Honorarprofessuren

So kommen Juristen zu der Ehre

von Susanne ZolkeLesedauer: 5 Minuten
Lehren ohne Gehalt, dafür mit Titel - Honorarprofessoren sind an Universitäten stark gefragt. Besonders seit der Umstrukturierung des Jura-Studiums greifen Hochschulen gerne auf "Praxiskräfte" zurück. Doch was muss man eigentlich tun, um sich so ganz ohne Habilitation Professor nennen zu dürfen?

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Wer den Titel Professor trägt, darf sich in Deutschland durchaus zu einem erlauchten Kreis zählen. Etwa 20.000 Professoren dozieren hauptamtlich an deutschen Universitäten. Allerdings: bis die Lehrenden ihren Namen um den begehrten Titel erweitern dürfen, haben sie einen langen Weg vor sich. Wer mit Ende 30 schließlich Examen, Promotion und Habilitation in der Tasche hat, ist noch längst nicht am Ziel - bevor nicht aus irgendeiner Ecke der Republik der  Ruf an einen freien Lehrstuhl erschallt, bleibt der Titel in unerreichbarer Ferne. Abkürzen kann den Weg, wer gar nicht hauptberuflich lehrt, sondern praktisch tätig ist, aber besondere wissenschaftliche und pädagogische Kenntnisse vor allem durch mehrjährige Lehraufträge nachweisen kann. Die Verleihung des Titels "Professor", der ohne Zusatz geführt wird, ist also durchaus eine Ehre. Ein Ehrentitel wie der nur noch in wenigen Bundesländern verliehene sogenannte Ehrenprofessor, welcher den Titel "Prof. h.c." führt, ist der Honorarprofessor aber nicht.* Auf diese Professur kann sich niemand bewerben, die Kandidaten müssen ebenfalls warten, bis die Hochschule auf sie zukommt. Ernannt werden die "Ehrenamtlichen" vom Dekan der jeweiligen Fakultät. Wer für eine Honorarprofessur in Frage kommt, entscheidet jede Hochschule selber, die Kriterien sind unterschiedlich - und in den Hochschulgesetzen festgeschrieben. Ohne vorangegangene, jahrelange Lehrtätigkeit und besondere wissenschaftliche Leistungen wird aber kaum jemand zum Honorarprofessor ernannt. "Honorar", sagt Professor Volker Römermann, "ist ja eines der irreführendsten Wörter überhaupt. Die Honorarprofessur hat, anders als der Titel vermuten lässt, mit Geld nichts zu tun." Der Fachanwalt für Arbeitsrecht wurde im Dezember 2012 an der juristischen Fakultät der Humboldt Universität in Berlin zum Honorarprofessor ernannt. Der 48-Jährige habe schon immer ein ausgeprägtes wissenschaftliches Interesse gehabt, als ihn nach sechs Jahren Lehrtätigkeit an der HU als Lehrbeauftragter schließlich die Anfrage zum Honorarprofessor ereilte, nahm er diese gern an.* Erstaunt war er über den ausgefeilten Gutachterprozess vor seiner Ernennung. "Die HU hat zwei externe Gutachten  anderer Universitäten eingeholt, die ich im Übrigen nicht kenne, dazu kam noch ein Gutachten von der Studentenschaft."

Es gibt schon mal verletzte Eitelkeiten

An der juristischen Fakultät der Humboldt-Universität hält Römermann pro Semester eine zweistündige Vorlesung in Vertragsmanagement (Sommersemester) bzw. Anwaltlichem Berufsrecht (Wintersemester). "Die Lehrtätigkeit an den Universitäten macht mir schlichtweg Spaß - und den Besucherzahlen nach zu urteilen, auch meinen Studenten", so Römermann. Da könne es auch bei den amtlichen Professoren auch schon mal zu verletzten Eitelkeiten kommen, wenn Lehrveranstaltungen der Honorarprofessoren regelmäßig besser besucht würden als die der Ordentlichen. Das habe er in Hannover erlebt, nicht aber an der Humboldt-Uni. "Ich schöpfe natürlich aus der Praxis, habe spannende Beispiele und versuche auch immer, etwas Entertainment mit einzubringen", so Römermann, der zudem im Vorstand der deutschen Rednervereinigung ist. Auch bei der Notengebung hat Römermann schon kritische Blicke seitens der Ordentlichen Professoren erlebt. Honorarprofessoren sind berechtigt, Prüfungen, sogar auch Promotionen abzunehmen. "Meine Noten reichen von Null bis 18 und diese Skala schöpfe ich auch voll aus, das macht kaum ein Ordentlicher Professor." Dass Rechtsanwälte hierzulande, anders als zum Beispiel in Spanien, nicht auch den ordentlichen Professorentitel erwerben können, ist für ihn unverständlich. "Beides zusammen geht hier nicht, in den 90er Jahren habe ich dagegen angeschrieben, um an dieser Praxis etwas zu ändern, leider ohne Erfolg" (MDR 1996, 433). An Honorarprofessoren, die ihr Praxiswissen in die Lesungen einbringen, besteht gerade an juristischen Fakultäten allerdings ein lebhaftes Interesse - aus guten Gründen, weiß Rechtsanwalt Professor Dr. Henning Recknagel. Er hielt schon seit Mitte der 80-er Jahre vor 30 Jahren als Lehrbeauftragter Vorlesungen zum  Energierecht - was damals eher ein Orchideenfach war. Schließlich wurde er Honorarprofessor an der juristischen Fakultät der Universität Hannover. "Die Fakultäten überlegen genau, welche Rechtsgebiete sie den Studierenden zur Abrundung des klassischen Fächerkanons anbieten wollen. Hierzu werden oft Lehrbeauftragte und Honorarprofessoren berufen, um ein breites Angebotsspektrum vorzuweisen." So seien sie nach außen gut aufgestellt und hätten Alleinstellungsmerkmale.

Großes Interesse seitens der Universitäten

Neben den 36 Ordentlichen Professoren beschäftigt die juristische Fakultät der Universität Köln 38 Honorarprofessoren. "Die Aufgliederung des juristischen Hauptstudiums in Schwerpunktbereiche hat den Bedarf an nebenamtlich Lehrenden deutlich anwachsen lassen", sagt Professor Manfred Baldus, der seit 1989 am Institut für Kirchenrecht und rheinische Kirchenrechtsgeschichte an der Universität Köln lehrt. "Die Verleihung des Professorentitels beruhte in meinem Fall allerdings nicht auf meiner praktischen Tätigkeit als Vorsitzender Richter am Kölner Landgericht, sondern auf einer wissenschaftlichen Nebentätigkeit in einem Grenzgebiet zwischen Rechtswissenschaft, Geschichte und Theologie, nämlich dem Kirchen- und Staatskirchenrecht", erklärt Professor Baldus. Seit dem Wintersemester 2004/2005 heißt das erste Staatsexamen "Erste Juristische Prüfung" und besteht aus einem staatlichen und einem universitären Teil. Der universitäre Teil - das Schwerpunktbereichsstudium - fließt zu 30 Prozent in die Gesamtnote ein. Je mehr Schwerpunktbereiche eine Universität anbieten kann, desto attraktiver ist sie für Studenten. Der Vorteil bei der Benennung von Honorarprofessoren liegt für die  Universitäten auf der Hand. Auch wenn die Dozenten nicht immer ganz umsonst arbeiten, erhalten sie, wenn überhaupt, nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung. "Je nach finanzieller Ausstattung des Lehrstuhls oder Instituts, dem der Honorarprofessor zugeordnet ist, kann die Fakultät einen besoldeten Lehrauftrag erteilen. Die manchmal auch aus Drittmitteln abgedeckten Honorarsätze liegen allerdings weit unter dem, was außerhalb der Universität für Vorträge, Beratungen und Gutachten üblich ist", erklärt Professor Baldus.

"Ich trage den Titel gern"

Die Ansprüche der Universitäten dagegen sind hoch. Im Hochschulgesetz der Universität Köln heißt es: "Die Bezeichnung 'Honorarprofessorin' oder 'Honorarprofessor' kann Personen verliehen werden, die auf einem an der Hochschule vertretenen Fachgebiet hervorragende Leistungen in der beruflichen Praxis bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder hervorragende Leistungen in Forschung, Kunst und Lehre erbringen, die den Anforderungen für hauptberufliche Professorinnen und Professoren entsprechen." Auch eine mindestens fünfjährige, selbstständige Lehrtätigkeit muss nachgewiesen werden können. Zudem weist die Universität darauf hin, dass die Vergabe des Titels weder ein Dienstverhältnis noch einen Anspruch auf Übertragung eines Amtes begründe,  Rücknahme oder Widerruf behält sich die Universität ebenfalls vor. Ein weiterer Unterschied zu den Ordentlichen Professoren: die Honorarkräfte sitzen nicht in den Gremien der Universitäten. "Durchaus nicht unerheblich" sei der zeitliche und intellektuelle Aufwand, den Professor Baldus für seine für seine Vorlesungen betreibt. "Ich ziehe aber für mich persönlich viele Vorteile aus meiner Lehrtätigkeit. Ich arbeite gern in dieser Disziplin, ich bin am Diskurs mit Profis und den Studenten interessiert, davon lebt die Universität schließlich. Außerdem ist mir die Erhaltung des Faches wichtig." Für seinen Beruf als Vorsitzender Richter am Landgericht Köln brachte die Professur hingegen keinerlei Vorteile, "der Titel hat mir dort weder genutzt noch geschadet." Dennoch, räumt Professor Baldus ein, der Titel lässt ihn nicht völlig kalt. "Ich trage den Titel gern und ich finde, wenn man sich so intensiv mit einem Fachgebiet beschäftigt und es lehrt, ist die Vergabe des Professorentitels auch angemessen." *Anm. d. Red.: An mehreren Stellen des Textes wurden einige Stunden nach der Veröffentlichung Änderungen vorgenommen. So war zunächst fälschlich behauptet worden, der Honorarprofessor entspreche dem Ehrenprofessor Prof. h.c. Aus diesem Fehler ergab sich ein wenig Änderungsbedarf. pl, 16-01-2014, 15:42 Uhr.

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