönissen. "Ich bin gegen eine Bachelorisierung des Jurastudiums, aber fände es schon sinnvoll, wenn sich die Examensnote aus etwas mehr Einzelleistungen zusammensetzen würde" – eine Kritik, die umso schwerer wiegt, als sie von jemandem stammt, der eindeutig zu den Profiteuren des derzeitigen Systems zählt. Natürlich ist sein Erfolg auch an den großen Spielern im Anwaltsgewerbe nicht unbemerkt vorbeigegangen. Mittlerweile stapeln sich bei Thönissen die Anschreiben von Kanzleien, die ihn einladen möchten, einen Teil seines im April 2013 beginnenden Referendariats bei ihnen zu verbringen. "Ich bin aber noch nicht fest entschlossen, was ich später machen möchte. Ich hoffe, mir darüber während des Referendariats und meiner Promotion klar zu werden." Ein unverbindlicher Tipp von unserer Seite: Bewerben Sie sich lieber nicht auf dieselbe Stelle wie Stefan Thönissen.Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.
2013 M03 26
Staatsexamen
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