Die juristische Presseschau vom 1. September 2016: Anspruch für Schein­väter / Kameras in Gerichten / NSU-Pro­zess geht weiter

01.09.2016

Recht in der Welt

Österreich – Wahl des Bundespräsidenten: In vier Wochen findet die Wiederholung der Stichwahl für das Amt des Bundespräsidenten in Österreich statt. Inzwischen gibt es deutliche Kritik an der Entscheidung des Verfassungsgerichts, das die erste Stichwahl für ungültig erklärt hatte. Die obersten Richter hätten "den Boden der Verfassung verlassen", zitiert die SZ (Cathrin Kahlweit) den österreichischen Verfassungsrechtler Heinz Mayer.

Juristische Ausbildung

Jurastudent Horst Mahler: Die Studienstiftung des deutschen Volkes hat die Akten ihrer ehemaligen Stipendiaten und späteren RAF-Terroristen Ulrike Meinhof, Horst Mahler und Gudrun Ensslin veröffentlicht. Mahler hat in den 1950er Jahren in Berlin Jura studiert. Die Zeit druckt Auszüge aus Semesterberichten und Gutachten, unter anderem von Juraprofessor Dietrich Oehler, ab.

Sonstiges

Steuern von Apple: Deutschland verlangt voraussichtlich keinen Steuernachschlag von Apple. Die Kommission hatte am Dienstag die Steuerabsprachen zwischen Irland und Apple für unzulässig erklärt und Steuernachzahlungen in Höhe von 13 Milliarden Euro gefordert. Gleichzeitig hatte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager den anderen Mitgliedstaaten nahegelegt, die dort angefallene Gewinne nachträglich zu versteuern. Deutschland plant jedoch nach einem Bericht der taz (Eric Bonse) nicht, tätig zu werden. Das Hbl (Till Hoppe/Thomas Jahn) lässt Rechtsexperten zu Wort kommen, die den von Irland und Apple angekündigten Klagen wenig Erfolgschancen einräumen. Die SZ (Bastian Brinkmann u.a.) beantwortet die wichtigsten Fragen zum Steuerstreit.

Umgang mit religiösen Symbolen: Anhand der anhaltenden Diskussionen um Kopftuch, Burka und Burkini, erläutert der Rechtsprofessor und Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD Hans Michael Heinig in der FAZ wie in verschiedenen Ländern unterschiedlich mit religiösen Symbolen umgegangen wird. Religionsfreiheit und Gleichbehandlung sei zwar in allen westlichen Staaten garantiert, diese Prinzipien würden jedoch kaum Orientierung leisten. So führe der strenge Laizismus in Frankreich zu vielen Kleidungsverboten, die auch von den Gerichten überwiegend gebilligt werden, während der zwanglose Umgang mit religiösen Bekundungen in England und Kanada "durch langgepflegte rechtspluralistischen Traditionen erleichtert" würde. Deutschland gehe einen Mittelweg, der Kleidungsvorschriften nur in bestimmten Fällen zulasse.

Hypothetische Entscheidungen: Der Richter am Oberlandesgericht Frankfurt Peter Bub befasst sich in der FAZ mit hypothetischen Kausalverläufen, die etwa bei der Beurteilung von Ansprüchen auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Aufklärung über Kapitalanlagerisiken oder medizinische Operationen eine Rolle spielen. Da die Aussagen des Betroffenen, wie er sich bei ordnungsgemäßer Aufklärung verhalten hätte, niedrigen Beweiswert haben, Zeugen fehlen und Sachverständigenrat auch nicht eingeholt werden kann, sei es erforderlich, dass Richter über ökonomisches und sonstiges "Weltwissen" verfügen, um hypothetische Entscheidungen beurteilen zu können.

Föderalismusreform: Zehn Jahre nach Inkrafttreten der Föderalismusreform fragt die FAZ (Alexander Haneke), was sie gebracht hat. Zitiert wird eine Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung, nach der der Anteil der zustimmungspflichtigen Gesetze von 55 auf 39 Prozent gesunken ist, was auf die Reform des Artikel 84 des Grundgesetzes zurückzuführen sei. Unklar sei noch die Auslegung des ebenfalls geänderten Artikel 104a, der die Länder vor finanziellen Verpflichtungen schützen soll.

Das Letzte zum Schluss

Einbrecher sucht Rat: Ein Einbrecher hat in Saarbrücken Rat gesucht – bei der Polizei. Er informierte sich beim einem Beratungsstand über ein ausgestelltes Sicherheitsfenster, als einer der anwesenden Polizisten ihn erkannte und festnahm. Der Einbrecher wurde mit Haftbefehl gesucht, weil er durch ein Toilettenfenster in ein Gebäude eingestiegen und 56,90 Euro geklaut haben soll. lawblog.de (Udo Vetter) berichtet.

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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/dw

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. September 2016: Anspruch für Scheinväter / Kameras in Gerichten / NSU-Prozess geht weiter . In: Legal Tribune Online, 01.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20444/ (abgerufen am: 18.05.2024 )

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