Die juristische Presseschau vom 15. bis 17. Oktober: "Terror" im Ersten / Vor­erst keine Sam­mel­klagen / Peggy und der NSU

17.10.2016

Justiz

Suizid von Jaber Albakr: Nach der Selbsttötung des Terrorverdächtigen Jaber Albakr steht die sächsische Justiz massiv in der Kritik. Wie die Montags-FAZ meldet, hat der sächsische Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) am Wochenende erstmals Versäumnisse im sächsischen Justizvollzug eingeräumt. Der Leipziger Gefängnisdirektor Rolf Jacob weist hingegen im Interview mit Spiegel TV (Adrian-Basil Müller) alle Vorwürfe von sich. Auch Bundesjustizminister Heiko Maas wird kritisiert, weil die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe das Verfahren nicht früher übernommen habe, so bild.de.

Christian Bommarius (Samstags-BerlZ) sieht in den Geschehnissen ein "Total-Versagen der sächsischen Justiz" und sieht "unabweisbare Gründe für den Rücktritt des sächsischen Justizministers". Jost Müller-Neuhof (Sonntags-Tsp) weist auf die Schwierigkeiten hin, Suizide in Haft zu vermeiden, und bezeichnet die Debatte um Albakr, die um dessen Nutzen für die Ermittlungen kreist, als "entmenschlicht".

BVerfG zu G-10-Kommission: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die G-10-Kommission, die die Nachrichtendienste kontrollieren soll, nicht parteifähig im Organstreitverfahren ist. Sie sei weder oberstes Bundesorgan noch eine andere durch das Grundgesetz oder die Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattete Beteiligte. Die Kommission hatte auf Herausgabe der Sektorenliste geklagt, mit der der BND für die NSA Daten erhoben hat. Weitere Klagen von den Fraktionen der Grünen und der Linkspartei sind anhängig und sollen bald entschieden werden, wie swr.de (Gigi Deppe) und netzpolitik.org (Anna Biselli) berichten.

BAG zu Einsicht in Personalakte: Die Rechtsanwältin Anja Mengel weist in der Samstags-FAZ auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts hin, das entschieden hat, dass Arbeitnehmer sich bei der Einsicht in die Personalakte nicht anwaltlich vertreten lassen dürfen. Das im Betriebsverfassungsrecht geregelte Recht auf Akteneinsicht sei höchstpersönlich.

BGH zu HSH-Nordbank: Corinna Budras (FAS) befasst sich mit der strafrechtlichen Aufarbeitung der Finanzkrise. Der Bundesgerichtshof hatte am vergangenen Donnerstag den Freispruch für sechs ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH-Nordbank aufgehoben, denen vorgeworfen wird, sich mit hochriskanten Finanzgeschäften übernommen zu haben. Im Interview mit dem Spiegel (Gunther Latsch) bewertet der Rechtsanwalt Gerhard Strate das Urteil als Durchbruch. In dem neuen Verfahren werde es für die Verteidigung schwieriger, erneut einen Freispruch zu erreichen.

GStA Koblenz zu Böhmermann: Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hat die Beschwerde des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gegen die Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft Mainz gegenüber den Satriker Jan Böhmermann abgewiesen. Erdoğan kann jetzt einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Oberlandesgericht Koblenz stellen. Die Samstags-Welt und lto.de berichten.

StA Düsseldorf – Germanwings-Katastrophe: Anwälte von Opfern der Germanwings-Katastrophe haben 14 neue Beweisanträge bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gestellt. Sie fordern neue Ermittlungen wegen des Verdachts auf Nichtanzeige einer geplanten Straftat und fahrlässiger Tötung. Das berichtet der Spiegel (Gerald Traufetter).

StA Bayreuth/OLG München – Peggy und der NSU: Ermittler haben am Fundort der Leiche der 2001 verschollenen Peggy Knobloch DNA-Spuren von NSU-Mitglied Uwe Böhnhardt gefunden. Der Fund wirft die Frage auf, ob der NSU für weitere als die bisher bekannten Straftaten verantwortlich ist. Peggy Knobloch wurde 2001 im Alter von neun Jahren entführt. Zwei Jahre später wurde der geistig behinderte Ulvi K. wegen Mordes an dem Mädchen verurteilt. Das Urteil wurde jedoch 2014 aufgehoben, nachdem ein Belastungszeuge eingeräumt hatte, falsch ausgesagt zu haben. Jetzt laufen neue Ermittlungen. Auch andere ungeklärte Fälle von Kindesmissbrauch sollen neu untersucht werden. Die Samstags-SZ (Hans Holzhaider u.a.), die Samstags-FAZ (Helene Bubrowski) und die Montags-Welt (Stefan Aust/Dirk Laabs) berichten.

Heribert Prantl (Samstags-SZ) meint, dass der Fund einen Anfangsverdacht begründet, der die Pflicht für Staatsanwaltschaft und Polizei zu ermitteln auslöst. Dabei brauche es Besonnenheit und Sorgfalt.

Tom Sundermann (zeit.de) erläutert, welche Konsequenzen die neuen Informationen für den NSU-Prozess haben können. Auch spiegel.de (Christoph Seidler) nimmt den Fall zum Anlass, die Aussagekraft von Genanalysen zu beleuchten.

Steffen Ufer: Der Focus (Göran Schattauer) porträtiert den Münchner Strafverteidiger Steffen Ufer. Der Anwalt hat viele spektakuläre Verfahren, darunter der Prozess gegen den Entführer von Richard Oetker, geführt und Personen wie Ulrich Hoeneß und Konstantin Wecker verteidigt. focus.de hat einen Auszug aus Steffen Ufers neuem Buch "Nicht schuldig – Gerechtigkeit ist keine Verhandlungssache" veröffentlicht.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. bis 17. Oktober: "Terror" im Ersten / Vorerst keine Sammelklagen / Peggy und der NSU . In: Legal Tribune Online, 17.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20875/ (abgerufen am: 04.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen