Staatsprüfungen
VG Wiesbaden weist Prüfungsanfechtungsklage ab

0,05 Punkte am Prä­d­ikat vorbei

von Joschka Buchholz2025 M07 23, Lesedauer: 3 Minuten

Der Traum vom Prädikat trägt viele Juristen durch die lange Ausbildung. Besonders bitter ist es, wenn man dies am Ende nur haarscharf verpasst – auch das VG Wiesbaden konnte in einem solchen Fall nun keine Abhilfe schaffen.

Steht ein Examenskandidat zwischen zwei Noten, muss nicht zwingend die Bessere gegeben werden. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden in einem einigermaßen dramatischen Fall entschieden – der Klägerin fehlten im 2. Staatsexamen am Ende nur 0,05 Punkte zum Prädikat (Urt. v. 27.05.2025, Az. 7 K 298/25.WI).

Die ehemalige hessische Referendarin hatte durchweg zweistellige Stations- und AG-Noten. Die Examensklausuren verliefen gleichwohl weniger erfolgreich: Die zivilrechtlichen Klausuren wurden mit fünf bis acht Punkten bewertet und sowohl im Strafrecht als auch im Öffentlichen Recht war jeweils eine Klausur zwar knapp im zweistelligen Bereich, die andere aber jeweils "nur" bei fünf Punkten. Wiederum wurden alle vier mündlichen Prüfungsteile zweistellig bewertet.

Damit stand am Ende eine Gesamtnote von 8,95 Punkten und die Note “befriedigend”. Zum Prädikat, das zwar aufgrund des sich wandelnden Arbeitsmarktes an Bedeutung verliert, gleichwohl vielen Examenskandidaten und Arbeitgebern aber noch sehr wichtig ist, fehlten nur 0,05 Punkte. 

War die Prüfungskommission hier zu hart und hätte sprichwörtlich ein Auge zudrücken müssen? Die Möglichkeit hierzu sieht jedenfalls das hessische Prüfungsrecht in § 51 Abs. 3 S. 1 Juristenausbildungsgesetz (JAG) in Form der sog. Notenanhebung gesetzlich vor: um bis zu 1 Punkt kann die Note angehoben werden, "wenn dies aufgrund des Gesamteindrucks den Leistungsstand der Bewerberin oder des Bewerbers besser kennzeichnet und die Abweichung auf das Bestehen keinen Einfluss hat". Dabei sind auch die Leistungen im Referendariat zu berücksichtigen – diese waren bei der Klägerin deutlich im Prädikatsbereich.

Darauf wies sie auch in ihrem Widerspruch gegen die Benotung hin, dem die Prüfungskommission jedoch schon im sog. Überdenkungsverfahren keine Abhilfe schaffte. Es sei ja regelmäßig der Fall, dass die Stations- und AG-Noten deutlich über den Examensnoten lägen, hieß es unter anderem zur Begründung.

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Gericht nimmt nur Willkürkontrolle vor

Daraufhin klagte die Frau. Ausführlich begründete sie ihr Begehren. Doch die harte Entscheidung blieb vor Gericht bestehen.

Das VG Wiesbaden stellt zunächst fest, dass der Prüfungsumfang sehr eng ist und sich konkret nur darauf bezieht, "ob das Prüfungsorgan den Rahmen der Beurteilungsermächtigung überschritten oder diese sonst missbraucht hat". Insbesondere dürfe das Gericht nicht seinen eigenen Gesamteindruck vom Leistungsstand des Kandidaten zum Maßstab nehmen. Es verbleibt letztlich also eine Willkürkontrolle – dementsprechend gering sind die Erfolgsaussichten vor Gericht.

Zwar stellte die Kammer fest, dass die ursprüngliche Vergabe der Abschlussnote rechtswidrig war. Dies lag aber daran, dass das Zeugnis über die Wahlstation – welche mit "sehr gut" bewertet wurde – noch nicht vorlag und die Benotung daher auf einem unvollständigen Sachverhalt beruhte. Insoweit übt die Kammer vorsichtig grundlegende Kritik am Ablauf des Prüfungsverfahrens.

Dieser Fehler wurde jedoch im Überdenkungsverfahren geheilt, hier wurde das Zeugnis mit in die Bewertung einbezogen. Das Gericht befasst sich weiter ausführlich mit den einzelnen Erwägungen der Prüfungskommission und kommt zum Ergebnis, diese seien allesamt "vertretbar". Wiederum wäre es augenscheinlich gewiss nicht rechtswidrig gewesen, wenn die Prüfungskommission eine Notenanhebung vorgenommen hätte – dies und die damit verbundenen potenziell erheblichen beruflichen Vorteile waren der Kandidatin gleichwohl nicht vergönnt.

Grundlegend stellt das Gericht schließlich noch fest: Es sei nicht zwingend, "eine Diskrepanz zwischen schriftlicher und mündlicher Note zum Anlass zu nehmen, die Abschlussnote in Richtung des Notenschnitts des besseren Prüfungsteils zu korrigieren". Gleichfalls nicht zwingend sei es, "gerade bei Notenschwellen besonders großzügig zu sein; es erschiene vielmehr gleichheitswidrig, Notenanhebungen bei rechnerischen Gesamtnoten kurz vor solchen Schwellen häufiger vorzunehmen als bei anderen Notendurchschnitten, schließlich hat jeder Kandidat ein verständliches Interesse an einer möglichst hohen Examensnote".

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