Die juristische Presseschau vom 29. September 2015: Ver­ur­tei­lung nach VStGB - Keine Ent­schä­d­i­gung für Love-Parade-Ein­satz - Ermitt­lungen gegen Win­ter­korn

29.09.2015

Justiz

EuGH – Facebook: Die US-amerikanische Vertretung bei der EU hat "in ungewöhnlich klarer Sprache" die Richter des Europäischen Gerichtshofs davor gewarnt, sich dem Schlussantrag des Generalanwalts in der Sache "Schrems vs. Facebook" anzuschließen. Die Vereinigten Staaten würden niemanden wahllos überwachen, gibt die FAZ (Hendrick Kafsack) die Erklärung wieder. Sollte das Gericht der Einschätzung des Generalanwalts zur mangelnden Safe-Harbor-Eigenschaft der USA folgen, könne sich fortan "kein Staat, kein Unternehmen und kein Bürger mehr auf Abkommen mit der Europäischen Kommission verlassen".

BVerfG – Transparenz: lto.de (Christian Rath) befragt Ferdinand Kichhof, den Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, zu Forderungen nach mehr Transparenz am Karlsruher Gericht und deren möglichen Umsetzungen.

BSG – Beitragsgerechtigkeit: Nun berichtet auch die FAZ (Dietrich Creutzburg) zu der beim Bundessozialgericht anhängig gemachten Klage einer Familie aus Freiburg, die wegen ihrer drei Kinder Beitragrabatte in der Sozialversicherung erstreiten will. Vor dem für Mittwoch erwarteten Urteil hätte eine der Zeitung vorliegende Analyse des früheren Vorsitzenden des Sozialbeirats beim Bundesarbeitsministeriums errechnet, dass die klageweise erstrebte Lösung vor allem Besserverdienenden zugute käme. Auch die Welt (Dorothea Siems) bringt einen ausführlichen Vorbericht.

OLG Frankfurt – Uber: Nach Bericht der FAZ (bee) geht das Transportunternehmen Uber gegen das vom Landgericht Frankfurt am Main verhängte Verbot der Vermittlung von Fahrten an Privatleute ohne Personenbeförderungsschein in Berufung. Eine Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main könnte im Juni 2016 stattfinden.

OLG Köln zum Schwarzfahren: Auch ein an der Kleidung festgemachter Zettel mit den Worten "Ich fahre schwarz" schützt nicht vor einer Verurteilung wegen Leistungserschleichung. Dies entschied nach Meldung von lawblog.de (Udo Vetter) das Oberlandesgericht Köln. Der betreffende Fahrgast hätte sein Vorhaben nach Ansicht des Gerichts vielmehr bereits beim Einsteigen einem Bahnmitarbeiter "offen und unmissverständlich" offenbaren müssen, statt – wie geschehen – eine Fahrkartenkontrolle abzuwarten.

LG Duisburg zu Love-Parade-Unglück: Vor dem Landgericht Duisburg ist ein Feuerwehrmann mit dem Versuch gescheitert, wegen einer beim Einsatz während des Love-Parade-Unglücks erlittenen posttraumatischen Belastungsstörung vom Land und dem Veranstalter eine Entschädigung zu erstreiten. Die "vermehrt seelischen Belastungen" seien dem Berufsrisiko des Klägers zuzuordnen, zitiert spiegel.de (Jörg Diehl) das Gericht.Weitere Zivilklagen seien anhängig, die 5. Große Strafkammer prüfe derweil immer noch die Eröffnung des Hauptverfahrens. focus.de (F. Lehmkuhl) gibt die Einschätzung eines Anwalts von Geschädigten des Unglücks wieder, nach der Zivilklagen vor einem möglichen Strafprozess keine Chance besäßen.

StA Braunschweig – VW: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat nach mehreren Strafanzeigen, eine von der Volkswagen AG stammend, Ermittlungen gegen den zurückgetretenen VW-Chef Martin Winterkorn aufgenommen. Gegenständlich sei der Vorwurf des Betrugs durch Verkauf von Autos mit manipulierten Abgaswerten, schreibt die FAZ (Henning Peitsmeier/Holger Appel). Der Bericht von zeit.de (Zacharias Zacharakis) legt dar, unter welchen Voraussetzungen von einer Strafbarkeit Winterkorns auszugehen wäre und welche Konsequenzen ihm möglicherweise drohen. Die SZ widmet der Abgas-Affäre ihr Thema des Tages. (Klaus Ott) befasst sich mit möglichen Auswirkungen der Affäre auf Boni-Ansprüche Winterkorns, (Friederike Krieger) schreibt, dass die Managerhaftpflichtversicherung eine Schadensregulierung bei Vorsatz der betroffenen Manager verweigern kann, (Hans Leyendecker) schließlich erinnert daran, dass sich die Braunschweiger Anklagebehörde als niedersächsische Zentralstelle für Wirtschaftsstrafverfahren in der juristischen Aufarbeitung der sogenannten Lustreisen-Affäre vor gut zehn Jahren nicht durch besonderen Ermittlungseifer hervorgetan habe.

Jakob Augstein (spiegel.de) behauptet in seinem Kommentar, dass Winterkorn vor der deutschen Justiz "keine große Angst" haben müsse. Denn sei unser Recht "im Kampf gegen die Kriminalität der Konzerne" zu schwach. Statt gutbezahlten Managern Verantwortung aufzubürden, sichere es eher deren Zugang zu Pensionen und Boni. Bei einem Unternehmensstrafrecht wie in den USA oder Großbritannien dagegen könnte sich ein Gericht "VW als Firma vorknöpfen".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. September 2015: Verurteilung nach VStGB - Keine Entschädigung für Love-Parade-Einsatz - Ermittlungen gegen Winterkorn . In: Legal Tribune Online, 29.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17035/ (abgerufen am: 09.05.2024 )

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