Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Oktober 2014: Dieter Nuhr angezeigt – Thomas Fischer widerlegt – Muhammet ohne Herz

27.10.2014

Justiz

BVerfG: Wolfgang Janisch (Samstags-SZ) nimmt die Rückkehr des Bundesverfassungsgerichts in sein Stammgebäude zum Anlass für einen Leitartikel über die derzeitige Rolle des Gerichts. "Andreas Voßkuhle, der Beinahe-Bundespräsident aus Karlsruhe, hat die informelle Gesprächsebene mit der Politik ausgebaut. Weniger wäre da mehr." Das jüngste Urteil zu den Rüstungsexporten hätte kaum regierungsfreundlicher ausfallen können. Politisch agiere das Gericht derzeit vor allem, wenn es sich mit europäischen Institutionen anlege. Dabei kämpfe es auch gegen den eigenen Bedeutungsverlust und mache so "Politik in eigener Sache".

Die Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) berichtet auch über eine Feier am BVerfG zum Ausscheiden von Richter Michael Gerhardt und zur Einführung seines Nachfolgers Ulrich Maidowski. Außerdem sei der jeweils achzigste Geburtstag der früheren BVerfG-Präsidenten Roman Herzog und Jutta Limbach begangen worden.

ICSID - Atomausstieg: Die Klage von Vattenfall vor dem Schiedsgericht ICSID in Washington hat die Bundesregierung bereits rund 3,2 Millionen Euro für Gerichtskosten, Rechtsanwälte, Gutachten und Übersetzungen gekostet. Zu erwarten seien Gesamtkosten in Höhe von 9 Millionen Euro. Hinzu kämen Personalkosten für die sechs zuständigen Mitarbeiter im Ministerium von jährlich 515.000 Euro. Es berichteten die Samstags-SZ (Markus Balser) und die Montags-FAZ (Henrike Roßbach).

BVerfG zu Raucherclubs: Ein gesetzliches Rauchverbot gilt auch für Raucherclubs. Die Vereinigungsfreiheit reiche nicht weiter als die Grundrechte von Individuen, entschied das Bundesverfassungsgericht und lehnte die Verfassungsbeschwerde einer als Verein organisierten Bar ab, berichtet sueddeutsche.de.

LG Gießen zu Spenderherz: Der zweijährige Muhammet Eren Dönmez hat kein Anrecht auf einen Platz auf der Warteliste für Organtransplantationen. Das Landgericht Gießen lehnte damit den Antrag auf eine einstweilige Anordnung ab. Die Ärzte hätten das Kind nicht wegen seiner Hirnschädigung, sondern wegen der damit verbundenen erhöhten Operationsrisiken von der Warteliste ausgeschlossen. Es liege also keine Diskriminierung vor. Anwalt Oliver Tolmein will Rechtsmittel bis hin zur Verfassungsbeschwerde einlegen, berichtet die Samstags-SZ (Christina Berndt).

LG Berlin zu Suhrkamp: Das Landgericht Berlin hat den Insolvenzplan für den Suhrkamp-Verlag gebilligt. Der Minderheitsgesellschafter Hans Barlach, der durch das Insolvenzverfahren geschwächt werden sollte, hatte dagegen erfolglos geklagt. Nach Darstellung des Gerichts sind keine regulären Rechtsmittel mehr möglich, berichtet der Samstags-Tagesspiegel (Peter von Becker).

StGH Bückeburg zu Regierungsakten: In der Affäre um einen zu großen Dienstwagen des Grünen-Politikers Udo Paschedag hat die niedersächsische Regierung einem Untersuchungsausschuss des Landtags rechtswidrig Akten verweigert. Dies entschied laut spiegel.de nun der niedersächsische Staatsgerichtshof.

EuGH zu Framing: Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs von voriger Woche zur Einbettung fremder Videos in eigene Internetseiten (Framing) analysiert internet-law.de (Thomas Stadler). Das Framing könne nicht mit dem Urheberrecht verhindert werden, unabhängig davon ob die Einbettung als solche erkennbar ist und auch unabhängig davon, ob das eingebettete Video rechtmäßig veröffentlicht wurde. Der Anwalt Andreas Biesterfeld-Kuhn erklärt auf lto.de die Entscheidung stelle "einen erheblichen Kontrollverlust" der Urheber bei der Verwertung ihrer Werke dar.

BAG zu gestaffelten Urlaubsansprüchen: Ebenfalls vorige Woche entschied das Bundesarbeitsgericht, dass ältere Arbeitnehmer als Ausgleich für körperlich ermüdende Arbeit zusätzlichen Urlaub bekommen können und dies keine unzulässige Altersdiskriminierung darstelle. Die FAS (Corinna Budras) erläutert, welche Altersdifferenzierungen es im Urlaubsrecht noch gibt und welche zulässig sind.

BGH zu Pflichtverteidigung in der Revision: strafrechtsblogger.de (Steffen Dietrich) weist auf eine Verfügung des Bundesgerichtshofs vom September hin. Danach verstoße es gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, wenn der Angeklagte in der Revisionsverhandlung vor dem BGH unverteidigt bleibt. Falls ein Wahlverteidiger nicht kommen will, könne er als Pflichtverteidiger bestellt werden.

LAG Nürnberg - eigenmächtiger Verkauf: Im Streit um eine ausrangierte Firmenküche, die zwei Mitarbeiter von Stabilo-Schwan verkauft hatten, um den Erlös einer sozialen Einrichtung zu spenden, hat nun ein Mitarbeiter durch einen vom Landesarbeitsgericht Nürnberg vermittelten Vergleich seinen Arbeitsplatz gerettet, berichtet spiegel.de (Eva-Maria Hommel). Der Stiftehersteller hatte beide Mitarbeiter wegen Eigenmächtigkeit fristlos entlassen.

BVerfG - Altersgrenze für Richter: Der Brandenburger Richter Wolfgang Christ versucht, mit einer Verfassungsbeschwerde seine Pensionierung mit 65 Jahren zu vermeiden. Er mächte bis zum 67. Lebensjahr weiterarbeiten, was nach dem Brandenburger Richtergesetz nicht möglich ist. welt.de schildert den Streit.

StA Frankfurt - Deutsche Bank: Der Spiegel (Dinah Deckstein/Martin Hesse) beschreibt anhand der 627-seitigen Prozessbetrugs-Anklage gegen mehrere Manager der Deutschen Bank, wie der Co-Bankchef Jürgen Fitschen zahlreiche Möglichkeiten verstreichen ließ, einzuräumen, dass die Bank im Rechtsstreit mit Leo Kirch Sachverhalte absichtlich falsch dargestellt hat. Erst als die zuständige Staatsanwältin drohte, den gesamten Vorstand anzuklagen, habe die Bank ihre Position geändert und einen Vergleich mit Kirchs Seite gesucht.

OLG München - NSU und Carsten Sz.: Im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München muss am 4. November der ehemalige V-Mann Carsten Sz. aussagen, was der Verfassungsschutz verhindern will. Sz. hat kurz nach dem Untertauchen des Trios Hinweise auf dessen Aufenthalt gegeben. Die Montags-taz (Heike Kleffner) schildert die Verwicklungen des V-Mannes "Piatto". Christian Rath (Montags-taz) kommentiert: Mit Blick auf das NSU-Desaster seien nicht die V-Leute im Umfeld des NSU das Problem gewesen, sondern die V-Mann-Führer und ihre Vorgesetzten, die die Hinweise zum Schutz der Quellen versickern ließen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. Oktober 2014: Dieter Nuhr angezeigt – Thomas Fischer widerlegt – Muhammet ohne Herz . In: Legal Tribune Online, 27.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13602/ (abgerufen am: 07.05.2024 )

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