Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. Juli 2013: Adenauer für NSA - Lammert zu BVerfG-Gestaltungsehrgeiz - Todesstrafe in Bayern?

08.07.2013

Weitere Themen – Justiz

Blüms Richterschelte: Die harte Kritik des ehemalige Bundesarbeitsministers Norbert Blüm am deutschen Richterwesen aus Der Zeit findet sich nun auch bei zeit.de.

OVG Münster zu Daueroberservation: Wird ein entlassener Straftäter rechtmäßig dauerobserviert, ist auch die zwangsläufige Mit-Observation der Angehörigen, bei denen er lebt, von der polizeilichen Generalklausel gedeckt. So entschied laut spiegel.de das Oberverwaltungsgericht Münster im Falle eines Sexualstraftäters, der über zwei Jahre rund um die Uhr überwacht wurde.

LG Dortmund zu Zinswetten: Das Handelsblatt (Elisabeth Atzler) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Dortmund aus der vergangenen Woche zu umstrittenen Zinsgeschäften. Geklagt hatten die Stadt Kamen und die Gemeinde Unna gegen die Westdeutsche Landesbank. Das Gericht habe die Zinswetten als sittenwidrig eingestuft, Folge davon sei, dass die betroffenen Kommunen jeweils mehrere Millionen Euro nicht an den Nachfolger der WestLB, die "Erste Abwicklungsanstalt", zahlen müssten. Allerdings habe das Gericht auch das Verhalten der Kläger als sittenwidrig eingestuft und ihre Schadenersatzklage abgewiesen.

Kirch gegen Deutsche Bank: Im Streit der Kirch-Erben mit der Deutschen Bank hat das Oberlandesgericht München nun Lars Franken von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Independent Valuation & Consulting mit der Bestimmung der Schadenshöhe beauftragt. Wie die Samstags-FAZ (Joachim Jahn) berichtet, hat Franken bis mindestens Ende Juli 2014 Zeit für seine Berichterstellung, wieviel das Stammaktien-Paket der Kirch-Gruppe zum Zeitpunkt unmittelbar vor dem strittigen Interview Rolf Breuers zur Kreditwürdigkeit der Gruppe wert war. Gleichzeitig stehe noch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Nichtzulassungsbeschwerde der Deutschen Bank aus. Die Samstags-SZ (Klaus Ott) sieht "erstmals ein Ende in Sicht", erinnert aber auch an weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München gegen Breuer und andere ehemalige Bank-Vorstände wegen Prozessbetrugs.

Verbraucherzentrale gegen Telekom-Drosselung: Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen will gerichtlich gegen die Deutsche Telekom vorgehen, um ein Verbot der geplanten Tempo-Drosselung bei DSL-Flatrates zu erreichen, so der Focus. Zur Unterzeichnung einer entsprechenden Unterlassungserklärung sei der Konzern nicht bereit, hatte aber die ursprünglichen Pläne "abgemildert" und eine geringere Drosselung für Vielsurfer vorgesehen. Der Verbraucherzentrale genüge dies nicht, man wolle ein Grundsatzurteil erwirken.

Dazu auch spiegel.de.

Ermittlungen gegen Christian Köckert: Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat Anklage erhoben gegen den ehemaligen thüringischen Innenminister Christian Köckert (CDU) sowie, vermutet die Montags-FAZ (Bernd Freytag), gegen Matthias Willenbacher, Vorstandsmitglied der Juwi-Gruppe, einem Entwickler für Ökostromprojekte. Dabei gehe es um drei Fälle von Vorteilsannahme bzw. -gewährung. Köckert solle über Beraterverträge insgesamt 80.000 Euro erhalten haben und im Gegenzug die Interessen der Juwi-Gruppe "als ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt Eisenach und Mitglied der regionalen Planungsversammlung" vertreten haben.

Sal. Oppenheim–Keine Bewährungsstrafen?: Über ein "vorläufiges Gutachten" im Prozess um den "Crash" der Privatbank Sal. Oppenheim informiert knapp der Focus. Daraus gehe hervor, dass die zwei angeklagten Ex-Bankvorstände Matthias Graf von Krockow und Christopher von Oppenheim sowie der "Immobilienmogul" Josef Esch die Bank bei "fragwürdigen Immobiliengeschäften" um 40 Millionen Euro geschädigt hatten. Folgt das Gericht der Beurteilung, schieden Bewährungsstrafen wohl aus, der der Focus.

Laut einem Bericht der Montags-SZ (Uwe Ritzer) verklagt nun auch Thomas Middelhoff Sal. Oppenheim. Er fordere einen dreistelligen Millionenbetrag. Middelhoff und auch seine Ehefrau forderten die Freigabe von Festgeldern und die Rückabwicklung ihrer zahlreichen Beteiligungen an Fonds, die Sal. Oppenheim und Josef Esch "gemeinsam aufgelegt" hätten. Ihre Klage richte sich jedoch zunächst nur gegen die Bank, Vergleichsgespräche mit Esch liefen noch.

Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft im NSA-Skandal?: Zum Appell des SPD-Politikers Sigmar Gabriel, die Bundesanwaltschaft möge die Ermittlungen aufnehmen gegen ausländische Geheimdienste, die möglicherweise in Deutschland flächendeckend spionierten, erläutert Ursula Knapp (FR): Die Bundesanwaltschaft sei nur zuständig bei sogenannten Staatsschutzdelikten. Für das "unbefugte Abgreifen privater Verbindungsdaten" nach § 202a Strafgesetzbuch seien die Staatsanwaltschaften der Länder zuständig.

Mit dem Strafrechtsprofessor Christoph Safferling spricht lto.de (Claudia Kornmeier) über mögliche Ermittlungen der Bundesanwaltschaft und den Schutz privater Geheimhaltungsinteressen im Strafgesetzbuch. Weiter geht es um die Ermittlungsmöglichkeiten der Bundesanwaltschaft gegen Angehörige der Geheimdienste: Medienberichte seien kaum "forensisch verwertbar", so Safferling.

Beate Zschäpe: In der Wochenend-taz (Marlene Halser/Andreas Speit) findet sich ein Porträt Beate Zschäpes: "Die Versteinerte".

"Auslegungsmethodik und Ultra-Vires-Kontrolle" im europäischen Verbund: Zu den klassischen Auslegungskriterien nach Savigny möchte Hanno Kube (verfassungsblog.de) die Auslegungsregeln aus der Wiener Vertragsrechtskonvention für die Interpretation kompetenzverlagernder Normen hinzuziehen. Auch für das Prüfungsprogramm des Bundesverfassungsgerichts könne dies eine Bereicherung darstellen, den Gedanken "der Kooperation der Gerichte mit neuem Leben füllen" und gerichtliche Konflikte mildern.

Hans-Jürgen Papier: Zum 70. Geburtstag des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier gratuliert Wolfgang Janisch (Samstags-SZ): Der im Jahr 1998 auf Vorschlag der Union nach Karlsruhe gewählte Staatsrechtler hat sich in seiner Amtszeit "an die Spitze der (...) Bürgerrechtler aus dem Ersten Senat" gesetzt. Dem letzten vom ihm verkündeten Urteil – zur Vorratsdatenspeicherung - habe er noch eine "europaweite Wirkung" prognostizierte. Kommende Woche verhandelt der Europäische Gerichtshof über die entsprechende Richtlinie.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. Juli 2013: Adenauer für NSA - Lammert zu BVerfG-Gestaltungsehrgeiz - Todesstrafe in Bayern? . In: Legal Tribune Online, 08.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9092/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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