Die juristische Presseschau vom 19. November 2014: Prozess gegen Edathy – BAG zu Arbeitszeugnis – BSG zu künstlicher Befruchtung für Unverheiratete

19.11.2014

Justiz

BGH zu Verdachtsberichterstattung: Nach einer zulässigen Verdachtsberichterstattung muss das Presseorgan lediglich einen Nachtrag veröffentlichen, dass der Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde. Die betroffene Person kann keine Richtigstellung der ursprünglichen Berichterstattung verlangen, entschied der Bundesgerichtshof am Dienstag. lto.de (Anne-Christine Herr) bespricht das Urteil und erläutert die Entscheidung der Vorinstanz und die Grundsätze der Vorberichtserstattung.

BGH zu Fristverlängerungsantrag: Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom Oktober dieses Jahres muss ein erkrankter Prozessbevollmächtigter bei Fristausschöpfung bis zum letzten Tag nicht nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Arztes vorlegen, sondern auch glaubhaft machen, warum er deswegen gehindert war, einen Antrag auf Fristverlängerung zu stellen. Geklagt hatte eine Mandantin eines Anwalts auf Wiedereinsetzung in vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist. Ihr Anwalt hatte die Frist verstreichen lassen und lediglich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, um nachzuweisen, dass er den Antrag auf Fristverlängerung wegen der Erkrankung nicht stellen konnte. Dies allein reiche laut BGH nicht aus, meldet lto.de.

BAG zum Arbeitszeugnis: Das Bundesarbeitsgericht hat am gestrigen Dienstag entschieden, dass ein "befriedigend" im Arbeitszeugnis einer durchschnittlichen Beurteilung entspricht. Fordert ein Arbeitnehmer eine bessere Benotung, muss er im Zweifel die besonderen Leistungen nachweisen. Die Klägerin verlangte im beschiedenen Fall eine Änderung der Zufriedenheitsformel im Arbeitszeugnis, damit es einer "gut" entspricht. Sie berief sich auf eine Studie, wonach Arbeitszeugnisse in der Mehrzahl ein "sehr gut" oder "gut" enthalten, sodass die Bewertung "befriedigend" nicht mehr durchschnittlich sei. Dieser Argumentation schloss sich das BAG nicht an. Die FAZ (Sven Astheimer) und die SZ (Thomas Öchsner) berichten.

Rechtsanwalt Maximilian Baur erläutert auf blog.handelsblatt.com den Anspruch auf das Arbeitszeugnis sowie dessen gerichtliche Durchsetzung und befürwortet das Urteil. Auch Christian Bommarius (Berliner Zeitung) begrüßt in seinem Kommentar die Entscheidung.

BAG zur Frage nach Gewerkschaftszugehörigkeit: Die Abfrage der Gewerkschaftszugehörigkeit bei der Belegschaft ist während eines Arbeitskampfes unzulässig, entschied das Bundesarbeitsgericht am gestrigen Dienstag. Wie die SZ (Detlef Esslinger) darstellt, ging es um eine Klage der Gewerkschaft GDL gegen die Stadtwerke München. Diese forderte ihre Belegschaft zur Mitteilung darüber auf, ob sie Mitglied der GDL seien. Der Arbeitgeberverband, dem die Stadtwerke angehören, hatte einen Tarifvertrag mit Verdi abgeschlossen, während die Verhandlungen mit der GDL gescheitert waren. Die Stadtwerke wollten durch die Auskunft erfahren, wen sie nicht nach dem neuen Tarifvertrag bezahlen sollten. Die geforderte Auskunft sei aber unzulässig, weil sich die GDL im Arbeitskampf befunden habe, entschied das BAG. Die Abfrage verschaffe Kenntnis über den Umfang sowie die Verteilung der Mitglieder und diene so dazu, den Verhandlungsdruck zu unterlaufen.

BSG zu PID: Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts stellt Präimplantationsdiagnostik keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen dar. Ein Paar hatte im Rahmen einer künstlichen Befruchtung die PID durchführen lassen, um die von einem Gendefekt betroffenen Embryonen aussondern zu können. Die Kosten der Behandlung wollte das Paar von der Krankenkasse erstattet haben. Zu Unrecht, urteilte das BSG. Die PID diene nicht der Behandlung der Erbkrankheit des Ehemannes und sei damit keine Krankenbehandlung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Welt (Matthias Kamann) und die FAZ (Helene Bubrowski) berichten.

BSG zu künstlicher Befruchtung: Die Kosten der künstlichen Befruchtung dürfen nur für verheiratete Paare übernommen werden, urteilte das Bundessozialgerichts am gestrigen Dienstag. Die SZ (Christina Berndt) und die taz (Christian Rath) berichten ausführlich. Geklagt hatte eine Krankenkasse, die auch nichtehelichen Lebenspartnern die Erstattung von Behandlungskosten für die künstliche Befruchtung ermöglichen wollte. Dies wurde ihr vom Bundesversicherungsamt mit Verweis auf die Gesetzeslage untersagt. Das SGB V sieht die Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft lediglich für miteinander verheiratete Versicherte als Leistung der Krankenbehandlung vor. Das BSG bestätigte nun, dass die Krankenkasse die Leistung nicht freiwillig ausweiten dürfe. Die gesetzliche Wertung gehe davon aus, dass die Ehe den Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trage als eine nichteheliche Partnerschaft.
Simone Schmollack (taz) kommentiert, das Urteil sei nicht gerecht, verstaubt und gehe an der Realität vorbei.

BSG zur Gesundheitskarte: Die taz (Christian Rath) stellt ein Urteil des Bundessozialgerichts zur Gesundheitskarte dar, die das Gericht für verfassungskonform hält. Entgegen des Klägervorbringens urteilten die Richter, dass das Erfordernis eines Lichtbildes und der Speicherung von Stammdaten auf der Gesundheitskarte sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzen. Zusätzliche Daten werden derzeit nur freiwillig gespeichert, sodass auch hierin keine Grundrechtsverletzung zu sehen sei.

LG Köln zu Kohl: Der Tagesspiegel (Jost Müller-Neuhof) befasst sich mit der Urteilsbegründung des Landgerichts Köln, der die Verbreitung der Kohl-Memoiren untersagt hatte. Gerade die harte Wortwahl des Altkanzlers sehen die Richter als Grund dafür an, dass die Zitate nicht veröffentlicht werden dürfen.

BVerfG – Erbschaftsteuer: Das Bundesverfassungsgericht wird sein Urteil zu Erbschaftsteuervergünstigungen für das Vererben von Unternehmen am 17. Dezember verkünden, meldet die FAZ. Der Bundesfinanzhof hatte das BVerfG angerufen, weil es die Vergünstigungsregelungen für verfassungswidrig hielt.

OLG München – NSU: spiegel.de (Björn Hengst) berichtet vom gestrigen Verhandlungstag im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Neben der Vernehmung eines ehemaligen Kriminalkommissars wurde das Bekennervideo gezeigt, in dem die Mordopfer verhöhnt werden.

LG Köln – Middelhoff/Sal. Oppenheim: Thomas Middelhoff, der vergangene Woche wegen Untreue und Steuerhinderziehung zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, streitet seit dem gestrigen Dienstag vor dem Landgericht Köln gegen die Bank Sal. Oppenheim, die mittlerweile zur Deutschen Bank gehört. Der Ex-Arcandor-Chef und die Bank streiten um Fondsbeteiligungen, die Middelhoff über Kredite bei der Bank finanziert hatte. Die Bank fordert Rückzahlung der Darlehen und hat Middelhoffs Konten eingefroren. Middelhoff will nun vor dem LG Köln die Auszahlung der Beträge erstreiten, allerdings habe der Richter ihm geringe Aussichten für die Klage bescheinigt, berichten die FAZ (Joachim Jahn), die SZ (Kirsten Bialdiga) und spiegel.de (Julia Jüttner).

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. November 2014: Prozess gegen Edathy – BAG zu Arbeitszeugnis – BSG zu künstlicher Befruchtung für Unverheiratete . In: Legal Tribune Online, 19.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13851/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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