Von der Uni ins eigene Unternehmen
Nach fünf Semestern war er mit seinem Jurastudium fertig. Scheinfrei, eigentlich bereit für das erste Examen. Doch das Landesjustizprüfungsamt verweigerte Frank Roebers die Teilnahme an den zentralen Prüfungen. Die Regelstudienzeit betrug sieben Semester, vorher durfte niemand zu den Abschlussklausuren antreten. Pech für den Bielefelder Studenten, Glück für zwei junge IT-Unternehmer: Die beiden Bekannten boten ihm an, das Franchisesystem ihres neu gegründeten PC-Vertriebs aufzubauen. Roebers sagte zu. Als er einige Semester später doch noch sein erstes Examen absolviert hatte, konnte er sich eine Rückkehr zur Rechtswissenschaft nicht mehr vorstellen. Heute ist Frank Roebers Vorstandsvorsitzender der SYNAXON AG. Aus dem kleinen Vertrieb ist ein Unternehmen mit rund 150 Mitarbeitern und Dependancen im In- und Ausland geworden. 1999 ging es an die Börse. Heute macht es gut 31 Millionen Euro Umsatz pro Jahr.
Vom angehenden Juristen zum Vorsitzenden einer börsennotierten IT-Verbundgruppe: Sich so völlig abseits des eigenen Fachs selbstständig zu betätigen, wie es Frank Roebers nach seinem Studium tat, ist unter Juristen nicht eben üblich. Mehr als die Hälfte aller Absolventen wählt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes immer noch die klassische Anwaltstätigkeit. Der öffentliche Dienst ist für gut ein weiteres Viertel interessant. Wer in die freie Wirtschaft geht, steigt häufig in Rechtsabteilungen von Unternehmen ein, wird Syndikus. Sich selbstständig zu machen, und das auf einem ganz anderen Fachgebiet: Das liegt vielen Juristen nach mindestens acht Semestern Studium, Referendariat und zwei Examina eher fern.
Nur selten aus der Not heraus "umgesattelt"
"Die Nachfrage nach Juristen für klassische juristische Berufe ist nach wie vor groß", so erklärt Paul Ebsen von der Bundesagentur für Arbeit die häufig konventionelle Berufswahl. Jene Juristen, die sich für die Unternehmensgründung entschieden, täten dies nur in den seltensten Fällen, um der eigenen Arbeitslosigkeit zu entkommen. Einige Beweggründe, die ihm bei der Beratung potentieller Gründer begegnet sind: "In manchen strukturschwachen Regionen Deutschlands gibt es für Juristen kaum Möglichkeiten, in ihrem erlernten Beruf tätig zu werden. Manche Juristen dürfen aus berufsethischen oder rechtlichen Gründen nicht mehr auf ihrem Gebiet tätig werden. Wieder andere wollen beruflich ihren bisher privaten Interessen und Neigungen nachgehen." Die motivierten auch Adrian Bechtold: Neben seinem Jurastudium arbeitete der Mannheimer lange Zeit als Journalist für Fernsehsender und Print- wie Onlinemedien – auch für die LTO. Und stellte dabei fest, wie tölpelhaft Krisen-PR von vielen der Unternehmen, über die er berichtete, betrieben wurde. Zusammen mit einem Kommilitonen gründete er 2010 die Sixmates GmbH. Für ihre Kunden, überwiegend Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche, analysieren die beiden jungen Gründer Firmenabläufe auf mögliche Krisenherde, schulen die zuständigen Mitarbeiter, geben Ratschläge, wie im Ernstfall zu handeln wäre. Seit kurzem haben sie sich ein zweites Standbein aufgebaut, die Organisation von Personalevents. Auch hier spielte persönliche Erfahrung eine Rolle: Zu viele schlecht geplante Recruitingevents und Jobmessen für Juristen hatten die beiden Unternehmer bereits besucht."Ich dachte nie: Wärst du mal lieber bei Jura geblieben."

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